Zukunft für Berliner S-Bahn UND R-Bahn

Veränderte Herausforderungen erfordern veränderte Planungen

Nach der jahrelangen eher negativen Grundstimmung zur Weiterentwicklung der Eisenbahninfrastruktur in Berlin und Brandenburg ist nun wieder eine gewisse Aufbruchstimmung zu erkennen. Den nötigen Schub geben hier vor allem die wachsende Stadt und die Erkenntnis, dass das Berliner Eisenbahnnetz trotz aller bisher getätigten Investitionen mit dem unvollendeten Pilzkonzept an vielen Stellen noch immer ein von Kriegs- und Teilungsfolgen gekennzeichneter Torso seiner einstigen Leistungsfähigkeit ist.


Berliner Fahrgastverband IGEB

26. Dez 2017

In den 1930er Jahren geplant, 2005 eröffnet - der S-Bahnhof Teltow Stadt. Die Trasse dahinter wird weiterhin freigehalten. Eine Verlängerung um zwei Bahnhöfe (Iserstraße, Sputendorfer Straße) hat derzeit gute Chancen auf Realisierung. Auch die Anbindung von Kleinmachnow und Stahnsdorf über die Stammbahn und Friedhofsbahn mit einer neuen Streckenführung entlang der A115 wurde untersucht und hätte Vorteile. Foto: Tom Gerlich

Der Knoten Spandau mit seinen fehlgeplant asymmetrischen westlichen und östlichen Ein- und Ausfädelungen zählt ebenso offiziell zur überlasteten Infrastruktur, wie die fernbahnseitig mit einer zu geringen Signaldichte ausgestattete Stadtbahn. Bereits heute ist absehbar, dass die BER-Ostanbindung mit ihren niveaugleichen eingleisigen Verbindungskurven unterdimensioniert ist und keinen zusätzlichen Verkehr aufnehmen kann. Das führt in der aktuell gestarteten Ausschreibung zum „Netz Elbe-Spree“ dazu, dass der geplante Flughafen-Express durch die noch fehlende Dresdener Bahn auf seiner Umleitungsstrecke das eigentlich geplante Zugangebot verdrängt.

Die Bundesregierungen der letzten Jahre nutzten den Dissens zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg geschickt aus, um einst getroffene Zusagen zur Wiederherstellung des S-Bahn-Netzes verfallen zu lassen.

Der Gipfel der Dreistigkeit ist allerdings mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan erreicht, bei dem die Aufnahme von Schienenprojekten plötzlich an eine imaginäre Bedeutung für den Güter- und Fernverkehr gekoppelt wurde. Dabei sollte die Zuständigkeit des Bundes für die Bundesschienenwege eigentlich selbstverständlich sein, zumal ein solches Kriterium beim Straßenbau unbekannt ist und für Ortsumgehungen keinesfalls nur Bundesstraßen berücksichtigt werden. Damit ist der aktuelle Bundesverkehrswegeplan bei der Entwicklung von Schienenprojekten noch weiter vom Anspruch der „Verkehrswende“ entfernt, als seine beiden Vorgänger.

Doch auch die Länder Berlin und Brandenburg müssen endlich ihre Hausaufgaben machen. Die nun getroffenen Vereinbarungen zur Infrastrukturentwickung „i2030“ und die Neuausschreibung der meisten Regionalverkehrslinien mit einem deutlichen Leistungszuwachs sind ein richtiger Anfang. Doch das Denken „S-Bahn oder Regionalverkehr“ muss endlich ein Ende finden und eine gemeinsame Entwicklung für die Metropolregion Berlin auf den Weg gebracht werden, die beides ausreichend berücksichtigt.

Leistungsfähigkeit der S-Bahn

Wie häufig die S-Bahn fahren kann, hängt maßgeblich von der Auslegung der Leit- und Sicherungstechnik ab. Unterversorgte Abschnitte werden hier schnell zum Flaschenhals, wie die südliche Ringbahn zwischen Hermannstraße und Tempelhof oder die derzeit baubedingte Zweigleisigkeit zwischen Ostbahnhof und Ostkreuz. Die dicht befahrenen Strecken müssen daher zwingend für einen Zugabstand von 90 Sekunden ausgelegt sein, so dass planmäßig ein 2-Minuten-Takt fahrbar ist.

