Bahnhöfe des Jahres 2014

Dresden Hauptbahnhof und Hünfeld

Mit dem Wettbewerb „Bahnhof des Jahres“ prämiert die Allianz pro Schiene seit 2004 die kundenfreundlichsten Bahnhöfe in Deutschland. 2014 fiel die Wahl in der Kategorie „Großstadtbahnhof“ auf Dresden Hauptbahnhof, in der Kategorie „Kleinstadtbahnhof“ auf den Bahnhof im osthessischen Hünfeld, der seit März 2014 nach einem äußerst gelungenen Umbau in neuem Glanz erstrahlt.


Deutscher Bahnkunden-Verband

13. Okt 2014

Die sechsköpfige Jury, welche die Bahnhöfe prüft und bewertet, besteht aus Vertretern der Allianz pro Schiene, des Deutschen Bahnkunden-Verbands (DBV), von Pro Bahn, des Auto Club Europas (ACE), des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Ausgezeichnet werden dabei grundsätzlich nur Bahnhöfe, die nach einer festen Kriterienliste am besten auf die Bedürfnisse von Bahnkunden eingehen und Vorbildfunktion haben: Objektive Erfordernisse wie Kundeninformation, Sauberkeit, Integration in die Stadt und

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die Verknüpfung mit den anderen Verkehrsmitteln sind dabei ebenso entscheidend wie ein eher subjektiver Wohlfühlfaktor. K. O.-Kriterien sind dagegen beispielsweise: Kein Personal vor Ort, fehlende Barrierefreiheit, Sicherheitsmängel z. B. an Bahnsteigbelägen oder schmutzige/defekte Toiletten.

Dresden Hauptbahnhof

Bei der Sanierung von Dresden Hbf hervorragend gelungen: Die Verknüpfung von historischer Pracht mit den Anforderungen an ein zeitgemäßes Dienstleistungsangebot. Foto: Sebastian Kliems
Dresden Hauptbahnhof, Großstadtbahnhof des Jahres 2014. Foto: Christian Schultz
Viel Licht und Großzügigkeit zeichnen die Bahnsteighallen und die Hallen im Empfangsgebäude aus. Außerdem ist der Bahnhof sauber und gepflegt. Foto: Sebastian Kliems

Das Tor zum Elbflorenz, wie die Dresdner ihren Hauptbahnhof stolz nennen, reiht sich nahtlos in die berühmten Wahrzeichen der Stadt ein. Das repräsentative Bauwerk wurde in den späten 1880er Jahren im Stil des Historismus errichtet und steht seit 1978 unter Denkmalschutz. Ab 2001 erfolgte eine umfassende Sanierung. Im Rahmen des Umbaus erhielt z. B. die Bahnsteighalle nach Entwürfen des britischen Architekten Sir Norman Foster ein selbstreinigendes Dach aus teflonbeschichteten, lichtdurchlässigen Glasfaser-Membranen (rund 29 000 m²). Für einen herben Rückschlag sorgte ab 12. August 2002 das Hochwasser der Weißeritz, die die technische Infrastruktur des Bahnhofs vollständig zerstörte. Der Wasserpegel erreichte im Bahnhof eine Höhe bis zu 1,50 m, und erst nach drei Wochen konnte der erste Fernverkehrszug wieder in den Dresdener Hauptbahnhof einfahren. Der Gesamtschaden belief sich auf rund 42 Millionen Euro.

Im November 2006 (und damit noch zum 800-jährigen Stadtjubiläum) konnte schließlich der erste Bauabschnitt mit der sanierten Hallenkonstruktion und der Eingangshalle eröffnet werden. Die Kosten des Umbaus beliefen sich bis zu diesem Zeitpunkt auf rund 250 Millionen Euro. Im Juni 2011 konnten dann die energetische Sanierung des Bahnhofs und die Sanierung des im Stil des Neobarocks errichteten Königspavillons abgeschlossen werden.

Mit dem Abschluss der Bauarbeiten an der Nord- und Südhalle steht seit 9. Mai 2014 im Bahnhof ein umfassendes Angebot von 43 Shops, Cafes, Restaurants und Dienstleistungseinrichtungen mit 14 000 m² Verkaufsfläche zur Verfügung. Der Dresdener Hauptbahnhof vereint heute in vorbildlicher Weise den Prunk vergangener Tage mit den heutigen Ansprüchen an ein umfassendes und zeitgemäßes Service- und Dienstleistungsangebot und bietet Bahnkunden bzw. Besuchern eine erfreulich hohe Aufenthaltsqualität – eben ein Bahnhof zum Genießen!

