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Behindertenbeauftragte von Städten oder Landkreisen sind häufig zu starken Regelungen unterworfen. Da können neutrale Einrichtungen helfen...
15. Dez 2008
Behindertenbeauftragte von Städten oder Landkreisen können oft nicht nach rein behindertenorientierten Gesichtspunkten entscheiden, da sie in die Behörden und deren Zwänge eingebunden sind und diesen unterliegen. Für die wirklich neutrale und ganzheitliche Betrachtung von Behindertenbelangen bedarf es Beauftragter aus privaten und neutralen Einrichtungen.
Aufgrund der Vielschichtigkeit der Behindertenarbeit und der ganz unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Gruppen innerhalb der Behinderten sollten neben einzelnen spezifischen Behindertenorganisationen wie zum Beispiel für Rollstuhlfahrer oder Blinde auch Vertreter übergeordneter Organisationen gehört werden. Nur so ist sichergestellt, dass bei öffentlichen Projekten nicht nur eine Sicht der Dinge berücksichtigt wird, sondern auch die
Anforderungen einzelner Behindertengruppen berücksichtigt werden.
„Wenn es zum Beispiel um die Errichtung eines Haltepunktes für die Eisenbahn geht, bedarf es eines geeigneten Aufzugs, man muss Platz für eine Hebebühne für den Zugeinstieg vorhalten, Blinde benötigen ein haptisches Leitsystem zur Wegführung und anderes mehr. Hier überschneiden sich auch oft die Interessen von älteren Bahnreisenden mit denen von behinderten Mitfahrern“, erklärt Reinhard Porzelt, Behindertenbeauftragter des Deutschen Bahnkunden- Verbands.
Leider zeigt sich in der Praxis noch allzu oft, dass die Meinungen der Behindertenvertreter zu wenig oder gar nicht eingeholt werden. So wurde im Rahmen der mündlichen Erörterung eines Planfeststellungsverfahrens zum Projekt Deutsche Einheit Bauabschnitt 17 in Erlangen der Behindertenbeauftragte eines Fahrgastverbandes gar nicht eingeladen. In Augsburg sollte der Behindertenbeiratsvorsitzende neben dem Blindenbund auch die Organisation „Pro Retina Deutschland“ einbeziehen.
Hier müssen manche Behindertenorganisationen allerdings auch Selbstkritik üben, denn nicht immer sind diese offen für die Meinung anderer Behindertengruppenvertreter oder von neutralen Instanzen. Im Sinne der Gleichberechtigung sollten bei Anhörungen auch mehr als nur ein oder zwei Vertreter geladen werden, um ein möglichst komplettes und facettenreiches Gesamtbild zu erhalten.
Eine weitere Forderung des DBV ist die vollständige Einsichtnahme der Unterlagen für Planfeststellungsverfahren im Internet. Dies würde nicht nur behinderten Menschen die Beteiligung an Planungen erleichtern, sondern auch zur Transparenz der Verfahren beitragen und für alle den Aufwand der Einsichtnahme deutlich reduzieren. Gute Beispiele für eine Öffentlichkeitsbeteiligung per Internet gibt es aus der kommunalen Bauleitplanung.
Deutscher Bahnkunden-Verband
aus SIGNAL 6/2008 (Dezember 2008/Januar 2009), Seite 23