Brandenburg

Empfangsgebäude Strausberg saniert

Nachdem sich die Deutsche Bahn im Land Brandenburg von den meisten Empfangsgebäuden getrennt hat, ist es eine Besonderheit, wenn sie einen solchen Altbau nicht nur besitzt, sondern sogar saniert. In Strausberg konnte das energetisch sanierte Empfangsgebäude des Bahnhofs am 17. November 2010 gerade noch rechtzeitig vor dem Wintereinbruch feierlich eingeweiht werden.


IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

1. Jan 2011

Bahnhof Strausberg, Gleisseite. Durch das Verputzen zu DDR-Zeiten und die jetztige Wärmedämmung ging das historische Erscheinungsbild mit dem Sichtmauerwerk leider verloren. Fotos: Foto: Frank Lammers (20.11.2010)
Bahnhof Strausberg, Gleisseite, als Postkartenmotiv, versendet im Juli 1918. Sammlung Frank Lammers
Bahnhof Strausberg, Stadtseite, nach der Sanierung. Foto: Frank Lammers (20.11.2010)

Während die Bahnsteigüberdachung bereits 1999 erneuert und das Dach des Empfangsgebäudes 2001 neu gedeckt worden war, begannen Ende April 2010 die Bauarbeiten zur energetischen Sanierung des Gebäudes, nach deren Abschluss man nun Energieeinsparungen bis zu 35 Prozent erwartet. Von den Kosten in Höhe von 468 000 Euro wurden 310 000 Euro aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung finanziert. Der Rest waren Eigenmittel von DB Station&Service. Die Fassade wurde mit einem Wärmedämmsystem verkleidet und neu verputzt sowie farblich neu gestaltet, die Kellerdecke wurde unterseitig gedämmt. Das Gebäude erhielt neue Türen und Fenster. Einen sehr gelungenen Eindruck macht die Bahnhofshalle, welche sich noch Anfang 2010 durch Vandalismus in einem beklagenswerten Zustand befand.

Auch die Treppe am Haupteingang wurde erneuert, jedoch musste diese schon kurze Zeit nach der offiziellen Übergabe wegen Baumängeln aus Sicherheitsgründen wieder gesperrt werden. Inzwischen können Fahrgäste die Halle zwar von der Gleisseite betreten, aber leider nur zu für die Fahrgäste nicht nachvollziehbaren Zeiten.

Unverständlich ist, warum der Zugang von der Stadtseite zur Bahnhofshalle und den Gewerberäumen nicht barrierefrei ausgeführt wurde.

Es ist zu hoffen, dass sich bald weitere Mieter für die Räume im Bahnhof finden. Neben drei Gewerbeeinheiten mit Zugang von der Bahnhofshalle

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sind derzeit noch weitere Büroräume im Gebäude zu vermieten.

Zur Geschichte: Im Jahr 1867 wurde die Bahnstrecke der Königlichen Ostbahn zwischen Berlin und Gusow eröffnet, damit entfiel mit dem bereits 1866 fertiggestellten Abschnitt Gusow—Küstrin der Umweg über Frankfurt (Oder) in Richtung Bromberg, Danzig, Königsberg/Preußen und Eydtkuhnen. Während dieser Zeit entstanden zwischen Spree und Oder neben Strausberg auch weitere Zwischenstationen wie Neuenhagen, Dahmsdorf (heute Müncheberg) und Trebnitz. Das Strausberger Bahnhofsgebäude wurde im selben Stil wie das nur zehn Kilometer entfernte Empfangsgebäude von Neuenhagen (der noch erhaltene Teil wurde 2009 abgerissen) errichtet; ebenso entstanden beide als dreiteilige Baukörper. Das Strausberger Empfangsgebäude wirkte aber mit seinen vier Fensterachsen und dem seitlichen Treppenhaus an der Straßenfront sowie der Loggia an der Gleisseite deutlich graziler.

1899 entstand als Reaktion auf Fahrgaststeigerungen nach der Einführung des preiswerten Vororttarifs (1891) und der Eröffnung der Strausberger Eisenbahn (1893) sowie der Bahnstrecke nach Herzfelde (1896) auf der Westseite ein großer traufständiger Anbau für den Wartesaal der 3. Klasse. Hier befindet sich heute der DB-Service-Store, wo neben Fahrkarten auch Artikel des Reisebedarfs angeboten werden. Ein weiterer nur einstöckiger Anbau, welcher sich harmonisch östlich an das alte Empfangsgebäude angliederte, wurde nach 1900 errichtet, hier waren weitere Diensträume untergebracht. Leider wurde dieser im Zuge der Sanierung des Hauptgebäudes 2010 abgerissen.

Den 2. Weltkrieg überstand das Bahnhofsgebäude ohne größere Schäden. Zu DDRZeiten wurde das sichtbare Mauerwerk mit Ausnahme des östlichen Anbaus überputzt, der einheitliche Eindruck des Gebäudes ging durch die Verwendung unterschiedlicher Farben beim Putz aber verloren. Ob anlässlich dieser Arbeiten auch die Schnitzereien in den Giebelbereichen entfernt wurden, ist nicht bekannt.

Auch wenn der einheitliche Eindruck des Gebäudes nach Abschluss der Sanierung durch Verwendung ansprechender Farben wieder hergestellt wurde, so sind durch die großzügige „Verpackung“ wichtige architektonische Gliederungen der Fassade wie beispielsweise die betonten Brüstungsfelder unterhalb der Fenster verloren gegangen und nun nur noch durch farbliche Gestaltung angedeutet. Die umlaufenden Gesimsbänder und die Brüstung der Loggia wurden stark vereinfacht. (fdl)

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 6/2010 (Dezember 2010/Januar 2011), Seite 17