Ostkreuz
Nachdem schon bei den Bauten zum Bahnknoten Berlin gekürzt und umgeplant wurde, soll mit dem Ostkreuz nun das nächste Großprojekt Federn lassen.
15. Aug 2014
Am Hauptbahnhof waren es das verkürzte Dach und die schlichte Decke im Tiefbahnhof, vor allem aber die Zurückstellung der S-Bahn-Linie S 21 und die Einsparung von heute schmerzlich vermissten Weichen. Der Bahnhof Gesundbrunnen erhält erst jetzt so etwas ähnliches wie ein Empfangsgebäude auf dem Bahnhofsvorplatz, und am Südkreuz wurde zunächst auf die Fertigstellung des dritten Fern- und Regionalbahnsteigs verzichtet.
Nun also trifft es das Ostkreuz, den Berliner Bahnhof mit den meisten Ein-, Aus- und Umsteigern. Erneut! Denn schon die ursprünglich angedachte zweite Ringbahnhalle für den oberen Regionalbahnsteig wurde mit der Begründung eingespart, dass sich eine Überdachung für die wenigen Züge nicht lohne. Mit einbehaltenen S-Bahn-Geldern finanzierte der Berliner Senat wenigstens ein Bahnsteigdach, das wegen Baumängeln am Bahnsteig und der Insolvenz einer Baufirma allerdings bis heute nicht fertiggestellt ist.
Jetzt soll das vorgesehene Dach am unteren Regionalbahnsteig Ru eingespart werden mit der Begründung, dass die Ringbahnhalle genug Wetterschutz biete und ein Dach für den restlichen Bahnsteig bis zur Fußgängerbrücke daher nicht notwendig sei. Dass hier die meist genutzte Regionalexpresslinie in Berlin und Brandenburg, der halbstündlich verkehrende RE 1 mit seinen derzeit fünf Doppelstockwagen halten soll, interessiert offenbar nicht. Auch RE 2, RE 7 und RB 14 werden hier künftig jeweils stündlich mit regem Fahrgastwechsel halten.
Bereits seit 30. Juni 2014 müssen die Fahrgäste der provisorisch hier endenden S 3 unter den Einsparungen leiden. Statt der ursprünglich angedachten zwei Fahrtreppen zum Ringbahnsteig der S-Bahn wurde nur die eigentlich abwärts führende Fahrtreppe eingebaut, die nun stattdessen aufwärts führt. Sie soll 2017 mit der Inbetriebnahme als Regionalbahnsteig in den Zweirichtungsbetrieb wechseln, statt dann das fehlende Exemplar zu ergänzen. Im östlichen „Treppenloch“ des S-Bahn-Ringbahnsteigs wurde sogar auf die feste Treppe verzichtet, obwohl diese gerade auch bei der Zwischennutzung durch die S 3 wichtig gewesen wäre. Hier befinden sich nur der Aufzug und unten auf dem Bahnsteig ein einsamer Snackautomat sowie überdachte Wartehallen – überdacht für den Fall, dass die Ringbahnhalle mal undicht werden könnte und es durchregnet?
Weil Fahrtreppen nicht nur in der Anschaffung, sondern auch im Unterhalt teuer sind und „offiziell“ nur dem Komfort dienen, sollen auch sämtliche Fahrtreppen zum oberen Regionalbahnsteig – der mit dem noch unfertigen Dach – eingespart werden. Abwärts führend waren sie schon von Beginn an nicht vorgesehen. Für Kinderwagen, Fahrradnutzer, mobilitätseingeschränkte Personen und Gepäck stehen den Fahrgästen ja zur Gemeinschaftsnutzung mit Rollstuhlfahrern die Aufzüge zur Verfügung. Nötigenfalls muss dann eben eine größere Wartegemeinschaft gebildet werden.
Auch die beiden künftigen S-Bahnsteige der Stadtbahnebene sollen ihre bisher geplante aufwärts führende Fahrtreppe im östlichen Treppenloch verlieren. Dieser Verzicht verringert zwar die Bequemlichkeit, wäre aber verschmerzbar, da im westlichen Treppenloch gleich zwei aufwärts und eine abwärts führende Fahrtreppe zur Verfügung stehen werden. Doch als Ausgleich für die dadurch fehlende Kapazität müsste die feste Treppe entsprechend breiter werden.
Besser als ein teures Planänderungsverfahren, das nebenbei auch noch Personal bindet, wäre es aus Fahrgastsicht, wenn das Ostkreuz so ausgebaut wird, wie es der Planfeststellungsbeschluss vorsieht. Der Bedarf ist durch die schon heute hohen und mit der Fertigstellung weiter steigenden Nutzerzahlen vorhanden und letztlich nicht zur Erleichterung des Umsteigens, sondern auch aus Sicherheitsgründen geboten. (ge)
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 4/2014 (August/September 2014), Seite 10-11