Fahrgastsprechtage

Bauarbeiten, Pläne und Visionen

Infrastrukturplanungen der Deutschen Bahn in Berlin

Alexander Kaczmarek, seit 2015 Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für das Land Berlin, ist langjährigen Besuchern der Schienenverkehrs-Wochen noch aus seiner Zeit als verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin bekannt. Nun sitzt er im weitesten Sinn „auf der anderen Seite“. Unverändert geblieben sind seine hervorragenden Berlin-Kenntnisse und sein engagierter Einsatz für besseren öffentlichen Verkehr.


Berliner Fahrgastverband IGEB

21. Nov 2017

Deshalb war es auch nicht überraschend, dass beim Fahrgastsprrechtag mit seinem diesjährigen Vortrag „DB-Schieneninfrastruktur: Baumaßnahmen 2017 bis 2020“ am 30. August 2017 im S-Bahnhof Jannowitzbrücke alle Stühle im Vortragsraum besetzt waren. Moderiert von Christian Schultz (DBV/IGEB) konzentrierte sich Alexander Kaczmarek vor allem auf elf Projekte (siehe Übersichtskarte).

1. Umbau Ostkreuz

Nach den großen Veränderungen bei der S-Bahn zum 21. August 2017 (ausführlich in SIGNAL 4/2017 dargestellt) steht zum 10. Dezember 2017 nun die Verkehrsaufnahme für die S 9 über die Verbindungskurve zwischen Stadtbahn und Südring bevor. Zugleich halten am neuen Regionalbahnsteig unten die Züge der RE 1, RE 2, RE 7 und RB 14. Damit ist Ostkreuz dann der Bahnhof mit den meisten täglichen Zughalten im Netz der Deutschen Bahn.

Der Endzustand soll zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2018 erreicht werden, wenn die RB 26 von Lichtenberg zum Ostkreuz verlängert wird und die 4-Gleisigkeit für die S-Bahn zwischen Ostkreuz und Ostbahnhof wiederhergestellt ist.

2. Neubau S 21

Dieses „Jahrhundertprojekt“ hat Alexander Kaczmarek von seinem Vorgänger Ingolf Leuschel geerbt, der stets für die Realisierung eines zweiten Nord-Süd-Tunnels für die Berliner S-Bahn gekämpft hat. Trotz der aktuellen bautechnischen Probleme und ständig steigenden Kosten zeigte sich Kaczmarek optimistisch, dass der nördliche Abschnitt vom Nordring zum Hauptbahnhof mit einem provisorischen Endbahnhof bis 2020 fertiggestellt werden kann. Für den südlichen Abschnitt zwischen Yorckstraße und Potsdamer Platz über Gleisdreieck solle noch 2017 die Vorplanung beginnen. Am problematischsten sei der mittlere Abschnitt, für den seriös noch keine Jahreszahlen genannt werden könnten.

3. Dresdener Bahn

In Lichtenrade haben nach dem erfolgten Planfeststellungsbeschluss für die Dresdener Bahn die Baumfällungen auf der Bahntrasse begonnen. Foto: Florian Müller

Optimistisch zeigte sich Kaczmarek auch bei der Dresdener Bahn zwischen Südkreuz und Blankenfelde. Nach den jahrelangen Verzögerungen gehe die Planung für den Ausbau nun gut voran. Für den Planfeststellungsabschnitt 2 „Lichtenrade“ liegt der Planfeststellungsbeschluss seit 13. November 2015 vor, und die Klage dagegen wurde bekanntlich abgewiesen. Für den Abschnitt 1 „Marienfelde“ gibt es den Planfeststellungsbeschluss seit dem 22. Mai 2017, und für den dritten Abschnitt „Blankenfelde-Mahlow“ wird er 2018 erwartet.

Kaczmarek berichtete, dass am 25. August 2017 eine deutsch-tschechische Absichtserklärung für eine Eisenbahn-Neubaustrecke von Dresden nach Prag unterzeichnet wurde. Diese Strecke werde damit nun im „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans ausgewiesen. Durch Untertunnelung des Erzgebirges soll die Reisezeit im Personenfernverkehr zwischen Dresden und Prag von derzeit mehr als zwei auf unter eine Stunde vermindert werden. Damit wird (langfristig) auch die Bahnverbindung Berlin—Prag deutlich attraktiver.

4. Schienenanbindung BER

Die Schienenanbindung zum neuen Flughafen BER wurde bekanntlich rechtzeitig fertig. Wann der Flughafen fertig wird, weiß natürlich auch Herr Kaczmarek nicht. Aber der Verzug bietet die Chance, dass die nun für 2018/19 geplante Erneuerung der Ringbahnbrücke Wiesenweg doch noch rechtzeitig zur BER-Eröffnung abgeschlossen ist. Dann könnten die geplanten Flughafenexpress- Züge bis zur Fertigstellung der Dresdener Bahn halbstündlich von Berlin Hbf über Gesundbrunnen und Ostkreuz zum BER fahren. Nachtrag der Redaktion: Seit dem 16. Oktober 2017 gibt es für das Vorhaben „Eisenbahnüberführung Wiesenweg“ den Planfeststellungsbeschluss, verfügbar auf der Internetseite des Eisenbahn-Bundesamtes (www.eba.bund.de).

