Die S-Bahn macht Ferien
Bereits anderthalb Wochen vor Schulferienbeginn setzte die S-Bahn Berlin einen „Ferienfahrplan mit teilweise reduziertem Angebot“ in Kraft. Was sich nach der üblichen und im Kursbuch angekündigten Ausdünnung anhörte, geht aber dieses Mal weit darüber hinaus.
15. Aug 2007
So wurde die S 46 auf dem Südring ab ca. 20.30 Uhr von Westend nach Tempelhof zurückgezogen und bei der S 5 auf der Stadtbahn endet ab 18 Uhr jeder zweite Zug bereits in Warschauer Straße statt in Charlottenburg. Die S 85 fährt am Wochenende überhaupt nicht mehr (siehe Plakat der S-Bahn, rechts).
Diesen kräftigen Einschnitten ging eine lange personelle und organisatorische Umstrukturierung im Hause der S-Bahn Berlin GmbH und ihres Mutterkonzerns Deutsche Bahn AG voraus. Um mehr Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen und den Betrieb kostengünstiger zu gestalten, wurden für Ende Mai 2007 neue Dienstpläne für die Triebfahrzeugführer (Tf) der S-Bahn vereinbart. Grundlage sind die Dienstpläne, wie sie auch bei DB Regio gelten. Die Dienstpläne erlaubten z. B. mehr Wochenstunden, längere Schichten und für die Tf ungünstigere Schichtlagen sowie längere Fahrten vom Wohnort zum Dienstbeginnbahnhof.
Die neuen Regelungen trafen in der Belegschaft nicht auf ungeteilte Zustimmung. Etwa eine Woche nach Einführung der neuen Pläne stieg die Zahl der Krankmeldungen der Tf heftig an. Die häufigste Diagnose war: Stresssymptome und Müdigkeit. Im Rahmen der Sicherheit im Bahnverkehr ist jeder Tf selbst dafür verantwortlich, dass er sich zu Dienstbeginn in der Lage fühlt, einen Zug sicher zu steuern. Die Tf fühlten sich den neuen anspruchsvolleren Dienstplänen nicht gewachsen. Die Folge waren vermehrte Krankmeldungen und Zugausfälle.
Daraufhin sah sich die S-Bahn-Führung genötigt, die alten Dienstplankonditionen ab 1. Juli zum Teil wieder einzusetzen. Gleichzeitig wurden der Beginn des ausgedünnten Ferienfahrplans vorgezogen und weitere Kürzungen im Fahrplan durchgesetzt. Offiziell verkündete die S-Bahn-Führung, damit einen stabilen Fahrplan anbieten zu können, ohne kurzfristig weitere Züge ausfallen lassen zu müssen.
Sehr verwunderlich ist allerdings die Aussage der S-Bahn, dass der reduzierte Fahrplan nicht nur für die ganzen Sommerferien, sondern eventuell sogar bis Dezember gelten solle. Die müden Tf sollten sich nach spätestens einer Woche soweit erholt haben, dass sie wieder für den neuen (also alten, weniger anspruchsvollen) Dienstplan zur Verfügung stehen. Somit ist die Unbefristung des Ferienfahrplans unverständlich.
Will die S-Bahn GmbH Verkehrsspitzen abbauen und damit langfristig teures Personal und Fahrzeuge reduzieren? Nimmt die S-Bahn mögliche Abzüge bei den Bestellerzahlungen der Länder in Kauf? Im Gegensatz dazu hatte sie im letzten Jahr ihr Fahr-Anbebot verbessert.
Im Jahr 2006 fuhr die S-Bahn zur Fußballweltmeisterschaft im Frühjahr einen einmonatigen 24-Stunden-Betrieb, um auf die vereinbarten Zugkilometer zu kommen, die im restlichen Jahr vor allem durch zahlreiche Baustellen nicht erreicht werden konnten. Im Oktober 2006 verbesserte die S-Bahn ihr Angebot auf der S3 und den Ringlinien. Ende Mai 2007 gab es kleine erfreuliche Fahrplanausweitungen auf der S3, S5 und S85. Begründet wurde dies jedes Mal mit gestiegenen Fahrgastzahlen. Reduziert wurde lediglich das Angebot der S8 im Abschnitt auf dem nördlichen Außenring wegen Abbestellung durch das Land Brandenburg.
Nach einer so positiven Entwicklung kamen die jüngsten Einschränkungen umso unerwarteter – ein schwerer Einstand für die neue Geschäftsführung der Berliner S-Bahn. Diese wird sich zu den Schienenverkehrs- Wochen erstmals zum traditionellen Sprechtag für S-Bahn-Fahrgäste am 24. September vorstellen (s. Seite 17).
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
aus SIGNAL 4/2007 (August/September 2007), Seite 10