BBI-Anbindung (Teil 5)

IGEB-Konzept für Flughafen-Express bis zur Fertigstellung der Dresdener Bahn

Für einen 20-Minuten-Takt sollte die Genshagener Nordostkurve gebaut werden...


Berliner Fahrgastverband IGEB

1. Sep 2008

„Taktlos“, „Einfach nur peinlich“, „Ziemlich dreist“. Die Kommentare der Berliner und brandenburger Presse über die Pressekonferenz von Verkehrsminister Reinhold Dellmann waren einheitlich vernichtend. Was war geschehen?

Dellmann-Konzept für 2011: oranger Strich = stündlich ein Regionalzug, grüner Strich = alle 20 Minuten eine S-Bahn, gestrichelt = zusätzlicher stündlicher FEX für 20-Minuten-Takt gem. Forderung von Wowereit und Flughafengesellschaft. Grafik: Holger Mertens

Der Minister hatte das Bahnkonzept vorgestellt, das zur für 2011 geplanten BBI-Eröffnung gefahren werden soll (siehe Grafik). Es ist ein Notkonzept, weil 2011 weder die Dresdener Bahn zwischen Berlin Südkreuz und Berliner Außenring noch die Ostanbindung vom neuen Flughafenbahnhof „BBI Terminal“ zur Görlitzer Bahn zur Verfügung stehen werden.

Dellmanns Präsentation verdient durchaus Respekt. Bereits Weihnachten 2007 hatte sich der Minister zum Verkünder unbequemer Wahrheiten gemacht, als er als Erster offiziell eingestand, dass die Dresdener Bahn erheblich später fertig wird.

Kritisiert wurde Dellmann auch nicht für seine Präsentation, sondern für das Schönreden einer schlechten Schienenanbindung und für seinen Fatalismus. Ein Flughafen-Express (FEX) im 30-Minuten-Takt und eine S-Bahn im 10-Minuten-Takt, beide direkt ab BBI Terminal, seien doch ein gutes Angebot und im Übrigen auch deshalb ausreichend, weil der Anteil der Schiene bei Fluggästen, Beschäftigten und Flughafenbesuchern zunächst ohnehin nur bei 25 Prozent liegen werde – wegen der guten Straßenanbindung.

Das war ein Schlag gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der gerade für den FEX einen 20-Minuten-Takt bereits ab 2011 gefordert hatte, und einer gegen die Flughafengesellschaft, die einen Schienenanteil von 40 bis 50 Prozent anstrebt, was auch Grundlage für alle Planfeststellungsverfahren war.

Warum tat Minister Dellmann das? Ihn treibt die berechtigte Sorge um, dass der FEX Trassen belegt und Finanzen bindet – mit negativen Auswirkungen auf das reguläre SPNV-Angebot Brandenburgs.

Die Idee vom eigenwirtschaftlichen FEX mit einem Fahrpreis um 10 Euro ist selbst bei einer künftig geradlinigen Fahrt im 15-Minuten-Takt über die Dresdener Bahn unrealistisch und bei der zunächst erforderlichen Umwegfahrt im 30-Minten-Takt über die Anhalter Bahn ausgeschlossen. Der FEX muss also von Berlin und Brandenburg bestellt und zum VBB-Tarif gefahren werden. Ein 20-Minuten-Takt ist hierbei natürlich teurer, als ein 30-Minuten-Takt.

Außerdem hätte die Taktverdichtung Auswirkungen auf das RE-Angebot. Weil die Streckenkapazität nicht reicht, müsste der RE 3 weichen, der vom Berliner Hauptbahnhof über Anhalter Bahn, Außenring und Dresdener Bahn nach Elsterwerda fährt. Die RE-Verbindungen aus allen Teilen Brandenburgs auf möglichst kurzem Weg nach Berlin haben für das Land jedoch einen verkehrs- und wirtschaftspolitisch hohen Stellenwert. Das zeigt sich auch an der brandenburgischen Ablehnung der Berliner Planung, den RE 2 von Cottbus künftig nicht mehr über Karlshorst auf die Berliner Stadtbahn, sondern über BBI Terminal in den Tiergartentunnel zu führen.

