Eisenbahn Infrastruktur

EU-Verfahren zur DB: „Schluss mit ‘linke Tasche, rechte Tasche‘!“


Michael Cramer, MdEP, Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament

23. Aug 2013

Wer für eine S-Bahn oder einen Regionalexpress der Deutschen Bahn ein Ticket kauft, dürfte sich kaum träumen lassen, dass er damit über Umwege die weltweiten Aktivitäten des DB-Konzerns in der Luftfracht oder im Lkw-Verkehr mitfinanziert. Genau das scheint jedoch gang und gäbe zu sein. Denn die verschiedenen Tochterunternehmen sind über den DB-Mutterkonzern in vielfältiger Weise miteinander verbunden, unter anderem auch durch umfangreiche Finanzflüsse. Seit Jahren geht die Europäische Kommission dem Verdacht nach, dass über diese Kanäle Einnahmen aus der öffentlich finanzierten Infrastruktur und dem subventionierten Nah- und Regionalverkehr in andere Geschäftssparten umgeleitet werden.

Mit diesen Geldern soll die DB nicht nur auf weltweite Einkaufstour gegangen sein, sondern auch Mitbewerber bei Ausschreibungen ausgestochen haben. Um derartige

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Zweckentfremdungen zu verhindern, hat die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet (siehe vorstehende Pressemitteilung der Kommission).

Die DB streitet alle Vorwürfe vehement ab. Doch wenn der Konzern nichts zu verbergen hat, müsste er konsequenterweise seinen heftigen Widerstand gegen die Offenlegung und Kappung der Finanzströme im Rahmen des 4. EU-Eisenbahnpakets aufgeben.

Dank öffentlicher Gelder macht die Deutsche Bahn beim Regionalverkehr sowie bei der Infrastruktur (Strecken und Bahnhöfe) hohe Gewinne. Diese Gewinne, vermutet die EU, werden unzulässigerweise auf andere DB-Geschäftsbereiche übertragen. Dabei sehen die EU-Rechtsvorschriften ausdrücklich vor, dass Infrastrukturentgelte zur Finanzierung des Infrastrukturbetriebs verwendet werden müssen. Foto: Marc Heller

Der DB-Konzern funktioniert nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“. Öffentliche Gelder, die eigentlich für Ausbau und Erhalt der Eisenbahninfrastruktur vorgesehen sind, werden umgeleitet und zweckentfremdet. Sie fließen in den Aufkauf von ausländischen Konkurrenten oder werden in Lkw-Speditionen und Luftfracht gesteckt.

Damit muss Schluss sein! Denn die Steuerzahler und Fahrgäste wollen ein Unternehmen, das zuverlässigen, erschwinglichen und sicheren Bahnverkehr in der Fläche bietet. Das deutsche Schienennetz darbt – wie die meisten Fahrgäste aus leidvoller Erfahrung wissen –, während die Deutsche Bahn sich zu einem der weltweit dominanten Logistikanbieter entwickelt hat.

Die Europäische Kommission muss nach Jahren der Nachlässigkeit nun hart bleiben! Die DB dürfte nach eigenem Bekunden keine Probleme mit einer genauen Untersuchung ihrer Geldströme haben, denn Konzernchef Rüdiger Grube versicherte bei der Vorstellung des DB-Wettbewerbsberichts am 4. Juni 2013 in Brüssel, es werde kein Geld aus der Infrastruktur gezogen.

In den laufenden Arbeiten am 4. EU-Eisenbahnpaket werden die Grünen sich weiterhin dafür einsetzen, dass der Verschiebebahnhof für öffentliche Gelder innerhalb des DB-Konzerns endlich rechtssicher geschlossen wird (siehe auch SIGNAL 3/2011 ).

Michael Cramer, MdEP, Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament

aus SIGNAL 4/2013 (September 2013), Seite 30