Diese höchste Leistungsfähigkeit ist auf den folgenden Strecken notwendig:

Alle anderen Strecken im Stadtgebiet sollten eine Zugfolge von 120 bis 150 Sekunden ermöglichen, so dass ein stabiler 5-Minuten-Takt mit zusätzlichen Betriebsfahrten, Sonderfahrten und störungsbedingter Ableitung anderer Linien möglich ist. Auch die Strecke nach Potsdam muss für einen möglichen 5-Minuten-Takt fit gemacht werden. Das bedingt die weitgehende Wiederherstellung zweiter Gleise. Die Außenstrecken nach Hennigsdorf, Oranienburg, Bernau und Königs Wusterhausen sind schon heute in der Hauptverkehrszeit stark nachgefragt und benötigen daher zukünftig einen 10-Minuten-Takt. Innerstädtische Ausnahme ist die Strecke Schöneweide—Spindlersfeld, die allerdings ebenfalls für einen 10-Minuten-Takt ertüchtigt werden sollte. Hierfür bietet sich die Errichtung eines Begegnungsabschnitts im Bereich Spindlersfeld unter Nutzung des ehemaligen Ausweich- und Anschlussgleises an.

Innenring

Der Berliner Innenring umfasst neben der Ringbahn der S-Bahn auch Fernverkehrsgleise, die auf dem Nord- und Ostring als elektrifizierte Zulaufstrecken für den Hauptbahnhof dienen. Der Südring wurde nach jahrelangem Brachliegen reaktiviert. Aufgrund des komplizierten Planungsrechts allerdings ohne Oberleitung, so dass der Nutzen bisher gering ist. Notwendig sind auch der nur 500 Meter kurze Lückenschluss zwischen Neukölln (Güterbahnhof Treptow) und Treptower Park und die Wiederherstellung der Verbindungskurve in Schöneberg im Falle einer Reaktivierung der Stammbahn. Am Südkreuz wäre neben der Elektrifizierung der vorhandenen Südost-Kurve auch die Machbarkeitsprüfung und Trassenfreihaltung für eine Südwest-Kurve und einen Bahnsteig am Ring sinnvoll. Der Platz für zusätzliche Regionalbahnsteige sollte auch in Messe Nord am ZOB und an der Landsberger Allee (am Velodrom) freigehalten werden.

Für die S-Bahn muss einiges getan werden, um den Betrieb der Ringbahn zu stabilisieren. Die erhoffte Entspannung mit der endlich fertiggestellten Zugbildungsanlage Tempelhof bleibt aus, denn diese ist nur für die Abstellung, nicht aber die Reinigung von Zügen gewidmet und enthält in der Mitte ein „schwarzes Loch“ für den Fahrdienstleiter, in dem sich die Lokführer selbst ihren Fahrweg einstellen müssen. Die beiden äußeren Umfahrungsgleise können nicht zur Zugüberholung zwischen Südkreuz und Tempelhof genutzt werden. Eine ärgerliche und teure Fehlplanung!

Ein weiterer Faktor der Instabilität kündigt sich mit der S-Bahn-Linie „S 21“ bereits an. Weder Westhafen noch Wedding erhalten eine dritte Bahnsteigkante, und auch in Gesundbrunnen sind nur die inneren Gleise nutzbar. Hier wäre zu prüfen, ob zumindest in Richtung Wedding auch eine Ausfahrt vom äußeren Gleis umsetzbar ist. Ferner fehlt eine westliche Kehranlage, die sich zwischen Gesundbrunnen und Humboldthain umsetzen ließe. Spätestens mit der S 21-Inbetriebnahme, derzeit geplant für Ende 2020, muss auch die vorbereitete, aber nie gebaute Kehranlage zwischen Westhafen und Beusselstraße realisiert werden. Dabei ist die beidseitige Anbindung wichtig, um bei Betriebsstörungen schnell und flexibel reagieren zu können. Entsprechend sollte auch die Kehranlage Bundesplatz verlängert und mit einem östlichen Anschluss zum Innsbrucker Platz nachgerüstet werden.