Bahnhof Hünfeld

Hünfeld, Kleinstadtbahnhof des Jahres 2014. In Hünfeld ist mit dem Umbau ein mobilitätsgerechter Vorzeigebahnhof entstanden. Die Gestaltung attraktiver Stationen setzt dabei das Engagement der Kommunen voraus. Foto: Christian Schultz
Foto: Christian Schultz
Bahnhof Hünfeld. Die durchdachte Gestaltung von Wandflächen schützt wirkungsvoll vor Graffiti und Vandalismus. Vorbildlich gestaltet: Großformatige Fotos und Informationen erinnern an den Ehrenbürger der Stadt, den Computer-Erfinder Konrad Zuse. Foto: Christian Schultz

Der Bahnhof Hünfeld wurde am 1. Oktober 1866 als Bestandteil der Bahnlinie Bad Hersfeld—Hünfeld—Fulda eingeweiht. 2012 begannen umfangreiche Umbauarbeiten und wurden am 21. März 2014 abgeschlossen. Bestandteil dieser Maßnahmen waren der barrierefreie Umbau und die Sanierung des klassizistischen Empfangsgebäudes.

Seit 2006 nennt sich Hünfeld „Konrad-Zuse-Stadt“, denn der Computer-Erfinder hat sein halbes Leben in dieser Stadt verbracht. Der Ehrenbürger wird nun auch im Bahnhof entsprechend gewürdigt. So ist beispielsweise die Bahnsteigunterführung nicht etwa, wie bei vielen anderen Bahnhöfen, mit monotonen Farb- oder Fliesenflächen versehen, sondern wurde vorbildlich als Konrad-Zuse-Galerie gestaltet. Der Reisende erfährt praktisch im Vorbeigehen, dass der Ingenieur Konrad Zuse in Hünfeld Pionierarbeit geleistet hat.

Einbezogen in den Umbau wurden der Bahnhofsvorplatz genauso wie der nicht mehr für Bahnzwecke benötigte Lokschuppen aus dem Jahr 1866, welcher nach entsprechendem Umbau nun als Veranstaltungszentrum genutzt wird. Für Bahnhof und Umfeld wurde somit ein sehr harmonisches und sehr gelungenes Gesamtkonzept umgesetzt. Gerade als Kleinstadtbahnhof hat der Bahnhof Hünfeld heute Vorbildfunktion und ist ein außergewöhnlich positives Beispiel für die gelungene Revitalisierung eines Bahnhofs – ein Beispiel, das bundesweit Schule machen sollte.

Bahnhöfe des Jahres – eine Bilanz

Im Laufe der mittlerweile 11-jährigen Geschichte des Wettbewerbs „Bahnhof des Jahres“ haben fast alle Bundesländer mindestens mit einem ihrer Bahnhöfe diesen Preis gewonnen. Die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen sind dabei mit jeweils drei Siegerbahnhöfen vertreten. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein konnten dagegen bislang keine Bahnhöfe prämiert werden. Obwohl auch in den letztgenannten Bundesländern die entsprechenden Qualitätschecks in diversen Bahnhöfen durchgeführt wurden, schieden im Ergebnis selbst Großstadtbahnhöfe aufgrund teilweise erheblicher Mängel aus.

Auch eine 2014 besonders umfassende Tour durch Nordrhein-Westfalen konnte das Ergebnis nicht verändern. Ein Beispiel: Der Kleinstadtbahnhof Horrem wurde in den vergangenen Jahren für insgesamt 4,3 Millionen Euro als erstes Projekt aus dem Programm „Grüner Bahnhof“ klimaneutral umgebaut und am 20. Juni 2014 feierlich fertiggestellt. Aber die nur wenig später beim Jury-Qualitätscheck angetroffenen Verschmutzungen bzw. der Reinigungszustand auf Bahnsteigen, im Bahnsteigtunnel und im direkten Umfeld des Bahnhofs hatten ein solch inakzeptables und für Bahnkunden abschreckendes Ausmaß, dass eine Prämierung nicht in Frage kam.

Horrem war leider kein Einzelfall. Etliche der für die Prämierung vorgeschlagenen und geprüften Stationen erfüllten die Qualitätsmerkmale nur teilweise und präsentierten den öffentlichen Nahverkehr als „Stiefkind“ der Mobilität. Investitionen wie die in Horrem bleiben letztlich Flickwerk, wenn in der Folgezeit an der Pflege und dem Erhalt der umfassend modernisierten Stationen gespart wird. Letzteres ist zweifellos eine Herausforderung und Daueraufgabe. Doch nur dann kann den Kundenbedürfnissen entsprochen werden.

Deutscher Bahnkunden-Verband

aus SIGNAL 5/2014 (Oktober/November 2014), Seite 28-29