Fast nur Verlierer

Linientausch auf dem Südring

Die Bauarbeiten am Ostkreuz führen ab August für 5 Jahre zum Verlust der Verbindungskurve von der Stadtbahn zum Südring. Davon betroffen ist lediglich die S 9, doch der Berliner Senat nahm das zum Anlass, auch die Bestellung für S 45 und S 47 zu verändern – zum Nachteil der meisten Fahrgäste.


IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

25. Jun 2009

Wenn ab 31. August die S 9 vom Flughafen Schönefeld kommend ab Ostkreuz nicht mehr auf die Stadtbahn fahren kann, sondern über den Ostring bis Blankenburg (abends bis Greifswalder Straße) geführt wird, muss eigentlich nur beim Verkehrsangebot auf der Stadtbahn reagiert werden. Wie reagiert wird und wie problematisch das veränderte Angebot ist, wird im vorstehenden Artikel zur S 3 ausgeführt.

Fahrgastinformation im Bahnsteigtunnel des Bahnhofs Flughafen Schönefeld. Künftig wirds noch komplizierter: S 45 morgens und nachmittags nach Südkreuz, vormittags und am frühen Abend nach Bundesplatz sowie nach 20 Uhr und am Wochenende gar nicht. Foto: Florian Müller

Der Berliner Senat nahm die Veränderung bei der S 9 aber zum Anlass, auch das Angebot auf dem Südring ab 31. August zu verändern. Die vom Flughafen Schönefeld kommende S 45 wird von Hermannstraße bis Südkreuz bzw. Bundesplatz verlängert. Dafür wird die von Spindlersfeld kommende S 47 bis Hermannstraße zurückgezogen.

Initiiert und begründet hat die Senatskanzlei die Veränderungen mit der besseren Erreichbarkeit des Flughafens Schönefeld. Weil dieser das S 9-Angebot auf die innerstädtische Stadtbahn verliert, sollen zur Kompensation mehr Nord-Süd-Linien mit der S 45 erreichbar sein, um so mit einmaligem Umsteigen auf dem Südring Ziele in der Innenstadt besser zu erreichen. Sicherlich trifft diese Annahme auf einige von Schönefeld kommende Fahrgäste zu, aber die Zahl der negativ betroffenen ist um ein Vielfaches größer.

Senatsargumentation überzeugt nicht

Die Senatsargumentation ist allein schon deswegen nicht überzeugend, weil die Fluggäste ab Schönefeld alle 30 Minuten mit einem Regionalzug (RE 7 oder RB 14) fast alle wichtigen Bahnhöfe auf der Stadtbahn umsteigefrei – und schneller als mit der S-Bahn – erreichen können.

Unlogisch in der Senatsargumentation ist auch, dass die eingeschränkten Betriebszeiten der S 45 unverändert beibehalten werden. Wenn dieses Angebot so wichtig ist, warum fährt die Linie dann auch weiterhin weder am Abend noch am Wochenende?

Außerdem vernachlässigt das Senatskonzept, dass das Zurückziehen der von Spindlersfeld kommenden S 47 sicherlich sehr viel mehr Fahrgästen schadet, als die Verlängerung der S 45 nutzt. Schließlich hatten sich S-Bahn und Senat vor Jahren darauf verständigt, die besser genutzte S 47 weiter auf den Südring zu führen, als die S 45. An der Ausgangslage für diese sachgerechte Entscheidung hat sich nichts geändert. Versuche von Pro Bahn, die Verantwortlichen für dieses Problem zu sensibilisieren, blieben ohne Erfolg.

Trösten können sich die in Spindlersfeld zusteigenden Köpenicker damit, dass die S 47 wenigstens abends und am Wochenende weiterhin bis zum Bahnhof Südkreuz fahren wird. Aber insgesamt wird das Angebot auf dem Südring damit noch unübersichtlicher.

Fahrgastverwirrung ist vorprogrammiert

Für – oft ortsunkundige – Fluggäste bedeutet das Senatskonzept, dass sie ab 31. August in Schönefeld tagsüber in eine S 9 nach Blankenburg und abends nach Greifswalder Straße steigen können. Wollen sie zum Fern-, Regional- und S-Bahnhof Südkreuz, dann können sie morgens mit der S 45 mit Ziel Südkreuz, vormittags mit der S 45 mit Ziel Bundesplatz, mittags/nachmittags mit der S 45 mit Ziel Südkreuz und abends kurzzeitig mit der S 45 mit Ziel Bundesplatz fahren. Danach müssen sie dann die S 9 nehmen und in Schöneweide auf die S 46 mit Ziel Westend oder S 47 mit Ziel Südkreuz umsteigen. Wer das nicht versteht, der wende sich an den Berliner Senat. Die S-Bahn Berlin GmbH jedenfalls ist dafür nicht verantwortlich.

Es kann und muss nachgebessert werden

Für den 31. August ist eine Verbesserung wahrscheinlich zu spät. Weil dieser Zustand ohne Verbindungskurve in Ostkreuz aber bis 2014 anhalten wird, muss spätestens zum Fahrplanwechsel im Dezember 2009 nachgebessert werden. Da die S 45 der Senatskanzlei wichtig ist und sie spätestens mit der für 2011 geplanten Inbetriebnahme des neuen Flughafens Schönefeld ein deutlich höheres Fahrgastaufkommen haben wird, muss sie konsequenterweise kontinuierlich zwischen Schönefeld und Südkreuz verkehren.

Zugleich sollte die S 47 bis Bundesplatz fahren. Lediglich im Berufsverkehr mit seinem 5-Minuten-Takt bei den Ringzügen S41/ S42 könnte das Kehren in Bundesplatz problematisch werden. Doch dann wäre ein Enden der S 47 in Hermannstraße nicht so gravierend, weil durch die dichte Zugfolge ein schnelles Weiterkommen auf dem Südring möglich ist.

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 3/2009 (Juli 2009), Seite 9-10