International

Fluggesellschaften drücken sich vor Entschädigungen


Michael Cramer, MdEP Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament

1. Jan 2011

Die europäische Passagierrechtsverordnung (Verordnung (EG) 261/2004) ist seit Februar 2005 in Kraft. Sie schreibt vor, dass Fluggesellschaften ihre Passagiere bei Verspätungen ab drei Stunden oder bei Flugausfällen über

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ihre Rechte gemäß der Verordnung informieren müssen. Den Passagieren müssen bei Verspätungen von mehr als drei Stunden u. a. zwei kostenlose Telefonate sowie Verpflegung während der Wartezeit angeboten werden. Bei größeren Verspätungen oder Flugausfällen sind sogenannte entfernungsabhängige Ausgleichszahlungen an die betroffenen Passagiere zu zahlen. Doch obwohl die besonders auf Druck des Europäischen Parlaments verabschiedete Regelung eindeutig ist, bringen die europäischen Fluggesellschaften ihre Kunden um die festgeschriebenen Rechte.

Allein 2009 sind rund 1.400 Ordnungswidrigkeitsverfahren vom zuständigen Luftfahrtbundesamt eingeleitet worden, wobei jedoch nur ein einziges Bußgeld verhängt wurde. So können die Passagierrechte nicht in der Praxis durchgesetzt werden! Hinzu kommt, dass die Bußgelder nach Auskunft des Bundesverkehrsministeriums durchschnittlich zwischen 2.400 und 3.000 Euro liegen und damit in einer Höhe, die selbst bei Verhängung einer Strafe nicht abschreckend ist.

Auch für Flugreisende muss es – wie bei der Bahn – eine unabhängige Schlichtungsstelle und eine Entschädigungszahlung nicht erst ab drei Stunden Verspätung, sondern – wie bei der Bahn – schon ab einer Stunde geben.

Michael Cramer, MdEP Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament

aus SIGNAL 6/2010 (Dezember 2010/Januar 2011), Seite 21