Schienenverkehrswochen 2013
Fahrzeuge, Fahrpläne, Fahrkartenverkauf im Schwerpunkt
30. Okt 2013
Im Rahmen der Schienenverkehrs-Wochen 2013 fand am 9. September im Bahnhof Berlin-Lichtenberg der Sprechtag für die Fahrgäste des Regionalzugverkehrs statt. Auf Einladung des Berliner Fahrgastverbandes IGEB kamen Heiko Miels, Angebotsplaner beim VBB, Renado Kropp, DB Regio Nordost Angebotsplanung, Arnulf Schuchmann, Geschäftsführer der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft (ODEG), Detlef Bröcker, Geschäftsführer der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) und Heiko Puls, Bahnhofsmanagement Berlin bei DB Station&Service.
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2012 wurden die Produktbezeichnungen vereinheitlicht. Seitdem gibt es im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) unabhängig vom Betreiber der Linien nur noch die
Bezeichnungen Regionalexpress (RE) und Regionalbahn (RB). Einzige Ausnahme ist noch die Linie OE65 (Cottbus—Zittau), die größtenteils im sächsischen Verbund ZVON verkehrt.
Im Dezember 2012 trat die zweite Stufe der Ausschreibung Netz Stadtbahn mit großen Problemen bei ODEG und DB Regio in Kraft. Die für die nun von der ODEG bedienten Linien RE 2 und RE 4 vorgesehenen 16 Fahrzeuge des Typs KISS standen mangels fehlender Zulassung und Auslieferung nicht rechtzeitig zur Verfügung, so dass die Linien vorerst nur mit Ersatzzügen bedient werden konnten. Dabei wurde die Linie RE 2 zunächst weiter von DB Regio mit den gewohnten Doppelstockwagen vom Typ RE 160 betrieben. Die ODEG stellte lediglich die Zugbegleiter. Auf der Linie RE 4 fuhren anfangs deutsche und österreichische Reisezugwagen unterschiedlicher Anbieter, teilweise auch Dieseltriebwagen vom Typ GTW 2/6 (BR 646). Erst nach und nach trafen die KISS ein, wurden zugelassen und abgenommen, so dass zunächst der RE 4 und seit dem 26. Mai 2013 auch der RE 2 vollständig auf diese Fahrzeuge umgestellt werden konnten.
Aber auch DB Regio war von Zulassungsproblemen ihrer neuen Fahrzeuge vom Typ Talent 2 betroffen, so dass u. a. die Linie RE 7 ebenfalls zunächst nicht vollständig mit neuen Fahrzeugen betrieben werden konnte. Wie bei der ODEG sind auch bei DB Regio inzwischen alle für das Netz Stadtbahn vorgesehenen neuen Züge im Einsatz.
Neben dem Netz Stadtbahn wurde auch das Netz Prignitz im Dezember 2012 nach der Neuvergabe in Betrieb genommen. Hier übernahm die Eisenbahngesellschaft Potsdam (EGP) für zunächst zwei Jahre die Linien RB 73 und RB 74, allerdings mit einem stark eingeschränkten Fahrplan.
Zum kleinen Fahrplanwechsel im Juni trat die Ausschreibung Netz Elbe-Elster in Kraft, die DB Regio Nordost gewann. Auch dieses Netz soll mit Talent-Fahrzeugen betrieben werden und musste bis zum 1. Oktober 2013 teilweise mit Ersatzmaterial gefahren werden. Ebenfalls im Juni konnte die Streckensperrung entlang der Nordbahn zwischen Oranienburg und Neustrelitz nach mehrmonatigen Verzögerungen aufgehoben werden, so dass die Züge der Linie RE 5 wieder durchgehend fahren können. Allerdings ist der Streckenausbau noch nicht fertig, so dass die Linien RB 12 und RB 54 noch bis zum kommenden Fahrplanwechsel im Dezember 2013 mit Einschränkungen bzw. Umleitungen gefahren werden müssen.
Am 16. August wurde der neue Haltepunkt Blumberg-Rehhahn an der Linie RB 25 (Berlin-Lichtenberg—Werneuchen) in Betrieb genommen, der das dortige Gewerbegebiet erschließt (siehe Seite 25).
Der Fahrplan 2014 sieht weitgehend die Beibehaltung des derzeitigen Fahrplanangebots vor. Es werden vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der Pünktlichkeit im Raum Potsdam durchgeführt. Des Weiteren entfallen die Beeinträchtigungen entlang der Nordbahn Richtung Rostock. Die Linien RB 10 und RB 14 werden wieder im angenäherten Halbstundentakt verkehren.
Die Änderungen zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2013 im Detail:
Zwischen Jüterbog und Falkenberg/Elster wird die bereits lange geplante neue Zugangsstelle Zellendorf in Betrieb genommen. Richtung Rostock soll es mit der Erhöhung der Streckengeschwindigkeit auf 160 km/h zu kürzeren Fahrzeiten kommen.
In der Hauptverkehrszeit verkehren die Züge wieder über Spandau hinaus bis Gesundbrunnen.
Diese Linie, die alle Zwischenhalte entlang der Strecke bedient, wird in RB 11 umbenannt. Damit soll sie sich klarer vom tatsächlichen Express-Angebot des RE 1 abheben.
Diese Linie wird als S 4 in das neue S-Bahn-Netz Mitteldeutschland integriert.
Diese Linien nehmen wieder ihren durchgehenden Verkehr entlang der Nordbahn auf. Die RB 54 wird weiterhin nur in der Sommersaison betrieben, mit teilweiser Durchbindung nach Berlin.
