Verkehrsrecht & Tarife
15. Aug 2007
Im Juli und August gab es an einigen Tagen stundenweise Streiks bei der Deutschen Bahn. Ob die Forderungen der Eisenbahner oder das Verhalten der DB solche Streiks rechtfertigen, will der Deutsche Bahnkunden-Verband nicht beurteilen. Arbeitskampf ist ein fundamentales Recht. Die Verantwortlichen aller Seiten müssen jedoch darauf achten, dass die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und die grundgesetzliche Daseinsvorsorge gewahrt bleiben.
Um die Grundbedürfnisse der Bürger zu sichern, leistet sich Deutschland noch immer das Berufsbeamtentum. Bis zur Bahnreform galt dies auch bei den Lokführern – aus gutem Grund, wie sich jetzt zeigte. Der Arbeitsplatz eines Eisenbahners ist kein Selbstzweck, sondern auch Verpflichtung für das Wohl der Allgemeinheit. Es muss schon noch einen Unterschied geben, ob die Müllabfuhr streikt und der Müll liegen bleibt oder ob Menschen stehen gelassen werden und beispielsweise ihren Arbeitsplatz nicht mehr erreichen. Etwas Fingerspitzengefühl bei der Abwägung der Mittel und der Auswirkungen eines Arbeitskampfes muss der Bahnkunde erwarten dürfen.
Durch die Privatisierung im Bahnverkehr werden künftig immer weniger beamtete und Reserve-Lokführer verfügbar sein. Somit wird der Bund seiner Daseinsvorsorgepflicht nach Artikel 87e des Grundgesetzes nicht mehr nachkommen können. Die Bundesregierung ist demnach gefordert, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die bei Streiks, welche nach Aussage von Juristen nicht als „höhere Gewalt“ einzustufen sind, die Grundversorgung sichern. Auch die Länder und deren SPNV-Aufgabenträger sind hier gefordert, notfalls Schienenersatzverkehr sicherzustellen. Außerdem sind Streiks in die sogenannte Katastrophenplanung einzubeziehen. Denn für den betroffenen Kunden bricht eine Grundversorgung seines Alltags weg, und dies kann für ihn eine Katastrophe sein.
Deutscher Bahnkunden-Verband
aus SIGNAL 4/2007 (August/September 2007), Seite 24