Nahverkehr
Ein Gespräch mit Wolfgang Schwenk, Marketing-Leiter der BVG, zur Werbeoffensive seines Verkehrsbetriebes
1. Apr 1996
"Sie können fahren, mit wem Sie wollen. BVG.", war im letzten Jahr in den Zeitungen und auf großflächigen Werbetafeln zu lesen. Auch im SIGNAL (Heft 5/95 ) war dieses besonders gelungene Beispiel von BVG-Eigenwerbung abgebildet. Diese war Teil einer Werbekampagne, mit der der Verkehrsbetrieb nach jahrelanger Zurückhaltung erstmals selbstbewußt in die Offensive ging. Was sind die Ziele dieser Werbeoffensive, wo liegen die Schwerpunkte, und was können die Berliner 1996 erwarten? SIGNAL befragte dazu Wolfgang Schwenk, Leiter der Abteilung Marketing bei den Berliner Verkehrsbetrieben.
SIGNAL: Warum geht die BVG jetzt in die Offensive?
W. Schwenk: Das ist einfach zu beantworten. Die BVG versteht sich als ein Wirtschaftsunternehmer, das seine Dienstleistungsangebote tagtäglich auf dem Berliner Verkehrsmarkt neu anbietet.
Schon heute können viele Berüner frei wählen, ob sie dieses Angebot nutzen oder lieber mit ihrem Pkw die unterschiedlichen Wege in der Stadt zurücklegen.
Neben einer Verhaltensbestätigung für unsere Stammkunden stellt sich für uns deshalb die konkrete Marketingaufgabe, Gelegenheitskunden und Noch-Nicht-Kunden über eine aktive Kommunikation das „Mobilitätsangebot BVG“ näher zu bringen. Die Werbeaussagen müssen dabei prägnant und kurz sein. Zudem wollen wir mit unserer Offensive nachhaltig klarstellen: Die BVG ist besser als viele glauben.
SIGNAL: Welche Ziele verfolgen Sie konkret mit der Kampagne?
W. Schwenk: Stiegen mit der Wende die Fahrgastzahlen schlagartig bis zu 30 Prozent, stehen wir heute vor einer ganz anderen Situation. Allein im 1. Halbjahr 1995 betrug der Rückgang der Fahrgastzahlen vier Prozent. Viele Wachstumsprognosen der Vergangenheit mußten relativiert werden. Gegen diesen Negativtrend werden wir unsere werblichen Aktivitäten setzen. Neueste Zahlen belegen, daß unsere Kampagne hier greift.
Unsere heutigen Kunden in ihrer Nutzungsentscheidung für die BVG zu bestätigen, ist. wie schon gesagt, ein weiteres Ziel unserer Kampagne. Immerhin ergaben letzte Erhebungen, daß mehr als 40 Prozent unserer Fahrgäste Wahlkunden sind. Das heißt, sie verfügen über ein eigenes Auto als Alternative zur BVG und können auf unsere Dienstleistung jederzeit verzichten.
National und international genießt die BVG ein hohes Ansehen. Außerdem bestätigen seriöse Untersuchungen unserem Unternehmen ein überdurchschnittliches Leistungsangebot. Diese Vorteile wollen wir unseren Kunden bzw. potentiellen Kunden vermitteln.
Und nicht zuletzt wissen wir, wenn wir etwas für ein positives, frisches Image unseres Unternehmens in der Öffentlichkeit tun, verbessern wir die Möglichkeit unserer Mitarbeiter, sich mit ihrer BVG zu identifizieren. Auch das ist ein wichtiges Anliegen unserer Kommunikationskampagne.
SIGNAL: Haben Sie sich bei der inhaltlichen Umsetzung dieser Kampagne auf bestimmte Schwerpunkte konzentriert?
W. Schwenk: Seit Beginn der Offensive, im Frühling letzten Jahres, wurden drei Themen kommuniziert. Zum einen ging es uns um reine Image-Botschaften mit den Motiven „Liebe in der U-Bahn“, „Berliner Luft“ und „Abschleppdienst“, die sowohl in der Anzeigen- als auch in der Plakatwerbung eingesetzt werden.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Produktwerbung, mit der wir auf attraktive tarifliche Angebote oder auf einen möglichen Zusatznutzen wie die Umweltkarten-Mitnahmemöglichkeit aufmerksam machen.
Und die Kampagne „BVG. Der sicherste Weg“ war ein wirksamer Abschluß unserer Maßnahmen im letzten Jahr.
SIGNAL: Wie geht es 1996 weiter?
W. Schwenk: 1996 haben wir uns den Individualverkehr zum Thema gemacht. Auf den Punkt gebracht, wollen wir die Leistungsvorteile der BVG gegenüber dem Auto verdeutlichen. Das ist eine sehr herausfordernde Aufgabe, die wir mit einer Vielzahl von Maßnahmen und Einzelprojekten in diesem Jahr angehen.
SIGNAL: Gibt es eine Resonanz auf die neue Kampagne der BVG, läßt sie sich messen?
W. Schwenk: Einige Diskussionen löste das Plakat „Abschleppdienst“ aus. Positive und negative. Es gab tatsächlich einen Autofahrer, der sich durch unser Plakat in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlte. Aber das war die Ausnahme. Denn Autobesitzer. die für ihre täglichen Fahrten auf die BVG umgestiegen sind, erlebten diese Werbeaussage als Bestätigung für ihre BVG-Entscheidung.
Auch Umfragen und Werbewirksamkeitsuntersuchungen bescheinigen es: Unsere Botschaft kommt an.
Das Gespräch führte Dieter Kaddoura.
SIGNAL-Redaktion
aus SIGNAL 2/1996 (April 1996), Seite 24-25