Es soll eine Art Vorlaufbetrieb für den künftigen Flughafenexpress eingeführt werden. Diese als RB 19 bezeichnete Linie fährt von Berlin Gesundbrunnen durch den Nord-Süd-Tunnel mit Halt in Hauptbahnhof, Potsdamer Platz und Südkreuz zum Flughafen Schönefeld, wird dort mit dem Südast der heutigen RB 14 verknüpft und weiter nach Senftenberg geführt. Als RB 14 wird dann nur noch der heutige Nordast zwischen Nauen und Schönefeld bezeichnet.
Auf diesen Linien tritt ein neues Fahrplankonzept in Kraft, welches zu einer neuen Fahrplanlage der RB 22 zwischen Golm und Schönefeld führt. Diese Linien verkehren künftig von Berlin bzw. Potsdam kommend gekoppelt bis Golm und werden dort geflügelt. Der vordere Teil fährt als RB 21 weiter nach Wustermark, der hintere Teil als RB 22 weiter zum Flughafen Schönefeld und wird neu bis Königs Wusterhausen verlängert. Zusätzlich gibt es Verstärker zwischen Berlin bzw. Potsdam und Golm. Damit können die umständlichen Rangierfahrten in Golm entfallen, die derzeit durch das Stärken bzw. Schwächen der Züge notwendig sind und den Fahrplan der Linien beeinträchtigen.
Die seit Dezember 2012 abbestellten Fahrten am Wochenende Lichtenberg—Königs Wusterhausen sind wieder bestellt.
Durch die Angebotsausweitungen bei RE 6, RB 19, RB 22 und RB 36 steigt die Fahrleistung von 37,281 Mio Zugkilometer auf 38,351 Mio Zugkilometer im VBB-Gebiet.
Die NEB hat die Ausschreibung des Netzes Ostbrandenburg gewonnen und betreibt ab Dezember 2014 (Los 1) die Linien RB 35, RB 36, RB 60 (nur noch Eberswalde—Frankfurt/Oder), RB 61 (neu: Prenzlau—Angermünde—Schwedt) und RB 63 und ab Dezember 2015 (Los 2) die Linien RB 12, RB 25, RB 26 und RB 54. Gefahren wird mit einem Mix aus insgesamt 33 Neu- und Bestandsfahrzeugen. Dabei sollen neben den Fahrzeugen vom Typ RegioShuttle (RS 1) und Talent auch Fahrzeuge des Typs Pesa Link zum Einsatz kommen, die auch in Polen eine Zulassung erhalten sollen, um auf der RB 26 in Kooperation mit einem polnischen Bahnbetreiber durchgehende Züge Berlin—Kostrzyn—Gorzów Wlkp. anbieten zu können.
Die neuen elektrischen Talent 2-Fahrzeuge werden von den Fahrgästen inzwischen überwiegend positiv bewertet. Die Fahrzeuge sind stabil, die Fahrdynamik ist ebenfalls positiv. Als problematisch wird die lange Türöffnungs- und -schließzeit aufgrund der automatisch ein- und ausfahrenden Schiebetritte gesehen, weshalb zum Fahrplanwechsel 2014 einige Aufenthaltszeiten verlängert werden, um einen pünktlicheren Fahrplan zu erhalten. Eine fahrzeugseitige Lösung für das Problem gibt es allerdings nicht. In den Fahrzeugen sind kleinere Umbauten geplant. Dabei sollen mehr Halteschlaufen und Snack- und Getränkeautomaten eingebaut werden.
Die neuen KISS-Fahrzeuge weisen zahlreiche Kinderkrankheiten auf, die nach und nach abgearbeitet werden. Dazu zählen Probleme mit der Klimaanlage, den elektrischen Schiebetritten an den Türen und verstopfte Toiletten.
Seit dem 9. Dezember 2012 gibt es angepasste Beförderungsbedingungen, nach denen der Fahrgast innerhalb des VBB nur noch mit einem gültigen Fahrschein die Züge des Regionalverkehrs betreten darf. Tut er dies nicht und wird vom Zugbegleiter angetroffen, gilt er als „Schwarzfahrer“ und das Erhöhte Beförderungsentgelt (EBE) ist fällig. Beim Zugbegleiter können keine Fahrkarten, auch nicht mit Bordpreiszuschlag, mehr erworben werden, es sei denn, am Zustiegsbahnhof besteht keine Möglichkeit zum Erwerb eines Fahrscheins. In diesem Fall haben sich die Fahrgäste umgehend beim Zugpersonal zu melden und erhalten einen Fahrschein ohne Aufpreis vom Zugpersonal.
Auf diesen neuen Umstand hatten der VBB und die Betreiber in den Medien und mit Kampagnen hingewiesen. Nach anfänglichen Kulanzregelungen sind die Zugbegleiter inzwischen angehalten, die Beförderungsbedingungen durchzusetzen. Dabei zeigt sich, dass es auch heute noch großen Aufklärungsbedarf gibt. Ein Grund ist, dass die Bedingungen nicht eindeutig genug formuliert sind, so dass Diskussionen darüber auftreten. So ist vor allem die Bedeutung von „umgehend“ unklar – und dies nicht nur den Fahrgästen. Soll sich der Fahrgast etwa nach dem Einstieg in den Zug sofort auf die Suche nach dem Zugbegleiter machen und dabei womöglich mit Gepäck den ganzen Zug durchqueren? Das kann, so sieht es auch DB Regio, nicht die Lösung sein. Daher fordert sie ebenso wie die ODEG und die Fahrgäste eine Nachbesserung der Bedingungen. Bisher ist allerdings keine Einigung mit dem VBB zustande gekommen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es in den Verbünden rings um den VBB teilweise unterschiedliche Regelungen bezüglich des Fahrscheinverkaufs in den Zügen gibt (siehe auch folgenden Beitrag).
Jens Fleischmann
aus SIGNAL 5/2013 (November 2013), Seite 14-16