Damit bleibt das Thema der fehlenden Bahnsteigkanten für das Tauschen von Zügen noch ungeklärt. Westend, Messe Nord und Halensee bieten sich aufgrund der früher vorhandenen zweiten Bahnsteige an. Westend ist durch die beidseitigen Kehranlagen geeignet und Halensee könnte die dritte Kante durch die Verbindungskurve zur Stadtbahn gut gebrauchen, insofern sind beide sinnvoll. Hinzu kommt die störungsanfällige Einfädelung in Neukölln, bei der regelmäßig Züge von Baumschulenweg kommend auf verspätete Ringzüge warten müssen. Eine dritte Bahnsteigkante, wie in Baumschulenweg, brächte dort eine deutliche Entspannung.

Hamburger und Lehrter Bahn

Grün zeigt das S-Bahn-Netz und Hellgrün die vorgeschlagenen Erweiterungen und neuen Bahnhöfe. In schwarz gehalten sind jene Bahnstrecken, die dem Fern-, Regional- und Güterverkehr dienen, sowie deren sinnvolle Ergänzungen in grau. Grafik: Tom Gerlich

Bis 1961 fuhr die S-Bahn von Westkreuz über Spandau hinaus nach Falkensee und Staaken. An beiden Ästen hat sich die Besiedlungsdichte und Einwohnerzahl erhöht, so dass sich die S-Bahn-Würdigkeit kaum bezweifeln lässt. Im Rahmen des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nummer 4 entstanden die Schnellfahrstrecke Berlin—Hannover und der neue Bahnhof Spandau. Dabei verschwanden allerdings auch die Anlagen der S-Bahn, und die Stammstrecke der Lehrter Bahn wurde bis Wustermark zweigleisig elektrifiziert. Ein Wiederaufbau der S-Bahn ist damit völlig illusorisch. Stattdessen muss auch der Rest der Stammstrecke schnellstmöglich elektrifiziert und der Bahnhof Groß Behnitz (oder ein Alternativstandort) wieder in Betrieb genommen werden. In Elstal muss die fehlende Weichenverbindung ergänzt werden, um auch vom Außenring kommend mit der künftigen RE 21 den Bahnsteig direkt zu erreichen und sich die langsame Fahrt durch den Rangierbahnhof zu sparen. Sehr unglücklich ist die niveaugleiche Einfädelung in die Schnellfahrstrecke, die im Rahmen notwendiger Maßnahmen zur Entspannung im Knoten Spandau niveaufrei ausgeführt werden sollte.

Deutlich komplizierter und umstrittener gestaltet sich die Lage auf der Hamburger Bahn. Berlin bevorzugte lange Jahre eine S-Bahn-Lösung, während Brandenburg ein zusätzliches Gleis für den Regionalverkehr wünschte. Letzteres löst allerdings nicht die Kapazitätsprobleme im Knoten Spandau und bringt auch nicht die gewünschte Erschließung durch die angedachten S-Bahnhöfe. Insofern ist für Berlin nur die S-Bahn-Verlängerung sinnvoll. Die zu klärende Frage ist, wo die sinnvollste Nahtstelle zwischen S-Bahn und Regionalverkehr liegt.

Mit der Minimallösung bis Albrechtshof ergeben sich für den Regionalverkehr keine Verbesserungen. Erst eine S-Bahn nach Falkensee sorgt für Beschleunigung durch die Übernahme der Halte Albrechtshof und Seegefeld. Weiter nach Finkenkrug ermöglicht einen Zwischenhalt an der Falkenseer Rosenstraße, und das Express-S-Bahn-Konzept nach Nauen spart die Regionalbahn komplett ein und ermöglicht eine Unabhängigkeit vom Fernverkehr, verlängert allerdings auch die Fahrzeit und füllt so den langlaufenden RE nach Wittenberge und Wismar. Die sinnvollste Lösung dürfte in der Mitte liegen – mit einer Kombination aus S-Bahn-Verlängerung (bis Falkensee oder Finkenkrug) und drittem (und viertem) Gleis für den Regionalverkehr dahinter, um fliegende Überholungen durch den Fernverkehr zu ermöglichen. Die Entscheidung dazu sollte nach der Vertiefung der Korridoruntersuchung allerdings schnell fallen, um die nun schon jahrzehntelange Blockade zu lösen.

