Aktuell
Lage bei Berliner S-Bahn bleibt angespannt
1. Dez 2011
Eine kleine Anfrage von Claudia Hämmerling im Abgeordnetenhaus von Berlin (vom 9. September 2011) brachte interessante Details zutage. Erstmals wurden die Einzelheiten der Zugstärken zur S-Bahn-Bestellung des laufenden Vertrages veröffentlicht.
Die Angaben haben wir in einer Tabelle zusammengefasst und um das derzeitig gefahrene Angebot zum Vergleich ergänzt. Die Tabelle veranschaulicht, dass bisher bei weitem nicht alle bestellten Leistungen gefahren werden (ganze Zuggruppen entfallen sowie geringere Behängung, auch bei optimalen Wetterbedingungen für die Fahrzeuge). Nicht einmal das realistisch gesteckte Ziel der S-Bahn Berlin GmbH kann sie nicht immer zuverlässig erfüllen. Neben dem Wagenmangel aus technischen Gründen eröffnet sich jetzt der Mangel an Fahrpersonalen. So wurden an mehreren Wochenenden im November und Dezember Linien verkürzt aus „betrieblichen Gründen“, z. B. wurde die S 47 nach Schöneweide zurückgezogen und pendelte nur nach Spindlersfeld – weil kein Triebfahrzeugführer mehr aufzutreiben war. Wegen der November- Erkältungswelle hatten sich mehr Lokführer krankgemeldet als statistisch üblich.
Die S-Bahn bildet zwar neue Lokführer aus, diese Ausbildung ist aber langwierig, braucht also Vorlauf. Die Ausbildung fordert auch einiges von den Interessenten, und nicht alle Ausbildungs-Anfänger bestehen auch die Abschlussprüfung. Die Neuzugänge können kaum die Abgänge auffangen. Hinzu kommt, dass die Stimmung unter den Lokführern der S-Bahn Berlin nicht die beste ist. Bei Neu-Lokführern steht der Einsatz in der Güterverkehrssparte oder im Hochgeschwindigkeitsverkehr an erster Stelle, weniger der stressige Innenstadtverkehr mit Selbstabertigung.
Diesen Personalengpass hat die Führung der DB offenbar nicht rechtzeitig erkannt bzw. nicht rechtzeitig gegengesteuert. Auf dem Weg zum geordneten S-Bahn-Betrieb in Berlin lauern offenbar noch etliche Fallen.
Berliner Fahrgastverband IGEB
aus SIGNAL 5-06/2011 (Dezember 2011), Seite 14-15