Überregional

Bundesmittel für den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur verfallen


IGEB Fernverkehr

1. Sep 2006

Auch 2005 hat die DB AG - ähnlich wie in den Jahren zuvor - die bereitgestellten Bundesmittel für den Infrastrukturausbau nicht komplett abgerufen. Ein wesentlicher Teil der nicht genutzten Mittel wurde daraufhin in die Verkehrsträger Straße und Wasserstraße umgeschichtet und dort eingesetzt. Unverständlich ist dies angesichts des unbefriedigenden Baufortschritts bei wichtigen Bahnprojekten u.a. von eupäischer Bedeutung - das Projekt Karlsruhe—Basel sei an dieser Stelle stellvertretend genannt.

Die verfügbaren Bundesmittel summieren sich somit auf 19 748 Millionen Euro; seitens der DB AG tatsächlich abgerufen wurden aber nur 18 484 Millionen Euro. Selbst im Jahr 2005 wurden - trotz wiederum vollzogener Kürzungen - die verfügbaren Investitionsmittel nicht in voller Höhe abgerufen. Insgesamt wurden 1264 Millionen Euro in den vergangenen fünf Jahren nicht in Anspruch genommen und sind damit verfallen! Bezüglich der Realisierung wichtiger Aus- und Neubaumaßnahmen im Bereich der Eisenbahninfrastruktur sind damit nicht hinnehmbare Verzögerungen entstanden.

Folgende investive Mittel standen den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) des Bundes, d. h. der DB Netz AG, der DB Station&Service AG und der DB Energie GmbH, in den letzten fünf Jahren zur Verfügung:

In den Jahren bis 2003 haben die von den EIU nicht abgerufenen Bundesmittel zumindest mittelbar zu einer Verringerung der Nettokreditaufnahme des Bundes geführt. Mit Gründung der Verkehrsinfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft mbH (VIFG) hat der Bund jedoch sein strategisches Konzept zur langfristigen Finanzierung der Bundesverkehrswege umgesetzt. Die VIFG soll die Gewähr dafür bieten, dass schwerpunktmäßig die Mauteinnahmen in vollem Umfang der Verkehrsinfrastruktur zugute kommen. Sie hat einen effizienten Einsatz dieser Mittel u.a. auf dem Wege verkehrsträgerübergreifender Mittelausgleiche zwischen Straße, Wasserstraße und Schiene sicherzustellen. Demzufolge sind die im Jahr 2004 von den EIU nicht abgerufenen Mittel in Höhe von 286 Millionen Euro unterjährig vollständig zur Straße und Wasserstraße umgeschichtet und dort auch verbaut worden! Von den im Jahr 2005 nicht verausgabten Mitteln in Höhe von 246 Millionen Euro sind unterjährig 168 Millionen Euro zur Straße umgeschichtet und dort eingesetzt worden.

Realisierung von Eisenbahn-Infrastrukturprojekten beschleunigen!

An dieser Stelle soll anhand von einigen Beispielen verdeutlicht werden, welche Maßnahmen aus d em Bundesverkehrswegeplan 2003 mit den verfallenen Investitionsmitteln hätten planerisch sehr viel weitgehender vorbereitet bzw. bereits wesentlich umfassender realisiert sein können.

Beschleunigte Umsetzung notwendig

Aus der Vorhabensliste der Mittelfristplanung 2004 bis 2008 vom 15. Juli 2004 (66 Schienenprojekte) wäre gerade die beschleunigte Umsetzung folgender Projekte notwendig:

Vordringlicher Bedarf, dennoch verschleppt

Im Bundesverkehrswegeplan 2003 sind weitere Maßnahmen (vordringlicher Bedarf/neue Vorhaben) enthalten, deren Verzögerung angesichts der oben beschriebenen Situation unverständlich bzw. bei denen ein Baubeginn derzeit offen ist:

Politischer Handlungsbedarf bei der Finanzierung der Eisenbahn-Infrastrukturprojekte

Bahnhof Flughafen Leipzig/Halle an der Aus- und Neubaustrecke Nürnberg—Erfurt—Leipzig/Halle—Berlin (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8). Im Abschnitt Nürnberg—Leipzig (VDE 8.1 und 8.2) wurde bislang lediglich dieser 23 km lange Neubauabschnitt zur Anbindung des Flughafens fertig gestellt. Dieser geringe Baufortschritt ist insbesondere vor dem Hintergrund nicht genutzter Gelderfür den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur unbegreiflich. Da diese Gelder für die Bahn aber verloren sind, sollte das Projekt nun wenigstens durch eine Modifikation der Planung zwischen Nürnberg und Erfurt beschleunigt werden. Foto: Christian Schultz, Juli 2006

Im Rahmen der Bahnreform ist die DB AG auch Eigentümer der Schieneninfrastruktur geworden. Der Bund hat sich damit jedoch nicht seiner Infrastrukturverantwortung entledigt. Vielmehr ist im Artikel 87e des Grundgesetzes verankert, dass der Bund für den Ausbau und den Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes die Verantwortung trägt. Diese Verantwortung des Bundes wird durch das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) konkretisiert. Nach diesem Gesetz finanziert der Bund sowohl Ersatzinvestitionen in das bestehende Netz als auch Neu-und Ausbaumaßnahmen des Bedarfsplans Schiene vollständig mit nicht rückzahlbaren Baukostenzuschüssen. Alle benannten Beispiele sind dabei Bestandteil des Bedarfsplans.

Der DB AG obliegen alle sich aus der Eigentümerfunktion ergebenden Rechte und Pflichten, insbesondere die Instandhaltung der Schieneninfrastruktur sowie die Bauherrenfunktion bei Investitionsmaßnahmen.

Der Bund ist somit angesichts seiner im Grundgesetz festgelegten Verantwortung in der Pflicht, für den sachgerechten und vollständigen Einsatz der eingeplanten Investitionsmittel Sorge zu tragen. Angesichts der zeitlichen Verzögerungen bei der Realisierung u. a. der benannten Eisenbahn-Infrastrukturprojekte ist daher auch ein Ersatz für die in den letzten Jahren verfallenen Bundesmittel erforderlich. Eine Umverteilung ausgerechnet zugunsten des Verkehrsträgers Straße widerspricht übergeordneten Verkehrs- und umweltpolitischen Zielen des Bundesverkehrswegeplans, wie z.B. der Verringerung der Inanspruchnahme von Natur, Landschaft und nicht erneuerbaren Ressourcen oder auch der Reduktion der Emissionen von Lärm, Schadstoffen und Klimagasen (hier vor allem Kohlendioxid).

IGEB Fernverkehr

aus SIGNAL 4/2006 (August/September 2006), Seite 11-12