Verkehrsrecht & Tarife
Ein Fall aus der Schlichtungsstelle Mobilität: Weil eine Zugbegleiterin den Tarif falsch auslegte, musste ein Fahrgast draufzahlen...unberechtigterweise!
4. Apr 2008
Seit mehr als drei Jahren unterstützt die Schlichtungsstelle Mobilität Kunden im öffentlichen Fernverkehr, wenn das Beschwerdeverfahren eines Verkehrsunternehmens unbefriedigend verläuft. Bei mehr als 8 000 Beschwerden konnte die Schlichtungsstelle Mobilität bisher kompetente Hilfestellung bieten. Das erfolgreiche Projekt ist nun nach seiner Pilotprojektphase für zwei Jahre verlängert worden. Weiterhin finanziert das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die neutrale Institution.
Für dieses SIGNAL haben wir einen Fall aus dem Fernverkehr mit Auslandsberührung ausgewählt: Der Beschwerdeführer kaufte einen Fahrausweis Wasserbillig—Flensburg und trat seine Reise am 3. Februar 2005 an. Seine Fahrt unterbrach der Beschwerdeführer in Bonn und setzte sie nach zwei Wochen fort. Auf dem letzten Abschnitt der Reise, im EC zwischen Hamburg und Flensburg, akzeptierte die Zugbegleiterin den Fahrausweis des Beschwerdeführers nicht und verlangte rund 17 Euro zusätzlich.
Die Zugbegleiterin erklärte, dass die Fahrkarte ungültig sei, weil die Fahrt nach den Beförderungsbestimmungen der Deutschen Bahn innerhalb von zwei Tagen nach Fahrantritt durchgeführt werden müsse. Der Fahrschein sei – durch die mehrtägige Fahrtunterbrechung in Bonn – ungültig und der Beschwerdeführer müsse deshalb für den Streckenabschnitt Hamburg—Flensburg den Normaltarif unter Berücksichtigung seiner BahnCard 50 bezahlen. Den Fahrschein Wasserbillig—Flensburg zog sie ein, durchkreuzte ihn mit dem Kugelschreiber und teilte dem Fahrgast mit, er bekomme ihn nicht wieder. Im Übrigen bekam der Fahrgast für die 17-Euro-Zahlung nicht einmal einen Beleg, da das mobile Gerät Druckschwierigkeiten hatte.
Bei Fahrscheinen mit Auslandsberührung regelte – in der damals noch gültigen Fassung – Artikel 11 § 7 der CIV (Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen) die Geltungsdauer der Fahrausweise und die Fahrtunterbrechung durch die internationalen Tarife. Nach diesen war der durchgehende Fahrschein Wasserbillig— Flensburg zwei Monate gültig und hätte auch die Fahrtunterbrechung in Bonn zugelassen.
Der Fahrgast war also in der misslichen Lage, für eine Fahrt bezahlt zu haben, für die er bereits einen gültigen Fahrschein hatte, und darüber hinaus weder den Fahrschein noch einen Beleg über die Zahlung vorlegen zu können. Er hat sich im Folgenden mehrfach bei der DB AG beschwert, aber keine ihn zufrieden stellende Antwort erhalten.
In diesem Fall haben wir daher vorgeschlagen, dass dem Fahrgast die zu viel gezahlten 17 Euro erstattet werden und er zudem (aus Kulanz) einen Verzehrgutschein erhält. Die DB AG stimmte zu und der Fahrgast erhielt einen Reisegutschein im Wert von 30 Euro.
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Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD
aus SIGNAL 1/2008 (Februar/März 2008), Seite 22