Stadtverkehr
Vor einigen Jahren erfreute eine Sprecherin der BVG die Berliner mit dem Hinweis, über defekte Rolltreppen bei der U-Bahn sollten sie sich nicht aufregen, schließlich wäre Treppensteigen gesund und mindere die Thrombosegefahr.
2. Mär 2016
Am U-Bahnhof Rathaus Steglitz sorgt sich die BVG seit Jahren in anderer Weise um die Gesundheit ihrer Fahrgäste: Zunächst sanierte sie den südwestlichen, vor der Schwartzschen Villa gelegenen Ausgang in der Schloßstraße, den vor allem die Fahrgäste nutzen, die von der hier endenden U 9 mit den Buslinien M 48, M 85, 186, 283 und 285 Richtung Lankwitz, Lichterfelde und Zehlendorf weiterfahren möchten. Nachdem die Arbeiten im Frühjahr 2012 begonnen hatten, konnte man einem am Bauzaun angebrachten Schild entnehmen, dass die BVG recht genau wusste, bis wann sie diesen Fahrgästen einen Umweg zumuten musste: „Bis 21. Dezember, ca. 16:00 Uhr, 2012“.
Im Dezember 2012 verschwand dann nicht der Bauzaun, dafür aber das bisherige Schild, und auf einem neuen las man: „Bis 31. Mai 2013“.
Auch dieses sollte noch einen Nachfolger erhalten, der im Juni 2013 mitteilte: „Bis
1. Juli 2013“. Ewige Nörgler widerlegte die BVG jedoch kühn: Bereits in den letzten Juni-Tagen war der Eingang wieder geöffnet, nach nur gut einem Jahr Bauzeit.
Wer da fragen mochte, ob so etwas nicht auch schneller gehen könnte, dem begann die BVG kurz darauf zu demonstrieren, dass sie auch anders kann – nämlich noch viel langsamer.
Nun nahm sie sich des nordöstlichen Ausgangs an, der sich auf dem Hermann-Ehlers-Platz befindet. Er schafft bzw. schuf die direkte Verbindung von den aus Süden kommenden (und hier nicht endenden) Bussen der Linien M 48, X 83, M 85, 186 und 282 zur U-Bahn und wurde entsprechend stark frequentiert.
Schon längere Zeit vor der Schließung des Zugangs war die (aufwärts führende) Rolltreppe ausgebaut worden. Auf einem Schild teilte die BVG mit: „diese Fahrtreppe wird im Zuge der Sanierung und architektonischen Neugestaltung der gesamten Bahnhofsanlage für Sie erneuert.“
Als dummer Beförderungsfall fragte man sich natürlich, was denn die „Sanierung und architektonische Neugestaltung der gesamten Bahnhofsanlage“ mit diesem Eingang zu tun hat. Denn jener Teil des Zwischengeschosses, in den er mündet, ist bereits vor Jahren neugestaltet worden: Zu einer Art Vorhalle des damals errichteten, ebenso pompös-kitschigen Einkaufszentrums, zu dem ein direkter Übergang geschaffen wurde.
Als der Zugang vom Hermann-Ehlers-Platz dann geschlossen war, gab die BVG auf Schildern auch den Zeitraum an, für den er nicht zur Verfügung stehen würde: 30. September 2013 bis 28. September 2014.
Als naiver Mensch denkt man sich: Treppen rausreißen, vielleicht auch Brüstung abbrechen, Beton sanieren, Brüstung, Treppen, Rolltreppe wieder einbauen – das sollte in einem Jahr zu schaffen sein.
Doch es hätte stutzig machen müssen, dass der gesperrte Ausgang im Zwischengeschoss geradezu liebevoll verkleidet, um nicht zu sagen: kaschiert wurde.
Mittlerweile kann man – oben am Bauzaun, wie unten im Zwischengeschoss – erfahren, wie lange der Zugang noch gesperrt bleiben wird und daher täglich tausende Fahrgäste über die sechs- bis siebenspurigen Straßen am Hermann-Ehlers-Platz laufen müssen, um zu einem anderen Eingang zu gelangen – und einen Großteil dieses Weges dann unterirdisch in entgegengesetzter Richtung noch einmal zurücklegen: Bis 30. Dezember 2016.
Man kann also nicht behaupten, die BVG würde nicht dafür sorgen, dass ihre Fahrgäste ordentlich auf Trab kommen, statt immer nur faul in Bussen und Bahnen herumzusitzen oder zu stehen. Aber sollten Sie mal einen Auftrag zur Renovierung oder gar Sanierung zu vergeben haben, dann erteilen Sie diesen besser nicht der BVG. Zumindest nicht, wenn Sie seine Fertigstellung noch erleben wollen.
Jan Gympel
aus SIGNAL 1/2016 (März 2016), Seite 18