Kremmener Bahn

Die Kremmener Bahn ist ein weiteres Beispiel für fehlende Entscheidungsfreude und knapp zwei Dekaden des Stillstands. 1995 notdürftig repariert und bis Tegel in Betrieb genommen, wartet die Strecke seither auf den versprochenen zweigleisigen Ausbau. Zankapfel ist die Frage, wie der RE 6 nach Berlin geführt werden soll. Mischbetrieb, eigenes Gleis oder weiterhin „außenrum“? Doch diese Frage muss unabhängig von der S-Bahn und deren Wiederinbetriebnahme nach Velten geklärt werden! Das zweite Gleis nach Tegel, die Umklappung von Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik zum U-Bahnhof hin, der Neubau des Haltes Borsigwalde an der Holzhauser Straße und der Durchstich mit neuem Nordzugang in Alt-Reinickendorf sind lange überfällig. Eine Herausforderung wird die Beseitigung des Bahnübergangs an der Gorkistraße in Tegel, als letzte niveaugleiche Querung der Kremmener Bahn auf Berliner Gebiet.

Mit der Verlängerung nach Velten besteht auch die Chance, Hennigsdorf Nord durch einen neuen Haltepunkt auf Höhe des Fußgängertunnels besser zu erschließen. Im weiteren Verlauf ist die Kremmener Bahn ein Musterbeispiel für die Kahlschlagsanierung einer Strecke auf eine, für den Regelbetrieb, minimal notwendige Infrastruktur. So besitzt der Bahnhof Kremmen nur noch genau eine Weiche und ein Stumpfgleis für die hier endende RB 55. Verspätungen lassen sich kaum ausgleichen. Daher ist ein Mischbetrieb mit der S-Bahn auch nach dem notwendigen Ausbau der Infrastruktur angesichts der langen eingleisigen Abschnitte wenig ratsam.

Ostbahn

Geforderte Infrastruktur

Neue Regionalbahnhöfe

Neue S-Bahnhöfe

Strecken-Verlängerungen

Eine Sonderstellung nimmt die Strecke nach Strausberg ein. Bereits heute wäre der 10-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit nicht nur bis Hoppegarten, sondern bis Fredersdorf notwendig, doch ein durchgehend zweigleisiger Ausbau ist nur schwer möglich. Zwar war der Bahndamm einst für vier Gleise ausgelegt, doch lassen die aktuellen Normen keinen so geringen Gleisabstand mehr zu. Eine durchgehende Zweigleisigkeit wäre zwar wünschenswert, ist aber für das Ziel nicht notwendig. Der bisherige Kreuzungsbahnhof Fredersdorf (ca. 500 m zweigleisig) lässt sich bis zur A10 zum 3 km langen Begegnungsabschnitt verlängern, was bereits im 20-Minuten-Takt die Fahrzeit um zwei Minuten verringern würde. Bis Neuenhagen wären es dann nur noch 1,2 km Eingleisigkeit. Neuenhagen bietet ausreichend Platz für einen Kreuzungsbahnhof mit einem zweiten Seitenbahnsteig. Statt einem Kreuzungsbahnhof und anschließend etwa 500 m eingleisig verbleibender Strecke, sollte die Zweigleisigkeit gleich von Hoppegarten bis Neuenhagen verlängert werden, auch wenn dafür die Gleisachsen der Ferngleise leicht verschoben werden müssten.

Für die RB 26 wird ein 30-Minuten-Takt bis Müncheberg angestrebt. Zusammen mit den Güterzügen auf der Strecke sind hierfür ebenfalls Ausbauten sinnvoll. Wie bei der S-Bahn, lässt sich auch auf der Fernbahn recht einfach ein zweites Gleis von der A10-Brücke bis zum Bahnhof Fredersdorf legen. Zwischen Neuenhagen und Birkenstein ist ein etwa 3,5 km langer Begegnungsabschnitt möglich.

