söp
16. Dez 2013
Der Beschwerdeführer wollte am 12. Juli 2013 von Gießen nach Brackwede fahren. Die Strecke von Gießen nach Siegen und von Siegen nach Brackwede wurde von verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) bedient.
Für die Fahrt von Gießen nach Siegen kaufte sich der Beschwerdeführer eine Fahrkarte am Automaten zu einem Preis von 14,50 Euro. Noch vor dem Kauf der Fahrkarte habe er sich im Internet über mögliche Verspätungen informiert. Verspätungen oder Ausfälle seien nicht angezeigt worden. Auch auf dem Bahnhof in Gießen sei weder in der Haupthalle noch auf dem entsprechenden Gleis durch Aushänge oder Anzeigen auf Zugausfälle etc. hingewiesen worden.
Beim Gang auf den Bahnsteig erhielt der Beschwerdeführer dann die Information, dass sein Zug wegen Gleisbauarbeiten ausfallen werde. Servicemitarbeiter vor Ort hätten ihm nicht weiterhelfen können, das EVU war telefonisch nicht mehr erreichbar. Auch ein Blick auf die Homepage des EVU half dem Beschwerdeführer nicht weiter. Zwar seien dort Zugnummern von Zügen aufgeführt gewesen,
die ausfallen würden. Allerdings sei ihm eine Zuordnung zu Tagen und Uhrzeiten nicht möglich gewesen, da die Zugnummern nicht mit den Nummern in den Abfahrplänen in der Bahnhofshalle Gießen übereingestimmt hätten.
Der Beschwerdeführer musste jedoch dringend nach Brackwede, so dass er eine zusätzliche Fahrkarte für die Fahrt mit einem anderen EVU zu einem Preis von 30,50 Euro erwerben musste.
Der Beschwerdeführer reichte nach der Fahrt beim EVU einen Antrag auf Erstattung der zusätzlichen Ticketkosten ein mit der Begründung, dass über die Zugausfälle nicht rechtzeitig informiert worden sei. Insbesondere habe die Baustelle zum Reisezeitpunkt bereits seit einigen Tagen bestanden, und die Bauarbeiten seien schon mindestens einen Monat zuvor bekannt gewesen.
Das EVU lehnte eine Erstattung der Ticketkosten ab und begründete dies damit, dass im Zeitraum vom 15. Juli 2013 bis 18. August 2013 zwischen den Bahnhöfen Sinn und Ehringshausen wegen Gleisbauarbeiten der Fahrplan habe geändert werden müssen .
Ein gegen die Ablehnung gerichteter Widerspruch blieb erfolglos, so dass der Beschwerdeführer an die söp mit der Bitte um Prüfung seines Anliegens herantrat.
Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers und kam zu dem Ergebnis, dass eine Informationspflichtverletzung vorliegen könnte, da nicht rechtzeitig über die Fahrplanänderungen aufgrund der Gleisbauarbeiten informiert worden ist. Das EVU hatte dem Beschwerdeführer hierzu lediglich mitgeteilt, dass beginnend am 15. Juli 2013 Gleisbauarbeiten vorgenommen wurden. Die Fahrt des Beschwerdeführers fand aber bereits am 12. Juli 2013 statt.
Darüber hinaus schilderte der Beschwerdeführer glaubhaft und detailliert, dass er sich vor Fahrtantritt über etwaige Fahrplanänderungen sowohl im Internet als auch vor Ort auf dem Bahnhof informiert hatte, aber keine Hinweise zu Zugausfällen am 12. Juli 2013 bekam bzw. fi nden konnte. Die söp ging daher davon aus, dass es aufgrund von Umständen, die in den Verantwortungsbereich des EVU fallen dürften, unterblieben ist, rechtzeitig vor Ort den Beschwerdeführer und andere Reisende entsprechend zu informieren. Bei rechtzeitiger Information hätte der Beschwerdeführer eine alternative Verbindung über Kassel wählen können und so die Mehrkosten in Höhe von 30,50 Euro vermeiden können. Ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 241 Abs. 2 BGB war daher nicht ausgeschlossen, so dass die söp eine Zahlung in Höhe von 15 Euro vorschlug.
Das EVU zeigte sich mit einer Zahlung von 15 Euro einverstanden, wies aber darauf hin, dass die Baustelle ab dem 08. Juli 2013 geplant worden sei und dadurch Züge gestrichen werden mussten. In einer Krisensitzung sei dann der Termin auf den 15. Juli 2013 verschoben worden, wobei die Züge jedoch weiterhin gestrichen blieben. Baustellenfahrpläne im Internet als auch an den Bahnhöfen hätten darüber informiert.
Der Beschwerdeführer war mit dem Ergebnis ebenfalls einverstanden und nahm die Erstattung in Höhe von 15 Euro dankend entgegen. (Dr. Katja Schmidt)
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können von Verkehrsunternehmen wie von deren Kunden noch so gut geplant und organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den öff entlichen Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls einen Einblick in die praktische Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt können sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen der Region keine sie zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V. Fasanenstraße 81, 10623 Berlin E-Mail: kontakt@soep-online.de Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
aus SIGNAL 6/2013 (Dezember 2013/Januar 2014), Seite 29