Fernverkehr
DB blamiert sich zum zweiten Mal beim Abschied von einer wichtigen europäischen Zugverbindung
2. Mär 2016
Ein unbedarfter Fahrgast vertraut den Angaben der Bahn, dass der Fahrplan bis zum Tag des Wechsels gilt, zumal es keine Ankündigungen über Einschränkungen im Umfeld des 13. Dezember 2015 gab. So fiel schnell der Entschluss, den letzten durchgehenden Zug von Kopenhagen nach Berlin am 12. Dezember zu nutzen. Die Hinfahrt sollte am 9. Dezember sein, natürlich ebenfalls mit dem durchgehenden Zug.
Bei der Reservierung der zwei Plätze etwa eine Woche vor Fahrtantritt konnte auch problemlos die durchgehende Verbindung (sogar mit Tisch) gebucht werden.
Umso größer war die Überraschung am 9. Dezember selbst, als sich die zwei Reisenden am Bahnsteig in Berlin-Gesundbrunnen einfanden. Statt der üblichen ICE-Doppeltraktion aus den zwei Zugteilen nach Aarhus
und Kopenhagen stand nur eine einzelne Einheit der Dieselbaureihe 605 bereit, und zwar die nach Aarhus. In dieser standen selbstverständlich nicht die gebuchten Sitze zur Verfügung.
Zwar stimmte die Aussage des Zugpersonals, dass insgesamt noch genügend Sitzplätze frei seien, aber sowohl die geringere Qualität als bezahlt (ohne Tisch) als auch der Umsteigezwang in Hamburg boten schon genug Anlass zur Betrübnis.
Diese wuchs sich zu kleinem Frust aus, als die Minigruppe in Hamburg erfuhr, dass der Zugteil nach Kopenhagen nicht am selben Bahnsteig abfuhr und sie innerhalb der planmäßigen Aufenthaltszeit mit Gepäck Treppen steigen mussten. Wie zum Hohn für die zwei Fahrgäste war an dem in Hamburg beginnenden Zugteil der Laufweg „Berlin-Gesundbrunnen—Kopenhagen“ geschildert!
Gleich nach Ankunft im Bahnhof der dänischen Hauptstadt ging das Reisekollektiv zum Auskunftsschalter der DSB. Dort war man besser über die tatsächliche Betriebsplanung informiert und konnte sofort Bescheid geben, dass auch auf der Rückfahrt am 12. Dezember ein Umsteigen in Hamburg nötig sein wird. Da die durchgehende Verbindung in Richtung Berlin zugleich die erste Abfahrt in Kopenhagen und deshalb mit entsprechend frühem Aufstehen verbunden war, konnte auf diese Erschwernis nun verzichtet werden und ein späterer Zug auf der Fähre wurde gebucht.
Es blieb natürlich bei den schon oben beschriebenen Unannehmlichkeiten beim Umstieg in Hamburg – mit der Zugabe der DB, dass der geplante (und zum Glück nicht reservierte) Anschluss nach Berlin wegen einer kleinen Verspätung aus Dänemark (etwas mehr als 10 Minuten) nicht mehr erreicht wurde und darum erst eine halbe Stunde später ab Hamburg gefahren werden konnte.
Was für ein Glück, dass man die dichtest befahrene IC-Strecke Norddeutschlands befuhr, denn Fahrgäste zu anderen Zielen mussten nun eine Stunde oder länger warten. Im versprochenen durchgehenden Zug hätte es diesen Anschlussverlust natürlich nicht gegeben!
Das eigentliche Ärgernis ist natürlich die Einstellung wichtiger europäischer Bahnstrecken. Dass die Deutsche Bahn nun aber nach der blamablen letzten Fahrt des EC/IC Wawel von Berlin nach Wrocław (siehe SIGNAL 1/2015) erneut schon vor der planmäßigen Einstellung eines Zugangebotes unakzeptable Schlechtleistungen abliefert, ist skandalös.
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 1/2016 (März 2016), Seite 28