Die IGEB-Position

Der Berliner Fahrgastverband IGEB teilt die Auffassung Wowereits und der Flughafengesellschaft, dass ein fahrgastfreundlicher FEX mindestens im 20-Minuten-Takt verkehren muss. Für die Fahrt ins Berliner Zentrum ist die S-Bahn mit der falsch trassierten Neubaustrecke und dem Umweg über Schöneweide— Treptower Park keine Alternative. Unterstützung verdient aber auch die Dellmann-Position, dass der FEX keine anderen Linien verdrängen darf.

Das in SIGNAL 5/2007 vorgestellte IGEBKonzept basiert im Wesentlichen darauf, dass ohne nennenswerten Infrastrukturausbau vorhandene und geplante SPNV-Angebote so verknüpft werden, dass der Flughafen- Express kein isolierter Pendelverkehr Berlin Hbf—BBI Terminal ist, sondern durch Integration in das Regionalverkehrsnetz vielen Brandenburgern Direktverbindungen zum BBI bietet und für Berlin das Defizit der unzureichenden Nord-Süd-Anbindung des Hauptbahnhofs in überschaubarer Zeit beseitigt.

Dieses Konzept hält die IGEB unverändert für das fahrgastfreundlichste, doch es setzt die Fertigstellung der Dresdener Bahn voraus. Da immer deutlicher wird, dass diese für viele Jahre noch nicht zur Verfügung stehen wird, muss der FEX entsprechend lange über die Anhalter Bahn verkehren. Damit das im 20-Minuten-Takt, aber ohne Verdrängung anderer Züge möglich ist, muss eine neue Verbindungskurve zwischen Anhalter Bahn und Berliner Außenring gebaut werden.

Genshagener Nordostkurve

Um die Leistungsfähigkeit der Verbindungskurve bei Genshagen zu erhöhen, schlägt die IGEB vor, hier zusätzlich für den Flughafen- Express eine kurze

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Nordostkurve eingleisig neu zu bauen. Die ca. 1,5 km lange Kurve inklusive der entsprechenden Weichenverbindungen und signaltechnischen Anpassungen erfordert eine Investition von 25 bis 50 Millionen Euro. Die Fahrstrecke verkürzt sich um ca. 4,5 km und kann zudem schneller befahren werden (120 km/h), so dass Betriebskosten gespart und die Fahrzeit des FEX unter eine halbe Stunde gesenkt werden können.

Zusätzlich muss in die Zugsicherungstechnik auf dem zweigleisigen Außenringabschnitt Genshagener Heide—Glasower Damm investiert werden, um die Trassenkapazität zu erhöhen.

Der Bund hat diesen Ausbau bisher strikt abgelehnt, da es eine „verlorene Investition“ sei, denn wenn die Dresdener Bahn fertig sei, werde diese Kurve nicht mehr benötigt. Dem ist entgegenzuhalten, dass zum einen noch nicht absehbar ist, wann die Dresdener Bahn zur Verfügung steht und zum anderen viel eher von einer verlorenen Investition gesprochen werden muss, wenn eine 636-Millionen-Euro-Investition über Jahre nicht annähernd ausgelastet werden kann.

Sollte sich der Bund dennoch verweigern, sollten die Länder Berlin und Brandenburg diese Verbindung finanzieren, denn zum einen sparen sie durch die Streckenverkürzung Bestellkosten und zum anderen fördern sie die Entwicklung des Großprojektes BBI, das immerhin über 2 Milliarden Euro kostet und viele tausend Arbeitsplätze sichern soll. Vor diesem Hintergrund und angesichts der hohen Ausgaben für die Straßenanbindungen scheinen die Kosten für die Nordostkurve bei Genshagen vertretbar.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 4/2008 (September 2008), Seite 5