Fahrplanwechsel Dez 07
Zum Jahresfahrplanwechsel am 9. Dezember 2007 gab es im Berliner Nahverkehrsnetz nur wenige Änderungen. Auch die Fahrpläne wurden zunächst nur an wenigen Stellen geändert. Erst einen Monat später, zum Ende der Weihnachtsferien, erfolgten unerwartet und ohne Information der Fahrgäste wesentliche Änderungen bei den BVG-Busfahrplänen.
4. Apr 2008
Für den Fahrgast ist die Kenntnis der Fahrpläne Voraussetzung dafür, dass er seine Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln planen, die Warte- und Umsteigezeiten minimieren und sein Ziel mit einer kalkulierbaren Fahrzeit erreichen kann. Für die beiden großen Berliner Verkehrsunternehmen S-Bahn GmbH und BVG scheinen Fahrpläne jedoch eher eine unter günstigen Bedingungen erreichbare ungefähre Zielvorgabe zu sein. So sind S?Bahn-Fahrgäste seit dem Sommer 2007 wiederholt durch Zugausfälle, oft durch Personalmangel, und durch Verspätungen sowie mehrere Streiktage gebeutelt worden. Vor allem die S?Bahn-Linie 85 ist in den letzten Monaten so häufig ausgefallen, dass man seine Fahrt besser ohne sie planen sollte.
Die Verspätungen haben seit dem 1. Februar noch zugenommen, weil die modernen Züge der Baureihe 481 statt der möglichen 100 km/h mittlerweile nur noch 80 km/h als Höchstgeschwindigkeit fahren dürfen. Erst wenn die Bremstechnik aufwendig nachgebessert wurde, soll die Beschränkung wieder entfallen.
Nicht besser die BVG: Viele Busfahrgäste merkten erst beim vergeblichen Warten an den Haltestellen, dass sich die 3000 Köpfe zählende BVG-Verwaltung beim Personalbedarf (mal wieder) verrechnet hatte. Es fehlten nun plötzlich Fahrer, weil weder überzählige Verwaltungsmitarbeiter endlich zu Fahrpersonal umgeschult noch neue Mitarbeiter rechtzeitig eingestellt worden waren. Da kann man nur hoffen, dass solche Fehlleistungen durch den seit 1. Januar 2008 geltenden BVG-Verkehrsvertrag zu Sanktionen führen – am besten im Portmonee der BVG-Führungsetagen.
Aber damit nicht genug: Zum 12. Januar 2008, also gerade mal einen Monat nach Inkrafttreten des neuen Jahresfahrplans, änderte die BVG auf über 40 Buslinien den Fahrplan, ohne dies anzukündigen, weder durch einen Pressedienst noch durch eine Information im Internet oder in ihrer Kundenzeitschrift. Später entschuldigte sich die BVG zwar für diese „Nichtinformation“, aber das half weder denen, die nach den Ferien gleich zu spät zur Arbeit oder Schule kamen, noch denen, die sich gerade das neue und nun schon wieder überholte Fahrplanbuch für 5,50 Euro gekauft hatten. Begründet hat die BVG die „notwendigen Fahrplananpassungen“ in einem nachträglich herausgegebenen Faltblatt mit den „neuen Regelungen der Fahrpersonalverordnung“.
Für die IGEB ist das nicht plausibel, weil dann auch andere Verkehrsunternehmen in Deutschland davon betroffen wären. Diese kamen aber ohne überfallartige Fahrplanänderungen aus, weil sie entweder schon rechtzeitig mit dem seit Januar 2007 (!) vorliegenden Gesetzentwurf geplant hatten oder aber den Gesetzestext weniger restriktiv auslegen als der BVG-Personalrat, der offenbar auch eine sofortige Umsetzung durchgesetzt hat – ohne jede Rücksicht auf die Auswirkungen für Fahrpläne und Anschlüsse.
Im Berliner Busliniennetz gab es nach wiederholten Sparrunden mit erheblichen Auswirkungen auf das Linienangebot dieses Mal nur wenige Veränderungen. Wichtigste Maßnahme war die direkte Anbindung des Hauptbahnhofs an den Straßenzug Potsdamer Straße—Hauptstraße—Schloßstraße durch Verlängerung der Metrobuslinie M85 über ihren bisherigen Endpunkt Rathaus Steglitz bis zum Hauptbahnhof. Damit konnte nicht nur die Anbindung des Hauptbahnhofs aus den südwestlichen Berliner Stadtteilen entscheidend verbessert werden, sondern auch die mit Einführung des Metrolinienkonzeptes verloren gegangene direkte Erreichbarkeit der Steglitzer Schloßstraße aus dem Hinterburgdamm endlich wieder hergestellt werden. Beeinträchtigt wird die Erreichbarkeit des Hauptbahnhofs allerdings durch die zeitaufwändige und störanfällige oberirdische Linienführung des M85 durch das Regierungsviertel.
