Ländlicher Busverkehr

Ideen für den Verkehr auf dem Lande

Beratung für Akteure vor Ort in Baden-Württemberg


Martin Schiefelbusch, Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg

5. Feb 2015

Die schwierige Lage des öffentlichen Verkehrs abseits der Ballungsräume ist hinreichend bekannt: Hohe Motorisierung, ein in absoluten Zahlen geringeres Fahrgastpotenzial sowie dessen Verteilung auf viele kleine Siedlungen und disperse Verkehrsbeziehungen sind – sehr kurz zusammengefasst – die Randbedingungen. Zusätzliche Herausforderungen gibt es durch den viel diskutierten „demografischen Wandel“, die prekäre Haushaltslage vieler Kreise und Kommunen und die anhaltende Unsicherheit über die künftige Finanzierung des ÖPNV in Deutschland.

Die Branche steht also insgesamt vor großen Schwierigkeiten. Während aber der ÖPNV in Ballungsräumen anerkannt ist, vom Wertewandel profitiert und relativ effizient betrieben werden kann, führt er auf dem

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Land ein Schattendasein und riskiert weitere Marginalisierung. Stadt und Land brauchen daher unterschiedliche Maßnahmen. Auf dem Land geht es besonders darum, die Wirtschaftlichkeit der Angebote zu verbessern

Diese Aufgaben sind für die etablierten Akteure oft ungewohnt. Dabei ist es sowohl eine Chance wie eine Schwierigkeit, dass viele Sektoren (etwa Gesundheit, Einzelhandel, soziale Dienste) im ländlichen Raum vor demselben Problem (geringe Nachfragedichte) stehen. Bisher versucht oft jeder dieser Sektoren, das Problem für sich und anhand seines altbewährten Instrumentariums zu lösen.

Bürgerbusparade bei der Gründung des Landesverbands in Uhingen im September 2014. Foto: Florian Ellenbörger

Um hier neue Wege zu gehen und die Zusammenarbeit in neuen Konstellationen zu erleichtern, hat das Verkehrsminsterium Baden-Württemberg 2014 das „Kompetenzzentrum innovative Angebotsformen im ländlichen Raum“ bei der landeseigenen Nahverkehrsgesellschaft eingerichtet. Das Zentrum soll als Ideengeber, Berater und Kontaktstelle dienen. Dieses Angebot richtet sich an Kommunen und Kreise (als Aufgabenträger), Verkehrsunternehmen und Verbünde, aber darüber hinaus auch an andere Akteure in der ländlichen Mobilität – etwa Bürgerbusvereine oder weitere Mobilitätsanbieter. Dabei ist die lokale Arbeit zwar wichtig, aber nicht auf diese Ebene beschränkt. Vielmehr sind zugleich enge Kontakte zu Ministerien und Fachbehörden sowie der Politik erforderlich. Die vier Arbeitsfelder des Zentrums sind daher:

Inhaltlicher Schwerpunkt sind bisher ehrenamtliche Verkehrsdienste (Bürgerbusse und Bürgerrufautos), deren Zahl besonders in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Diese Entwicklung soll durch geeignete Maßnahmen zur Beratung und Förderung systematisch unterstützt werden.

Bürgerbusse in Baden-Württemberg
Zurzeit gibt es in Baden-Württemberg 30 Verkehre, die im ehrenamtlichen Betrieb im öffentlichen Linienverkehr mit konkretem Fahrplan („Bürgerbus“ genannt) unterwegs sind. Darüber hinaus existieren etwa zwölf weitere ehrenamtliche Projekte, die Fahrten vollflexibel in einem lose definierten Zeitraum anbieten (also ohne festen Fahrplan, „Bürgerrufauto“ genannt). Und zusätzlich gibt es noch zahlreiche ehrenamtliche Fahrdienste, die meist zeitlich stärker eingeschränkt arbeiten und auch nur für bestimmte Personengruppen und Fahrzwecke gedacht sind.

Baden-Württemberg ist nicht das einzige Bundesland, das sich dem Thema Bürgerbus widmet, gehört aber mit der Einrichtung einer auf den ländlichen ÖV insgesamt gerichteten Position sicher zu den Vorreitern. Neben dem direkten Kontakt mit zahlreichen lokalen Initiativen hat sich das Zentrum seit seiner Gründung bereits an mehreren Forschungsprojekten beteiligt und einige landespolitische Initiativen mitgestaltet, über die in den Jahren 2015/2016 etwa 2 Mio. Euro zusätzlich für die Förderung ländlicher Mobilitätskonzepte zur Verfügung stehen werden. Die Landesebene hat sich dabei als sehr sinnvoll erwiesen, um einerseits Einfluss auf die Rahmenbedingungen nehmen zu können und andererseits den Kontakt zur lokalen „Basis“ und den dortigen Bedürfnissen nicht zu verlieren.

Martin Schiefelbusch, Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg

aus SIGNAL 1/2015 (Februar/März 2015), Seite 15