Berlin
1. Dez 2011
Mittlerweile pilgern durchschnittlich fast 16 000 Besucher zu den Heimspielen des Fußball-Zweitligisten 1.FC Union Berlin in das Stadion „An der Alten Försterei“ in Berlin-Köpenick. Immer häufiger ist das Stadion mit aktuell rund 18 500 Plätzen restlos ausverkauft.
Da lohnt einmal der Blick zu anderen Vereinen mit ähnlichem Besucheraufkommen und deren ÖPNV-Angebot. In Aachen beispielsweise sind bis zu 40 zusätzliche Busse im Einsatz, in Duisburg gibt es 2 „Sportlinien“ im 10-Minuten-Takt. In Bochum werden die Straßenbahnlinien zwischen Hauptbahnhof und Stadion sowie durch den Einsatz von Doppeltraktionen verstärkt. In Freiburg, wo über 40 Prozent der Besucher mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, werden bis zu 27 zusätzliche Stadtbahnwagen bereitgestellt. Alle diese Vereine haben, wie gesagt, ein ähnliches Zuschaueraufkommen wie Union.
Und wie sieht jetzt das Angebot in Berlin aus? Es gibt KEINE zusätzlichen Züge bei der S-Bahn. Die S 3 fährt wie immer im 10-Minuten-Takt. Es gibt KEINE zusätzlichen Straßenbahnen. Abends kommt es teilweise zu Taktlücken von 16 Minuten in der Hauptlastrichtung Schöneweide. Es gibt KEINE Kapazitätserhöhungen bei den Straßenbahn-Linien in Köpenick. Dieser Zustand ist untragbar!
Unter anderem bei der BVG wird jetzt immer wieder gern argumentiert, dass ein Zusatzverkehr nicht möglich sei, da es ja regelmäßig zu Sperrungen der Polizei wegen Fantrennung usw. komme. Beobachtungen zeigen allerdings, dass solche Sperrungen nur wenige, meist ein oder zwei Spiele pro Saison betreffen. Und diese sind im Normalfall auch im Voraus bekannt. Es bleiben also noch fast 20 weitere Spiele, wo das Leiden der ÖPNV-Nutzer im Wesentlichen nur im völlig unzureichenden Angebot des ÖPNV selbst zu suchen ist.
Selbst die Bundespolizei spricht in ihrer Stellungnahme nur von drei solchen Sicherheitsspielen in der vergangenen Saison. Und bei zwei davon gab es auch nur kurzzeitige Sperrungen für wenige Minuten. Das sollte einem angemessenen ÖPNV-Angebot jedenfalls nicht entgegenstehen.
Unabhängig davon muss immer wieder auch auf unzureichende Infrastruktur im Bereich der Straße „An der Wuhlheide“ hingewiesen werden. Die geplante Endstelle am FEZ ist zumindest ein Anfang, wenn auch nicht direkt für die Stadionerschließung. Aber beispielsweise für FEZ-Besucher mit Kinderwagen, die momentan nach Spielschluss bis zu eine Stunde lang wegen überfüllter Züge nicht in eine Straßenbahn in Richtung Schöneweide einsteigen können. So könnte man zumindest Einsatzwagen direkt ab FEZ anbieten.
Man sollte weiterhin eine Nutzung der Endstelle aus beiden Richtungen und ein langes Kehrgleis für das Bereitstellen mehrerer Züge vorsehen. Eine weitere Kehrmöglichkeit, z. B. ein stumpf zu befahrender Gleiswechsel im Bereich der Haltestelle „Alte Försterei“, wäre ebenfalls eine Möglichkeit für eine Entlastung und eine stabilere Verkehrsabwicklung unabhängig von möglichen Polizeimaßnahmen im Bereich Lindenstraße zu sorgen.
Weitere Stichworte sind ein zusätzlicher Abgang am S-Bahnhof Köpenick bzw. der Bau des Regionalbahnhofs Köpenick. Letzterer würde die S-Bahn entlasten und gleichzeitig die Fantrennung deutlich vereinfachen, wodurch die unglückliche Lösung der Heranführung der Gästefans über den S-Bahnhof Spindlersfeld endlich entfallen könnte.
Der in Kürze startende Neubau der Haupttribüne und die damit verbundene Kapazitätserhöhung des Stadions auf über 21 000 Plätze zeigen die Dringlichkeit der genannten Maßnahmen. Daher sollten sich alle Beteiligten schnellstmöglich an einen Tisch setzen und gemeinsam nach Lösungen suchen – nicht nur zur Wahrung der Sicherheit, sondern auch zur Beseitigung der gravierenden Mängel beim Verkehrsangebot.
IGEB Stadtverkehr
aus SIGNAL 5-06/2011 (Dezember 2011), Seite 31