Die anderen Radialen

Größter Engpass auf der Görlitzer Bahn ist der Bahnhof Königs Wusterhausen mit seiner Eingleisigkeit im Fernbahnbereich. Dahinter folgen berlinfern die eingleisigen Strecken ab Lübbenau nach Cottbus und Senftenberg. Die S-Bahn hat in Königs Wusterhausen ihren Endpunkt vorerst erreicht und braucht eine passende Infrastruktur für den 10-Minuten-Takt. Langfristig sollte eine Option zur Verlängerung nach Zeesen und Bestensee offengehalten werden.

Planfeststellungsbeschluss lautet das lang ersehnte Zauberwort für die Dresdener Bahn. Völlig unverständlich bleibt allerdings, warum die Berliner Senate angesichts der umfangreichen baulichen Veränderungen auf die Bestellung der gewünschten Halte Kamenzer Damm (S-Bahn) und Buckower Chaussee (Regionalverkehr) bisher verzichtet haben. Diese werden lediglich „nicht verbaut“.

Mit einer Verlängerung der S-Bahn nach Rangsdorf könnte nicht nur der angedachte Halt „Rolls Royce“ inklusive eines großen P+R-Platzes in direkter Nachbarschaft der A10 entstehen, sondern auch der Halt Dahlewitz vom Regionalverkehr übernommen werden, so dass dieser noch etwas beschleunigt wird. Zur Steigerung der betrieblichen Stabilität sollte der Kreuzungsbahnhof Mahlow zum Begegnungsabschnitt ab der Stadtgrenze ausgebaut und die Option einer Querverbindung zum Flughafen BER Berücksichtigung in der Brandenburger Landesplanung finden.

Am Kreuzungspunkt von Dresdener Bahn und Außenring sollte die Errichtung eines Kreuzungsbahnhofs zwischen S-Bahn und Regionalverkehr auf dem Ring geprüft werden. Dieser Halt ermöglicht nicht nur Umstiege von der S 2 zum Flughafen, sondern bindet die Gemeinde Blankenfende-Mahlow auch an die Züge nach Potsdam und künftig Ludwigsfelde an und verkürzt die Zugangswege zur S-Bahn.

Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 8 ist die große Überschrift für die Anhalter Bahn. Mit der Fertigstellung der Neubaustrecke Erfurt—Ebensfeld wird der Fernverkehr angepasst. Im Rahmen der Ertüchtigung weiterer Streckenabschnitte und dem großen Ziel „Deutschlandtakt“ wird es in den nächsten Jahren aber immer wieder Fahrplanänderungen geben, die sich auch gravierend auf den Regionalverkehr auswirken können. Lichterfelde Ost sollte daher vom Haltepunkt zum mehrgleisigen Überholungsbahnhof und die Strecke von Teltow nach Ludwigsfelde 3- bis 4-viergleisig ausgebaut werden. Für die nach Teltow Stadt abknickende S-Bahn ist die Verlängerung nach Stahnsdorf, Sputendorfer Straße mit der Infrastruktur für einen 10-Minuten-Takt weiter zu verfolgen.

Die Wetzlarer Bahn ist eine der wenigen Hauptstrecken ins Umland, auf der keine S-Bahn fährt. Dieses verzweigte sich einst in Wannsee nach Potsdam Stadt und zur Friedhofsbahn nach Stahnsdorf, aber nie in Richtung Drewitz und Rehbrücke oder gar Michendorf. Dabei hätte die Strecke durchaus das Potenzial für eine S-Bahn. Angesichts der geringen Bedeutung im Fernverkehr kann das Angebot auf dieser Strecke allerdings auch im Regionalverkehr verdichtet werden, ohne allzu große Einflüsse von Taktverschiebungen zu befürchten.

