Titelthema Sicherheit und Datenschutz
30. Okt 2013
„Kameras im Öffentlichen Verkehr – Chancen und Probleme” war das Thema einer interessanten Podiumsdiskussion, mit der der Berliner Fahrgastverband IGEB seine Veranstaltungen im Rahmen der diesjährigen Schienenverkehrs-Wochen am 30. August 2013 eröffnete. Der Einladung in den Bahnhof Lichtenberg waren Dirk Gerasch aus dem Stab des Polizeipräsidenten in Berlin, der Berliner Datenschutzbeauftragte Dr. Alexander Dix, Susanne Kufeld von der Konzernsicherheit der Deutschen Bahn und Ulf Strandt von der Bundespolizeidirektion Berlin gefolgt. Moderator des Abends war der stellvertretende IGEB-Vorsitzende Jens Wieseke.
Kameras sind im Öffentlichen Verkehr seit vielen Jahren im Einsatz, ursprünglich zur Fernabfertigung von Zügen und zur Überwachung anderer Verkehrsabläufe. Inzwischen sind 85 Prozent aller Busse und 50 Prozent aller Straßenbahnen der BVG videoüberwacht. Das heißt nicht,
dass ständig jemand die Fahrzeuge und Fahrgäste beobachtet, aber es wird ständig gefilmt, und diese Aufnahmen werden 48 Stunden speichert und von der BVG auf besondere Anforderung der Polizei zur Verfügung stellt. Auch viele Bahnhöfe der U-Bahn werden so überwacht.
Dauerhafte Kameras zur ständigen Überwachung dürfen jedoch nicht einfach im öffentlichen Raum angeordnet werden. Eine flächendeckende Überwachung, wie man es zum Beispiel in Großbritannien erlebt, ist in Deutschland undenkbar. Hier muss ein entsprechender Ort als potentiell gefährlich definiert werden. Dazu zählen bei der U-Bahn die Bahnhöfe Zoologischer Garten, Kottbusser Tor und Alexanderplatz, die die Berliner Polizei überwacht. Bei der Eisenbahn sind es bisher neun Bahnhöfe, drei weitere kommen neu dazu. Hier sind ständig drei Beamte der Bundespolizei an den Bildschirmen.
Überraschend bei der sachlichen Diskussion war sicher für einige Teilnehmer die Aussage des Berliner Datenschutzbeauftragten, dass es grundsätzlich keine Einwände aus Sicht des Datenschutzes gegen den Einsatz von Kameras zur Überwachung von potentiell gefährlichen öffentlichen Bereichen gebe. Allerdings betonte er, dass eine Kamera nicht schützen könne und die abschreckende Wirkung von Videoüberwachung nicht überschätzt werden dürfe. Der Einsatz von Kameras müsse Teil eines Gesamtkonzeptes mit Personaleinsatz sein.
Grundsätzlich ist die Videoaufzeichnung bei der BVG wesentlich umfangreicher. Bei der S-Bahn gibt es bisher keine Aufzeichnung in den Fahrzeugen, sie ist durch den Aufgabenträger bisher nicht bestellt. Seit kurzem werden bei der S-Bahn die Kameras zur Unterstützung der Abfertigung an den Bahnsteigkanten ebenfalls zur Aufzeichnung genutzt. Auch hier erfolgt eine eventuelle Auswertung ausschließlich auf Anforderung der Bundespolizei, die Aufzeichnungsdauer beträgt 72 Stunden.
Bei der Veranstaltung wurde klar, dass es bisher keine ständige und dauerhafte Überwachung der Fahrgäste gibt. Auswertungen erfolgen nur bei entsprechenden Verdachtsmomenten im Rahmen der Strafprozessordnung. Ein Abgleich von Gesichtsaufnahmen mit Fahndungskarteien erfolgt nicht, das müsste auch erst im Rahmen eines verfassungskonformen Gesetzes genehmigt werden. Allerdings sollte man als mündiger Bürger und Fahrgast immer wieder Fragen nach dem Sinn von Kameras stellen, da sie natürlich auch erhebliche Kosten verursachen. Denn glücklicherweise machen Straftaten im Öffentlichen Nahverkehr nur 3,4 Prozent aller Straftaten aus. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass in Berlin jährlich mehr als eine Milliarde Menschen befördert werden. (jw)
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 5/2013 (November 2013), Seite 6