Stadtbahn Hamburg

Hamburger Senat stoppt Stadtbahnplanung


Christian Hinkelmann, Initiative „Stadtbahn JETZT!“

30. Dez 2010

Zwei Tage nach dem völlig überraschenden Regierungsausstieg der GAL Ende November zeigte Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) sein wahres Gesicht und holte zum Gegenschlag aus: Die Planungen für die Stadtbahn sind ab sofort gestoppt. Die Hamburger Hochbahn hat die Order bekommen, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. Begründung des Bürgermeisters: Sowohl die Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro für ein 28-Kilometer-Netz, als auch die Trassenführung würden so viele Bedenken aufwerfen, dass ein Planungsstopp nötig sei.

Harry Schaub, 1. Vorsitzender der in Gründung befindlichen Volksinitiative „Stadtbahn JA“, hält das für eine windelweiche Ausrede. Für ihn ist der Planungsstopp Teil eines persönlichen Rachefeldzuges gegen die Grünen. Es sei unverantwortlich, wie Ahlhaus die Stadtbahn für

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kleinkarierte Sandkastenspiele missbrauche und dabei das Lebensinteresse von 70 000 Einwohnern in Bramfeld und Steilshoop völlig außer Acht lasse. Es könne nicht sein, dass der Bürgermeister aus verletzter Eitelkeit ein fertig geplantes Verkehrsprojekt kippe, welches er noch vor wenigen Tagen für sinnvoll hielt und dies auch vom Bundesverkehrsministerium bescheinigt bekam.

Schaub wies außerdem darauf hin, dass der seit 40 Jahren versprochene Schienenanschluss für Steilshoop und Bramfeld ausdrücklich ein Projekt aller Parteien gewesen sei. Das durchsichtige Wahlkampfmanöver der CDU werde einen bleibenden Vertrauensschaden zwischen den Bürgern und der CDU hinterlassen.

Tatsächlich hat Ahlhaus mit seinem überstürzten Planungsstopp möglicherweise einen beachtlichen wirtschaftlichen Schaden angerichtet, denn sollte im Zuge des Planungsstopps auch das laufende Planfeststellungsverfahren abgebrochen werden, wäre ein Großteil der bereits in die Stadtbahnplanung geflossenen 10 Millionen Euro verbrannt. Der Grund: Ein Abbruch des Planfeststellungsverfahrens in der aktuellen Anhörungsphase verbietet eine spätere Fortsetzung des Verfahrens. Aus rechtlichen Gründen müsste das gesamte Planfeststellungsverfahren nach dem jetzigen Stopp noch einmal komplett von Beginn an neu aufgerollt werden. Verantwortungsbewusstes und wirtschaftliches Handeln mit Steuergeld sieht anders aus.

Dazu kämen weitere Schäden, deren Ausmaß bislang noch nicht absehbar ist. Nach unbestätigten Informationen würde zum Beispiel die Hochbahn bei einem kompletten Planungsstopp ihre bereits beantragte Konzession für den Stadtbahnbetrieb wieder verlieren bzw. nicht mehr erhalten. Eine neue Beantragung würde aufgrund eines veränderten EU-Rechts nicht mehr ohne Weiteres möglich sein. Außerdem bedeutet die sofortige Auflösung von Planungsaufträgen an Fremdfirmen Schadensersatzforderungen, die heute noch gar nicht zu beziffern sind, aber vom Steuerzahler voll getragen werden müssen.

Ein weiterer Punkt sind die bereits beim Bund vorangemeldeten Fördergelder in fast dreistelliger Millionenhöhe, die nun nicht nach Hamburg gehen, sondern in anderen Großstädten verbaut werden. So wird der gesamte finanzielle und volkswirtschaftliche Schaden für die Stadt am Ende vermutlich höher sein als die Kosten für den Bau der Stadtbahn.

„Mit seiner Entscheidung hat Ahlhaus der Stadt Hamburg ohne Grund immense Schäden zugefügt und auf entlarvende Weise gezeigt, dass ihm persönliche Scharmützel wichtiger sind als Sachpolitik und ein vernünftiger Umgang mit Steuergeld“, so „Stadtbahn JA“-Sprecher Schaub.

Tatsächlich bleibt fraglich, ob sich die CDU mit diesem Wahlkampfmanöver wirklichen einen Gefallen getan hat. Bei den Stadtbahnbefürwortern werden die Christdemokraten jetzt jeglichen Kredit verspielt haben, und auch bei den Gegnern der Stadtbahn dürfte zumindest hängen geblieben sein, dass man dem Bürgermeister und seinen Versprechen von gestern heutzutage lieber nicht mehr trauen sollte.

Die SPD hat nun die einmalige Chance, sich klar dagegen zu positionieren.

Infos: www.stadtbahnjetzt.de

Christian Hinkelmann, Initiative „Stadtbahn JETZT!“

aus SIGNAL 6/2010 (Dezember 2010/Januar 2011), Seite 10