Die bisherigen Verstärkerfahrten des M48 zwischen Rathaus Steglitz und Potsdamer Platz werden durch die Verlängerung des M85 ersetzt. Dies führt aber auch dazu, dass das bisherige Metrolinien-Angebotsversprechen nun auf diesen beiden Linien gebrochen wird: In den Abendstunden werden der südliche und nördliche Abschnitt der Buslinie M48 nur noch im 20-Minuten- Takt bedient und der M85 verkehrt auf dem neuen Abschnitt nördlich von Rathaus Steglitz nicht im Nachtverkehr. Dennoch ist die Verlängerung der Buslinie M85 eine insgesamt sehr positiv zu bewertende Maßnahme und es bleibt zu hoffen, dass für die Fahrgäste auf dem Straßenzug Potsdamer Straße—Schloßstraße künftig wenigstens annähernd ein 5-Minuten-Takt entsteht und die BVG die Pulkbildung von Fahrzeugen mit den daraus resultierenden Taktlücken besser in den Griff bekommt als bisher.
Eine weitere Folge der neuen Hauptbahnhof- Anbindung ist die beschleunigte Führung der Buslinie M41 ab Potsdamer Platz ohne Zwischenhalt durch den Tiergartentunnel zum Hauptbahnhof, weil – wie oben beschrieben – jetzt der M85 das Regierungsviertel erschließt. Doch die derzeitigen Ankunfts- und Abfahrtshaltestellen des M41 am Hauptbahnhof sind wenig weltstädtisch, ja geradezu peinlich und vor allem fahrgastfeindlich. Zwischen parkenden Bussen ist der Wartebereich für die Fahrgäste nur mit Fahrbahnmarkierungen gekennzeichnet, einen Wetterschutz oder sonstige Informationen, die über einen Fahrplanaushang hinausgehen, sucht man vergeblich. Und der Umsteigeweg ist auch viel zu weit.
Die IGEB fordert daher den Senat auf, auf dem nördlichen Bahnhofsvorplatz des Hauptbahnhofs anstelle des geplanten Büroturms einen ÖPNV-Busbahnhof anzulegen. In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal an das Versprechen des Senats erinnert, für größere Buswartehallen am Hauptbahnhof zu sorgen. Anderthalb Jahre nach Eröffnung ist diese Zusage noch immer nicht eingelöst worden!
Die zum Fahrplanwechsel vorgenommene Angebotskürzung auf der Buslinie 240, welche auch im Berufsverkehr nur noch alle 20 Minuten zwischen Hauptbahnhof und Platz der Vereinten Nationen unterwegs ist, kann nur als dreist bezeichnet werden, stellt diese Linie doch den Vorlaufbetrieb für die geplante Straßenbahn-Verbindung der M8 zum Hauptbahnhof dar.
Neu konzipiert wurde die „Eichkamplinie“ 349, die bisher als Ringlinie im Stundentakt vom S?Bahnhof Grunewald über U?Bahnhof Theodor-Heuss-Platz und S?Bahnhof Heerstraße zurück zum S?Bahnhof Grunewald verkehrte. Diese Linie verkehrt jetzt in beiden Richtungen zwischen S?Bahnhof Grunewald und U?Bahnhof Theodor-Heuss-Platz über Messedamm—Masurenallee und berührt nicht mehr den S?Bahnhof Heerstraße. Leider wird auch weiterhin nicht der Kaiserdamm bedient, obwohl hier zahlreiche Geschäfte und z. B. das Postamt liegen. Immerhin wurde der bisherige Stundentakt zu einem 40-Minuten-Takt verdichtet, der allerdings schwer zu merken ist.
Eine wegen des taktischen Umgangs der BVG mit der Liniennummerierung nur für Ortskundige nachvollziehbare Netzänderung wurde in Hohenschönhausen durchgeführt. Die bisherige, nur im Berufsverkehr verkehrende und nur von äußerst wenigen Fahrgästen nachgefragte Buslinie 294 wurde auf ihrer bisherigen Linienführung zwischen Marzahner Straße und Landsberger Allee ersatzlos eingestellt. Die Erschließung des Gewerbegebietes Marzahner Straße erfolgt nunmehr ausschließlich durch die „neue“ Buslinie 294, die mit der alten OL 294 nur die Liniennummer gemeinsam hat und die Verkehrsaufgaben der hier eingestellten bisherigen Buslinie 359 übernimmt. Positiv zu werten ist die erweiterte Linienführung über Gärtner- und Hauptstraße, weil damit das lokale Einkaufszentrum besser angebunden wird. Im Ortsteil Neu-Hohenschönhausen endet die OL 294 dann jedoch an der Straßenbahn- Gleisschleife Falkenberg.
Die bisherige Schleifenfahrt durch die nordöstlichen Wohnquartiere entlang der Egon- Erwin-Kisch- und Ernst-Barlach-Straße wird nunmehr durch die neue Kurzlinie 359 übernommen, deren Endstelle sich ebenfalls an der Gleisschleife Falkenberg befindet. Fraglich ist allerdings der verkehrliche Nutzen dieser Linie, der im Grunde nur im Zubringerverkehr zur Buslinie 197 besteht – leider mit Umsteigezeiten von je einer Viertelstunde. So wird sich die Fahrgastzahl voraussichtlich auf äußerst niedrigem Niveau bewegen. Sehr viel sinnvoller wäre es, anstatt die knappen Ressourcen hier zu vergeuden, einen Fehler des Buslinienkonzeptes von 2005 zu korrigieren und diese Leistungen zur Verlängerung der Buslinie 197 einzusetzen, damit vielen Fahrgästen vermeidbare Umsteigezwänge zum Erreichen des lokalen Einkaufszentrums am Prerower Platz oder des Barnim-Gymnasiums erspart bleiben.
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 1/2008 (Februar/März 2008), Seite 8-9