Am Gleisdreieck entstanden großzügige Parkflächen auf ehemaligen Bahnanlagen. Teilweise ist diese Nutzung nur temporär. Der Weg hinter der Tunnelausfahrt markiert in etwa den künftigen Verlauf der Stammbahn, die hier ebenfalls ans Tageslicht kommen wird. Die S 21 nutzt den Hügelrest (ehemalige Viaduktstrecke) im Vordergrund, überquert dann die Fernbahngleise und unterquert links die U 2-Brücke. Zugleich verzweigt sich die Strecke niveaufrei auf die Wannseebahn und Dresdener Bahn. Die Bahnhöfe Yorckstraße benötigen zum Erhalt der Leistungsfähigkeit dann zusätzliche Bahnsteigkanten. Foto: Tom Gerlich

Prüfenswert sind Umsteigehalte in Bergholz zum Außenring und an der Nuthestraße zur kreuzenden Straßenbahnstrecke. Beide Halte wären zwar als Umsteigepunkte sinnvoll, besitzen aber durch die fehlende Bebauung kein nennenswertes Einzugsgebiet. Anders wäre dies bei einem zusätzlichen Haltepunkt an der Stahnsdorfer Brücke, der nicht nur Berlin-Steinstücken an den Regionalverkehr anbinden würde, sondern der Universität Potsdam neben Griebnitzsee einen zweiten Zugang verschafft. Mit der geplanten RB 37 zwischen Beelitz Stadt und Rehbrücke, die unbedingt bis Wannsee weiterfahren sollte, muss neben dem Neubau der Umgehungsbahn-Brücke für die direkte Fahrt der RB 33 nach Potsdam auch die fehlende Verbindungskurve zur Umgehungsbahn ergänzt werden, um die Züge direkt in die Hauptstrecke einfädeln und den Halt in Seddin realisieren zu können, statt langsam außenrum durch den Rangierbahnhof zu fahren. Seddin wäre mit der Nähe zur A10 zudem ein möglicher Standort für einen P+R-Parkplatz.

Potsdam und die Stammbahn

Die Zuverlässigkeit der S-Bahn leidet insbesondere am eingleisigen Abschnitt zwischen Griebnitzsee und Wannsee, so dass der geplante Begegnungsabschnitt vor Potsdam Hbf zwar eine Fahrzeitverkürzung bringt und einen Umlauf einspart, aber die Stabilität nicht merkbar verbessern kann. Auf der Strecke sollte das zweite Gleise daher so weit wie möglich wieder aufgebaut werden. Eine Verlängerung über Potsdam Hbf hinaus gestaltet sich aufgrund der nahen Bebauung äußerst problematisch, sollte als langfristige Option aber offen gehalten werden.

Ähnliche Aufgaben wie die S-Bahn, übernehmen heute innerhalb von Potsdam bereits die Regionalbahnlinien RB 20, 21, 22 und 23 – mit dem gravierenden Unterschied, dass jede der Linien nur im Stundentakt verkehrt. Für eine schnellere Zugfolge muss der Signalabstand zwischen Potsdam Hbf und Park Sanssouci verdichtet und die anschließende Verbindungskurve nach Golm zweigleisig ausgebaut werden.

Für die Stammbahn bieten sich verschiedenen Optionen an. Eine Führung über Wannsee ermöglicht dort Anschlüsse zu den Zügen der Wriezener Bahn. Der eingleisige Abschnitt zwischen Wannsee und Zehlendorf ist verschmerzbar, wenn anschließend weitgehend zweigleisig ausgebaut wird. Als Regionalbahnhalte sind Zehlendorf, Steglitz und Schöneberg sinnvoll, wobei sich der Halt in Schöneberg so gestalten ließe, dass die Züge wahlweise auch über die Verbindungskurve auf den Innenring nach Südkreuz abbiegen können. Dies wäre für Störungen und Bauarbeiten sinnvoll.

Der Charme einer Führung über Wannsee besteht darin, dass die Trasse hinter Zehlendorf für die S-Bahn verfügbar ist. Damit könnten die Halte Zehlendorf Süd und Düppel wieder in Betrieb genommen werden. Statt die Autobahn zu überqueren und durch den Wald nach Griebnitzsee zu führen, kann die S-Bahn dort parallel zur Autobahn fahren und mit einem Zwischenhalt am Europarc auf die Friedhofsbahn einschwenken. An der Potsdamer Allee wäre dann der Endpunkt „Kirchhof Stahnsdorf“ erreicht.

