söp
6. Jan 2016
Der Beschwerdeführer fuhr von Nürnberg nach Zürich und sollte planmäßig um 22.44 Uhr dort ankommen. Auf der Fahrt hatte jedoch ein Zubringerzug eine Verspätung von mehr als zwei Stunden, so dass der Beschwerdeführer seinen Anschlusszug in Buchloe nicht mehr erreichte. Von Buchloe musste der Beschwerdeführer dann mit einem Bus weiter nach Kempten fahren und von dort nach Lindau. Lindau erreichte er gegen 0.30 Uhr. Eine Weiterfahrt nach Zürich sei nicht mehr möglich gewesen.
Vor Ort in Lindau seien die Rezeptionen der Hotels nicht besetzt bzw. die Hotels bereits ausgebucht gewesen. Daher habe
der Beschwerdeführer eine Nacht auf dem Bahnhof in Lindau verbringen müssen. Erst am nächsten Morgen habe die Weiterfahrt nach Zürich erfolgen können. Dort kam er gegen 9 Uhr an.
Der Beschwerdeführer schildert, dass während der Fahrt kein Zugpersonal zur Verfügung gestanden habe, das ihm Auskunft hätte geben können. Auch seien keine Getränke angeboten worden, obwohl es sehr heiß gewesen sei.
Nach der Fahrt machte der Beschwerdeführer beim Servicecenter Fahrgastrechte die Erstattung der Ticketkosten (44 Euro) geltend sowie für die Übernachtung pauschal 150 Euro. Darüber hinaus forderte er „100 Euro für entstandene Schäden“. Ohne weitere Nachricht erstattete das Servicecenter Fahrgastrechte dem Beschwerdeführer einen Betrag in Höhe von 22 Euro. Damit war der Beschwerdeführer nicht einverstanden und begehrte weiterhin die Zahlung von pauschalen Übernachtungskosten i. H. v. 150 Euro.
Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers und kam zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf pauschale Übernachtungskosten zustehen dürfte.
Nach den Beförderungsbedingungen des Fahrkarten ausgebenden Verkehrsunternehmens hätte der Beschwerdeführer einen Anspruch auf eine Hotelübernachtung gehabt: Dem Reisenden stehen danach – sofern praktisch durchführbar – die kostenlose Unterbringung in einem Hotel oder einer anderweitigen Unterkunft zu, wenn er wegen eines Zugausfalls oder einer Verspätung die Fahrt nicht am selben Tag fortsetzen kann oder für ihn unter den gegebenen Umständen eine Fortsetzung der Fahrt am selben Tag nicht zumutbar ist. Nutzt der Reisende selbständig eine Übernachtungsmöglichkeit, hat er Anspruch auf Ersatz der dafür entstandenen angemessenen Kosten.
Zwar konnte der Beschwerdeführer nicht in einem Hotel übernachten, da nach seinen Angaben kein Hotel mehr ein verfügbares Zimmer gehabt habe. Dennoch hätte er einen Anspruch auf eine Übernachtung gehabt. Die Schlichtungsstelle hielt dabei Kosten i. H. v. 100 Euro für eine Hotelübernachtung in Lindau für angemessen.
Die vom Servicecenter gezahlten 22 Euro erhielt der Beschwerdeführer für die verspätete Ankunft in Zürich (50 Prozent des Fahrpreises nach Art. 17 Verordnung (EG) Nr. 1371/2007).
Soweit der Beschwerdeführer aber einen pauschalen Schadensersatz für „entstandene Schäden“ geltend machte, konnte die söp eine Rechtsgrundlage nicht erkennen. Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer lediglich pauschal einen Schaden behauptet, ohne diesen näher zu substantiieren.
Die söp schlug daher vor, dem Beschwerdeführer
pauschale Übernachtungskosten
i.H.v. 100 Euro zu erstatten. Diesen Vorschlag
lehnte das Verkehrsunternehmen ab
und schlug stattdessen einen Vergleich vor,
der eine Kulanzerstattung von 80 Euro vorsah.
Diesen Vorschlag nahm der Beschwerdeführer
an, so dass die Angelegenheit
gütlich geklärt werden konnte.
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen
kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende
Antwort bekommt, kann sich
an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet
dann einen Schlichtungsvorschlag zur
einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und
-Leser können in jeder Ausgabe anhand eines
konkreten Falls einen Einblick in die praktische
Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern
und Sachsen-Anhalt können
sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde
hin von der BVG, der S-Bahn Berlin
GmbH oder einem anderen teilnehmenden
Verkehrsunternehmen der Region keine sie
zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
aus SIGNAL 6/2015 (Dezember 2015/Januar 2016), Seite 30