Stadt ohne Barrieren

Farbige Linienanzeigen erleichtern Orientierung


Projektwerkstatt Stadt ohne Barrieren an der TU Berlin

23. Aug 2013

Im Rahmen der Projektwerkstatt „Stadt ohne Barrieren“ haben sich Studierende unterschiedlicher Studiengänge der TU Berlin sowie Interessierte gemeinsam mit Fachexperten und Betroffenen ein Semester lang mit der Forderung „Mobilität für Alle“ beschäftigt. Hierbei wurden unter anderem Aspekte der Orientierung, Zugänglichkeit und Erreichbarkeit in Bezug auf die persönliche Mobilität und den ÖPNV untersucht.

Als Ergebnis einer Exkursion zum Bahnhof Südkreuz konnte ein Plädoyer für die (Wieder-) Einführung von farbigen Zugzielanzeigern an S-Bahnen,

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vor allem aber an den Straßenbahnen sowie Bussen festgehalten werden.

In Karlsruhe wurden bisher Rollbänder mit farbigen Liniensignets verwendet. Bei Neubeschaffungen hat man selbstverständlich LED-Anzeiger gewählt, die ebenfalls farbige Liniensignets darstellen können. Foto: PW Stadt ohne Barrieren

In den letzten Wochen wurden im Berliner Stadtgebiet einzelne Linien der Straßenbahnen und Busse mit neuen, nun weißen LED-Zugzielanzeigern gesichtet. Sollte die BVG mit dem Gedanken spielen, die Zugzielanzeiger umzurüsten, so bestünde hier ganz aktuell die Chance, die Anzeiger so auszuwählen, dass die Liniennummern entsprechend der Farben des Liniennetzplans farbig dargestellt werden können, wodurch ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Barrierefreiheit im Berliner ÖPNV getätigt werden könnte. Beispielhaft ist hier die Stadt Bielefeld mit dem städtischen Verkehrsbetreiber moBiel zu nennen, die sowohl Stadtbahnen (GTZ8-B Vamos) als auch Busse mit farbigen digitalen Zielanzeigern ausstatten.

Durch die farbige Darstellung der Liniennummern wird ein zusätzliches Unterscheidungskriterium angeboten, dessen Vorteile sich nicht nur auf einzelne Zielgruppen beschränken, sondern die Orientierung für alle erleichtern und somit den allgemeinen Fahrgastkomfort verbessern.

Bei der Münchener S-Bahn gibt es auf den Bahnsteigen farbige Abfahrtmonitore, finanziell unterstützt vom Freisataat Bayern. Foto: PW Stadt ohne Barrieren

Anhand der farblichen Kennzeichnung kann schon vor dem Erkennen der Ziffer ausgemacht werden, um welche Linie es sich handelt, was besonders für seheingeschränkte Personen eine Erleichterung des Alltags bewirken kann. Im Alltag müssen sich seheingeschränkte Menschen oft auf die Ansage am S-Bahnsteig „Richtung … zurückbleiben bitte“ verlassen, bis sie die Orientierungsgewissheit haben und das Fahrzeug in letzter Sekunde betreten können. Das frühzeitige Erkennen der farbigen Anzeige ermöglicht somit eine zusätzliche Orientierung, die Sicherheit bietet. Die Beachtung einer kontrastreichen Darstellung im Sinne der Barrierefreiheit sollte selbstverständlich sein. Zusätzliche Einschränkungen für Menschen mit Farbfehlsichtigkeiten entstünden so nicht.

Auch aus einem engen Winkel heraus, aus dem die Liniennummer zum Teil kaum zu lesen ist, würde sich so die Erkennbarkeit der Zielanzeige deutlich verbessern. Es ist davon auszugehen, dass die Farbigkeit schneller erkannt werden kann, als die Ziffer.

Vor allem an Stationen, die von mehreren Linien bedient werden, kann die farbig dargestellte Liniennummer die Orientierung erleichtern. Man denke hier an die Straßenbahnhaltestelle am Alexanderplatz, an der sowohl die Linie M 4, als auch die Linie M 5 zur Endhaltestelle „Zingster Straße“ fahren und sich die Zielanzeige bisher nur durch eine Ziffer unterscheidet. Farblich würden sich der Rot- bzw. Braunton schnell und einfach auseinander halten lassen.

Anzuregen wäre auch die farbige Darstellung auf den DAISY-Anzeigen (Dynamisches Auskunfts- und Informationssystem) am Bahnsteig, wie es beispielsweise in München oder Nürnberg der Fall ist. In der Projektwerkstatt wurde diesbezüglich ein weiterer Vorschlag entwickelt, dessen Praktikabilität zu prüfen ist. So wäre es denkbar, Niederflurfahrzeuge auf der DAISY-Anzeige beispielsweise durch ein Rollstuhlsymbol anzukündigen, sodass mobilitätseingeschränkte Personen schon vor dem Eintreffen der Bahn verlässliche Informationen darüber erhalten können, ob diese für sie zugänglich sind oder nicht.

Die genannten Optimierungsvorschläge aus der Projektwerkstatt sollen als Anregung dienen, um künftig die Orientierung im Berliner ÖPNV für alle zu erleichtern und so gemeinsam einen weiteren Schritt in Richtung „Mobilität für Alle“ zu gehen.

Die Projektwerkstatt „Stadt ohne Barrieren“ wurde im Sommersemester 2013 von drei Studentinnen initiiert, um in einem selbstbestimmten Format interdisziplinär barrierefreies Planen und Bauen an der TU Berlin innerhalb der Lehre zu etablieren. Das Seminar verfolgt einen ganzheitlichen und praxisnahen Ansatz, die Teilnehmenden werden zum Neu- und Umdenken angestoßen und ermutigt, über das Bestehende hinaus weiter zu planen, zu gestalten und zu entwerfen. Im Wintersemester 2013/14 findet die Projektwerkstatt unter dem Motto „Stadt zum Begreifen“ statt.

Bei Fragen und Anregungen gerne Kontakt über: stadtohnebarrieren@gmail.com (Janin Dziamski, Sonja Kraus, Leonie Richter)

Projektwerkstatt Stadt ohne Barrieren an der TU Berlin

aus SIGNAL 4/2013 (September 2013), Seite 17