Nahverkehr
1. Jan 1996
Berlin. 6. Dezember 1995. Meldungen, nach denen unter bestimmten Umständen die Mitnahme eines Fahrrades in der Straßenbahn erlaubt sei, treffen nicht zu. In der Straßenbahn steht, anders als in der U-Bahn, nur ein sehr begrenztes Platzangebot für Fahrräder zur Verfügung. Die Grundvoraussetzung für eine Mitnahme von Fahrrädern muß sein, daß andere Fahrgäste, insbesondere Fahrgäste mit Kinderwagen. Blinde und Behinderte nicht benachteiligt werden dürfen. Dieser Anspruch sowie die verhältnismäßig starke Auslastung der Straßenbahnzüge an Werktagen wie Wochenenden stehen einer Freigabe des Fahrradtransportes in der Straßenbahn entgegen. Dies hat auch der Verkehrsausschuß des Abgeordnetenhauses so gesehen, der einen entsprechenden Antrag zur "Beförderung von Fahrrädern in Straßenbahnwagen" abgelehnt hat. Der Sachverhalt wurde dem ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub) im August noch einmal schriftlich bestätigt. Etwaige Meldungen über eine Liberalisierung der bestehenden Praxis entbehren somit jeder Grundlage.
[IGEB] Mit der grundsätzlichen Ablehnung einer Fahrradmitnahme in der Straßenbahn nimmt die BVG unter den deutschen Verkehrsbetrieben inzwischen eine fast einsame Außenseiterposition ein. Viele andere Verkehrsbetriebe haben längst erkannt, daß die Kombination ÖPNV + Fahrrad eine ernste Alternative zur Pkw-Benutzung sein kann. Klar ist dabei auch, daß die Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmittein nicht unproblematisch ist. Das Fehlverhalten einzelner rücksichtsloser Fahrradbenutzer, die sich auch noch in den vollsten Zug drängeln, darf jedoch nicht dazu führen, daß alle umweltbewußten Verkehrsteilnehmer dafür bestraft werden.
Zu dem auch von der BVG angestrebten Ziel, das Verkehrssystem Straßenbahn als Alternative zum nicht mehr finanzierbaren U-Bahn-Ausbau weiter aufzuwerten, muß auch die Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern gehören. Die überwiegend eingesetzten Tatra-Züge bieten hierfür grundsätzlich ausreichend Platz.
Es ist daher überhaupt nicht einzusehen, daß die Fahrräder nicht wenigstens in den Abendstunden und am Wochenende auch in der Straßenbahn befördert werden dürfen. Zu diesen Zeiten, zu denen übrigens fast alle BVG-Straßenbahnlinien mit kürzeren Zügen bedient werden, kann keinesfalls von einer"verhältnismäßig starken Auslastung der Straßenbahnzüge "gesprochen werden.
BVG
aus SIGNAL 1/1996 (Februar 1996), Seite 20-21