Hessen

Einigung bei der Anbindung von Darmstadt an den ICE

Die Konsens-Trasse kommt...


Pro Bahn & Bus im DBV

15. Apr 2007

Darmstadt Hauptbahnhof. Seit Jahren wird viel Geld für die Aufwertung des Bahnhofs und des Umfelds eingesetzt. Nun wird die Stadt für ihr Engagement belohnt: Die neue Hochgeschwindigkeitstrasse Frankfurt—Mannheim wird nicht mitten durch Darmstadt führen, aber der Hauptbahnhof erhält ein Verbindungsgleis zur Neubaustrecke. Foto: Pro Bahn & Bus

In einem Spitzengespräch am 29. Januar und in nachfolgenden Detailverhandlungen haben sich das Land Hessen, die Stadt Darmstadt und die südhessischen Landkreise mit der Deutschen Bahn AG auf einen Konsens zur Anbindung von Stadt und Region an das ICE-Netz geeinigt. Kern der so genannten Konsens-Trasse ist die Einbindung des Darmstädter Hauptbahnhofs in die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke Rhein/Main—Rhein/ Neckar, verkündeten im Rahmen einer Pressekonferenz der Hessischen Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Dr. Alois Rhiel, der Darmstädter Oberbürgermeister Walter Hoffmann, der Landrat des Landkreises Darmstadt-Dieburg Alfred Jakoubek und Bahnchef Hartmut Mehdorn.

Darmstadt wird demnach über zwei Verbindungsstrecken zum Hauptbahnhof an das Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn angeschlossen. Mit der Einbindung des Hauptbahnhofs ist mindestens ein ICE-Halt pro Stunde und Richtung möglich. Ergänzend besteht die Möglichkeit einer Direktverbindung vom Darmstädter Hauptbahnhof zum Flughafen Frankfurt.

Hauptvorteil der Konsens-Trasse gegenüber der Variante V des Raumordnungsverfahrens, die ausschließlich eine zweigleisige Führung durch den Darmstädter Hauptbahnhof vorsah und vom Landkreis Darmstadt- Dieburg favorisiert wurde, ist eine geringere Beeinträchtigung des Stadtgebiets.

Zwei eingleisige Verbindungsstrecken für den Nah- und Fernverkehr

Die Konsens-Trasse umfasst konkret sowohl eine eingleisige Strecke zur Anbindung des Darmstädter Hauptbahnhofs als auch eine durchgehende, parallel zu den Autobahnen A 5 und A 67 geführte zweigleisige Hochgeschwindigkeitsstrecke, welche die Stadt erheblich entlasten soll. Im Norden Darmstadts kann im Wesentlichen die vorhandene Infrastruktur für den Anbindungsast genutzt und auf Ingenieurbauwerke verzichtet werden. Die rund 75 Kilometer lange durchgehende Neubaustrecke zwischen Frankfurt am Main und Mannheim wird für Tempo 300 ausgelegt und soll die bestehenden Engpässe auf den vorhandenen Strecken, insbesondere der hoch belasteten Riedbahn und der Main-Neckar-Bahn, beseitigen.

Mit der Realisierung der Neubaustrecke ergeben sich auch Potenziale für die Weiterentwicklung des Nahverkehrs in der Region und positive Effekte für die steigende Nachfrage im Schienengüterverkehr. Im Güterverkehr gilt die Strecke als Teil einer westeuropäischen Ferngüterstrecke, deren weitere Bestandteile unter anderem die Betuwe-Linie als Verbindung zu wichtigen niederländischen Nordseehäfen und der Lötschberg-Basistunnel sind.

Hinsichtlich des Nahverkehrs war auf der Pressekonferenz insbesondere von einer Direktverbindung Darmstadt—Frankfurt Flughafen die Rede. Durch die schnelle Umfahrung entlang der Autobahnen können nach Meinung von Bahnchef Mehdorn aber auch die prognostizierten Mehrverkehre im Fernverkehr besser aufgenommen und deutlich kürzere Fahrzeiten auf zahlreichen Relationen angeboten werden.

Die Quantität der Anbindung Darmstadts war aber offensichtlich nicht zentraler Gegenstand der Konsensverhandlungen Während Minister Alois Riehl von einem stündlichen ICE-Angebot ausgeht, bat Bahnchef Hartmut Mehdorn um Verständnis, dass heute noch keine Aussagen über Fernverkehrsangebote des Jahres 2014 möglich seien. Gleichwohl betonte er den Erfolg der Regionalhaltepunkte Limburg-Süd und Montabaur und verwies auf die Konzeption der Neubaustrecke Nürnberg—Ingolstadt, bei welcher der Regionalverkehr ebenfalls von Anfang an berücksichtigt wurde.

Pro Bahn & Bus, Hessischer Bahnkunden- Verband im DBV, sieht in der Konsenstrasse – in der Vergangenheit auch als Bypasslösung bezeichnet – erhebliche Vorteile. Allerdings empfiehlt unser Verband, auf die Leistungsfähigkeit der zu bauenden Infrastruktur zu achten. So müssen beispielsweise in Darmstadt mindestens vier Bahnsteigkanten ICE-gerecht geplant werden, damit sinnvolle Fahrplankonzepte umzusetzen sind. Auch muss die angestrebte und prinzipiell zu begrüßende Nutzung der Infrastruktur im Norden der Stadt mit einer Leistungssteigerung derselben einhergehen, damit fernverkehrstaugliche Geschwindigkeiten möglich werden.

Realisierung noch völlig offen

Die Deutsche Bahn hält einen Baubeginn 2010 und eine Inbetriebnahme 2014 für realistisch. Allerdings rangiere die Strecke bei den Förderprojekten des Bundes noch weit hinten. Eine Kostenschätzung mochte Mehdorn vor dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens nicht abgeben. Die Mehrkosten für die Konsenstrasse sollen der Bund und die Deutsche Bahn übernehmen. Das Land und die Region müssten dafür nicht aufkommen.

Darmstadt-Dieburgs Landrat Alfred Jakoubek ging kurz auf weitere Bahnprojekte der Region ein und nannte den Vollausbau der S 7 Riedstadt—Frankfurt mit dem 15-Minuten- Takt zwischen Groß Gerau und Frankfurt sowie die Linie Darmstadt—Mannheim als vordringliche Ziele.

Pro Bahn & Bus im DBV

aus SIGNAL 2/2007 (April/Mai 2007), Seite 23