Fahrzeug-Sharing

Hinterm S-Bahn-Ring gehts weiter

Innovative Angebote auch in die Außenbezirke ausdehnen!


Berliner Fahrgastverband IGEB

21. Mär 2018

Hier am S- und U-Bahnhof Pankow weit weg vom S-Bahn-Ring sind die Bordsteige jeden Tag mit weit über tausend privaten Fahrrädern von Pendlern zugestellt. Wenn nur einige von ihnen auf Mieträder umsteigen würden  … Schade, dass es hier keine gibt. Foto: Holger Mertens

Im Jahre 1877 wurde in Berlin der S-Bahn-Ring vollendet, um die damals am Rande der Stadt liegenden Kopfbahnhöfe mit einer Schnellbahn zu verbinden. 150 Jahre später hat die Ringbahn für den Berliner Verkehr noch immer eine große Bedeutung. Sie ist heute kurioserweise aber auch zu einer „beliebten“ Grenze für Tarifregelungen, z. B. das Cityticket, und für Verkehrsangebote geworden, insbesondere beim Bike-, Car- und Ridesharing.

Doch seit dem 19. Jahrhundert ist die Stadt hinter der Ringbahn weiter gewachsen! Es ist deshalb nicht verständlich, warum sinnvolle Angebote, die in anderen Großstädten wie selbstverständlich bis zur Stadtgrenze gelten, in Berlin an der Ringbahn aufhören. Nachfolgend einige Beispiele.

Cityticket der Deutschen Bahn

Viele Leihräder gibt es am Berliner Hauptbahnhof. Leider wird damit nicht immer sehr sorgsam umgegangen. Foto: Florian Müller

„Ticket für Fernverkehrsstrecke kaufen und kostenlos im Nahverkehr weiterfahren“ – so wirbt die Deutsche Bahn für ihre Bahncard. Kurzum: Wer eine DB-Fernverkehrsfahrkarte mit Bahncard kauft, erhält in der Start- und Zielstadt ein „Cityticket“ gratis dazu. Mit diesem Ticket kann der Fahrgast auch Bus und Bahn des Nahverkehrs vom und zum jeweiligen Fernbahnhof nutzen.

In jeder anderen Stadt Deutschlands gilt das Cityticket für das gesamte Stadtgebiet. Ausnahme Berlin. Hier kann der Fahrgast nur das Tarifgebiet A, also das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings, nutzen. Wer nach

ANZEIGE

Steglitz, Köpenick oder Marzahn will, der benötigt ein AB-Ticket, hat also durch das Cityticket keinerlei Vorteil. Wer nach Berlin C will, muss ABC kaufen. Ein Kauf von nur BC würde nicht ausreichen, denn der Fahrgast hätte sonst von der Fahrt des letzten Bahnhofs in A zum ersten Bahnhof in B keine Fahrkarte.

Bikesharing

Geschäftsbereich car2go. Screenshots: Anbieter/OSM
Geschäftsbereich coup. Screenshots: Anbieter/OSM
Geschäftsbereich drive by. Screenshots: Anbieter/OSM
Geschäftsbereich drivenow. Screenshots: Anbieter/OSM
Geschäftsbereich emmy scooter. Screenshots: Anbieter/OSM
Geschäftsbereiche übereinandergelegt. Screenshots: Anbieter/OSM
Geschäftsbereich Allygator. Screenshots: Anbieter/OSM

Leihradanbieter bewerben ihr Angebot als Ergänzung zum ÖPNV, insbesondere zur einfachen Überwindung der sprichwörtlichen letzten Meile. Vor allem zwei große Anbieter buhlen in Berlin um die Kundschaft: Nextbike, mit 1,5 Mio Euro jährlich unterstützt durch den Senat, und Lidl-Bike, das Call-a-Bike-System der Bahn mit Lidl als Werbepartner.

Beide stellen ihren Kunden jeweils über 3000 Räder zur Verfügung – innerhalb des S-Bahn-Rings. Doch da, wo das ÖPNV-Angebot dünner wird, ist das Fahrradangebot nicht verfügbar. Und wer die Räder außerhalb des Ringes abstellt, muss bei Lidl-Bike 5 Euro Aufpreis zahlen. Bei Nextbike werden sogar pauschal 20 Euro zuzüglich 2 Euro je km ab Grenze der Rückgabezone fällig.

Dass Kunden von Nextbike offenbar bereit sind, sogar diese Entgelte zu zahlen oder aber von der Grenze der Rückgabezone nichts wissen, zeigt sich, wenn man sich anschaut, in welchen Gebieten der Stadt außerhalb des Ringes tatsächlich viele Fahrräder abgestellt werden.

Neue asiatische Leihradanbieter wie zum Beispiel „obike“ lassen zwar eine Rückgabe außerhalb des Ringes zu, haben jedoch andere Nachteile – mehr dazu im nachfolgenden Artikel.

Umweltzone

Kurioserweise müssen auch die Autofahrer die Grenze „Berliner S-Bahn-Ring“ beachten. Denn zur Luftreinhaltung hat der Senat das Gebiet innerhalb des Rings zur Umweltzone erklärt. In dieser dürfen nur schadstoffarme Fahrzeuge mit einer grünen Plakette fahren, um die Luftbelastung durch Dieselruß (Feinstaub) und Stickoxide zu reduzieren. Für die anderen gilt innerhalb des Rings ein Verkehrsverbot. Stadtteile mit viel Verkehr und hoher Luftbelastung gibt es allerdings auch außerhalb des S-Bahn-Rings.

Fazit

Aus gutem Grund gibt es kein VBB-Ticket nur für das Tarifgebiet Berlin A. Abgesehen von der zonenunabhängigen Kurzstrecke beinhaltet das kleinste Ticket immer die gesamte Stadt. Das CitiyTicket der DB muss ebenfalls dringend auf das Tarifgebiet B erweitert werden, also für die ganze Stadt gelten.

Wer in Berlin Fahrräder und Autos verleiht, sollte verpflichtet sein, dies in der ganzen Stadt anzubieten. Eine Filetierung sollte nicht erlaubt sein. So dürfen beispielsweise auch Taxifahrer wenig lukrative Fahrten nicht ablehnen, ihr Bedien- und Tarifgebiet ist die ganze Stadt Berlin! Es gilt: Beförderungspflicht nach Tarif.

Die Carsharing-Anbieter wachsen zwar zumindest schon an einigen Stellen etwas über den Ring hinaus, erfüllen aber weiterhin nicht das Versprechen, den ÖPNV sinnvoll zu ergänzen, da sie ausschließlich in Bezirken mit gutem ÖPNV-Angebot zu finden sind.

Zumindest bei den vom Senat geförderten Angeboten Nextbike und Berlkönig muss Berlin auf die Ausweitung der Bediengebiete dringen. Zwar hat Nextbike Angebote außerhalb des S-Bahn-Ringes in Aussicht gestellt, jedoch ist zu erwarten, dass dies auf wenige feste Stationen beschränkt bleiben wird.

ANZEIGE

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 1/2018 (April 2018), Seite 18-19