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Potsdam-Center
Kritik an den Planungen für den Potsdamer Hauptbahnhof

Die Landeshauptstadt Potsdam besitzt mit dem am 17.12.1995 erreichten Abschluß der Bauarbeiten an der Magdeburger Bahn wieder einen Zugang zum hochwertigen Reiseverkehr. Doch der Bahnhof Potsdam Stadt, der Hauptbahnhof Potsdams, vermittelt eher den Eindruck einer Vorortstation, insbesondere wegen seines Umfeldes aus überwiegend unbebauten Flächen und künftig nicht mehr genutzten Gleisanlagen. Diese Flächen bieten nun die Möglichkeit, ein wichtiges Stadtareal neu zu gestalten. Die Stadtverwaltung Potsdams stellte im Sommer 1995 einen Bebauungsplanentwurf für die zukünftige Nutzung des Geländes vor. Diese Planung für ein sogenanntes Potsdam-Center wurde von Anfang an durch Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung und eine interessierte Öffentlichkeit, nicht zuletzt engagierte Architekten und die Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz und Stadtgestaltung e.V. (ARGUS), kreativ-kritisch begleitet und ist bis heute sowohl städtebaulich als auch verkehrlich umstritten.


Deutscher Bahnkunden-Verband Pro Bahn
Regionalverband Potsdam-Mittelmark

1. Apr 1996

Während der Bürgerbeteiligung zum Bebauungsplan und anläßlich dazu anberaumter Termine wurde die Gelegenheit genutzt, die Kritik an der Planung vorzutragen und zu begründen - aber ohne Erfolg. Der sich seitens der Stadtverwaltung abzeichnende Unwille, den Kern des Planentwurfes betreffende Einwände zu berücksichtigen, bewog Vertreter von ARGUS und vom Bahnkundenverband Pro Bahn, gemeinsam mit dem Potsdamer Architekten Günther Vandenhertz einen Alternativentwurf vorzulegen (s. Abbildungen auf Seite 5), damit der Kern der vorgetragenen Kritik in einer für die interessierte Öffentlichkeit nachvollziehbaren Darstellung ersichtlich wird.

Die wichtigsten Kritikpunkte am Planentwurf der Stadtverwaltung sind:

Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus dem preisgekrönten Entwurf des Büros v. Gerkan, Marg und Partner (GMP), die Ende 1995 den städtebaulichen Ideenwettbewerb für den Bahnhof Potsdam Stadt gewannen. Das in Hamburg ansässige Büro ist auch in Berlin gut bekannt. So entwarfen GMP den Flughafen Tegel und den geplanten Lehrter Zentralbahnhof (vgl. SIGNAL 3/93). Repro: Potsdamer Neueste Nachrichten, 7.12.1995

Der vorgelegte Altemativentwurf ist im positiven Sinne trivial, indem er die Angebote des zu gestaltenden Raumes aufnimmt und konsequent funktional umsetzt:

Die beiden Abbildungen zeigen den Alternativentwurf des Potsdamer Architekten Günther Vandenhertz, erarbeitet auf Initiative von ARGUS und vom Deutschen Bahnkundenverband Pro Bahn. Aus Fahrgastsicht besonders wichtig ist die Führung der Straßenbahn zum Bahnhofshaupteingang auf der Nordseite.

Der Entwurf der Stadtverwaltung erweckt im Gegensatz dazu den Eindruck, daß so schnell wie möglich und, was die Flächennutzung betrifft, so intensiv und gewinnversprechend wie möglich Bauvolumen realisiert werden soll. Die Bereitschaft der Investoren, sowohl die Erarbeitung des hoheitlichen Bebaungsplanes als auch darauf aufbauende Infrastruktur u.a. in Form von Straßenerschließung zu finanzieren, setzt eine finanzschwache Kommune, die zudem Eigentümerin eines Teiles der zu bebauenden Flächen ist, zweifelsfrei Zwängen aus. Nicht zuletzt werden verkehrliche Interessen auch dadurch berührt, daß die Deutsche Bahn AG einerseits durchaus für eine optimale ÖPNV-Anbindung eintritt, andererseits der Bebauungsplan aber auch die Verwertung aufgelassener Bahnanlagen wesentlich beeinflußt.

Bei der Abwägung von Interessen darf aber keinesfalls Potsdams Zukunft aus dem Auge verloren werden. Die Gestaltung des bahnhofsnahen Stadtraumes und die stadträumliche ebenso wie die verkehrliche Anbindung des Bahnhofes an die übrige Stadt sind Daseinsfragen für die Landeshauptstadt und mitentscheidend für ihre künftige Rolle in Nachbarschaft zur Metropole Berlin.

Deutscher Bahnkunden-Verband Pro Bahn
Regionalverband Potsdam-Mittelmark

aus SIGNAL 2/1996 (April 1996), Seite 4-6