Außenring

Der Berliner Außenring ist ein Stück weit kurios. Im Süd-, West- und dünn besiedelten Nordteil fahren Regionalzüge mindestens stündlich – zwischen Golm und Hennigsdorf knapp 38 km ohne Halt. Der östliche Außenring, der durch das Berliner Stadtgebiet führt, ist dagegen teilweise ohne jeglichen Personenverkehr und weist mit Hohenschönhausen nur einen Regionalbahnhalt auf. Ideen für eine „Nahverkehrstangente“ tauchen zwar immer mal wieder, z. B. in Zusammenhang mit der „Tangentialverbindung Ost“, sind aber wenig konkret.

Die marode Sellheimbrücke wird von den Buslinien 150 und 158 befahren. Die Linie 350 könnte hier her verlängert werden. Die Verlängerung der S 75 wurde zwar begonnen, aber Anfang der 90er Jahre abgebrochen. Heute fehlt diese Querverbindung, die mit dem Turmbahnhof Karower Kreuz einen sinnvollen Verknüpfungspunkt hätte. Bis zur Verlängerung der S-Bahn sollte hier schnellstmöglich ein provisorischer Regionalbahnhof für die Linien RB 12 und RB 24 errichtet werden, um den bau- und staugeplagten Nordosten zu entlasten. Foto: Tom Gerlich

Die S 75 endet heute in Wartenberg. Der Weiterbau zur Sellheimbrücke wurde zwar begonnen, aber in den Nachwendewirren wegen des „fehlenden Bedarfs“ abgebrochen. Das rächt sich heute, denn die Querverbindung von Hohenschönhausen nach Karow und Buch ist heute quasi nicht vorhanden und beim Umbau des Karower Kreuzes versackt der Schienenersatzverkehr auf einer der einzigen beiden Straßenverbindungen im Stau. Der Busverkehr zwischen Buch und Blankenburg bricht inzwischen regelmäßig zusammen, so dass die BVG die Linien in Alt-Blankenburg bricht.

Ein weiteres Phantom ist der Turmbahnhof Karower Kreuz, der nach aktuellem Stand nach der Modernisierung der Kreuzungsanlagen realisiert werden soll. Wirklich sinnvoll ist er aber nur, wenn dann auch die Umsteigeverbindung zur S 75 den Zwischenhalten Malchow und Sellheimbrücke realisiert wird. Bis die S-Bahn kommt, muss der Halt an der Sellheimbrücke allerdings schnellstmöglich für die Regionalbahnen der Linien RB 12 und RB 24 umgesetzt werden.

Mit dem „Lückenschluss“ über Karower Kreuz kann die S 75 den Abschnitt nach Birkenwerder von der S 8 übernehmen.

Angesichts der bevorstehenden A 114-Sanierung bietet sich die Inbetriebnahme des bisher nur als Rohbau parallel zur Autobahn liegenden Haltepunktes Bucher Straße an. Die Fläche zwischen Bahntrasse und Autobahn bietet ausreichend Platz für einen P+R-Platz und sichere Radabstellanlagen. Mit letzteren rückt der Halt auch für das naheliegende Französisch Buchholz in Reichweite. Für die einst angedachte und künftig mögliche Bebauung wäre der ÖPNV dann schon da.

Weiter südlich ist es genau andersrum. Zwischen Spree und Grünauer Kreuz durchfahren die Regionalzüge bisher ohne Halt bebautes Gebiet. Auch hier werden Platz und potenzielle Halte für die ominöse Nahverkehrstangente freigehalten, deren Realisierung nicht absehbar ist. Stattdessen sollten nun endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden und das Gebiet vom Regionalverkehr profitieren. Zu prüfen wäre, ob der Halt an der Oberspreestraße (Nähe Bahnhof Spindlersfeld), an der Straßenbahnhaltestelle Ottomar-Geschke-Straße, die schon passend außen liegt, oder am Glienicker Weg am sinnvollsten ist.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 6/2017 (Dezember 2017 / Januar 2018), Seite 7-10