5. Elektrifizierung Südring (Fernbahn)

Nach der Wiederherstellung der Gütergleise des südwestlichen Berliner Innenrings soll nun der gesamte Abschnitt von Baumschulenweg über Neukölln und Südkreuz bis Westkreuz elektrifiziert werden. Damit würden zwar die lauten Dieselloks durch leisere E-Loks ersetzt, aber dennoch müsste anlässlich der Elektrifizierung fast die gesamte Strecke Schallschutzwände erhalten. Das wäre nicht wirtschaftlich. Deshalb wird geprüft, ob es die Möglichkeit einer Kombination mit Schallschutzmaßnahmen für die parallele extrem laute Stadtautobahn gibt.

6. Karlshorst—Köpenick (einschließlich Regionalbahnhof Köpenick)

Im Zuge des bis 2019 laufenden Ausbaus der Strecke Berlin—Frankfurt (Oder) sollte auch der vom Land Berlin bestellte Regionalbahnhof Köpenick (Halt des RE 1) gebaut werden. Hierfür ist jedoch eine neue Planung mit einem dritten Streckengleis im Bereich des künftigen Regionalbahnhofs erforderlich, so dass eine Realisierung erst Mitte der 20er Jahre möglich ist.

Unabhängig davon wird der Regionalbahnhof Karlshorst (Halt von RE 7 und RB 14) zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 außer Betrieb genommen und 2018 im Rahmen der Erneuerung des S-Bahnhofs Karlshorst abgebrochen.

7. Nordkreuz—Karow

Der Umbau des Karower Kreuzes (Stettiner Bahn/Berliner Außenring) geht planmäßig voran. Zur Stettiner Bahn machte Alexander Kaczmarek den Besuchern auf entsprechende Fragen Hoffnung, dass die Diskussion um den zweigleisigen Ausbau des Abschnitts zwischen Angermünde und deutsch-polnischer Grenze „noch nicht ganz abgeschlossen“ sei.

8. Potsdamer Stammbahn

Die Übersichtskarte zeigt die elf Projekte, die im Mittelpunkt des Vortrags von Alexander Kaczmarek, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für das Land Berlin, standen. Bei den besonders kontrovers diskutierten Vorhaben hatte Kaczmarek klare Positionen: Von Spandau nach Falkensee soll eine S-Bahn-Strecke gebaut werden, und die Potsdamer Stammbahn soll für Regionalzugverkehr wiederaufgebaut werden. Grafik: Deutsche Bahn

Unverändert klar äußerte sich Kaczmarek erneut zur Stammbahnstrecke zwischen Potsdam und Berlin Hbf. Sie werde dringend für den wachsenden Regionalzugverkehr zwischen Berlin und Potsdam gebraucht, weil die Stadtbahn ein überlasteter Fahrweg ist. In geringem Umfang sei auf der Stammbahn auch Fernverkehr denkbar. Mit dem erforderlichen Planfeststellungsverfahren solle schnell begonnen werden, weil dafür mehrere Jahre benötigt werden.

9. Nordbahn (Fernbahn)

Nach der Ertüchtigung der Strecke Berlin—Rostock sollen die Personenzüge hier 160 km/h fahren können. Um schweren Güterverkehr zu ermöglichen, wird die Radsatzlast auf 25 t erhöht.

10. S-Bahn Spandau—Falkensee

Die Überschrift macht es schon deutlich: Alexander Kaczmarek unterstützt die Pläne für eine Verlängerung der S-Bahn von Berlin-Spandau nach Falkensee. Dabei müsse auch der Vorschlag einer Express-S-Bahn geprüft werden. Dieses und weitere Projekte zur Entwicklung der Schieneninfrastruktur sollen Gegenstand einer Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Bahn und den Ländern Berlin und Brandenburg werden.

Nachtrag: Am 4. Oktober 2017 wurde diese Vereinbarung unterzeichnet. Mehr dazu im nächsten SIGNAL.

11. Mehrgleisiger Ausbau Kremmener Bahn

Die Kremmener Bahn müsse, fordert Kaczmarek, dringend ausgebaut werden, um die S-Bahn – wie sonst überall in Berlin – im 10-Minuten-Takt fahren zu können. Wird außerdem der Regionalverkehr (RE 6 – Prignitzexpress) über die Kremmener Bahn nach Berlin-Gesundbrunnen geführt, sei ein drittes Gleis erforderlich. Das würde allerdings den Bau des geplanten S-Bahnhofs Borsigwalde erschweren.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 5/2017 (November / Dezember 2017), Seite 10-11