Brandenburg
1. Dez 2011
Bernau (MOZ) Berufspendler aus Bernau sind derzeit nicht zu beneiden. Am Bahnhof wird gebaut, seit Wochen müssen Reisende mit Einschränkungen leben. Die Sperrung des Bahnsteiges wurde erneut verlängert. Viele Bahnkunden sind genervt.
Dusty Rutenberg muss täglich mit der Bahn von Bernau nach Berlin zur Universität. Die 21-Jährige ist sauer über die endlosen Bauarbeiten bei der Bahn, denn auf dem Rückweg nach Bernau muss sie nun die langsamere S-Bahn nehmen. Doch da auch andere Fahrgäste auf diese Alternative angewiesen sind, sei es in den Wagen der S-Bahn meist brechend voll. „Ab Gesundbrunnen hat man eigentlich gar keine Chance mehr auf einen Sitzplatz“, klagt die Bernauerin.
Noch schlimmer treffe es ihre Schwester, die von Bernau nach Angermünde zur Arbeit muss. „Die muss morgens mit dem Bus nach Biesenthal fahren und dort einsteigen. Das kostet sie eine halbe Stunde Zeit extra.“
Schlecht beziehungsweise gar nicht vorhanden sei auch die Informationspolitik der deutschen Bahn. „Ich habe selbst nur durch eine Freundin mitgekriegt, dass das Gleis immer noch gesperrt ist. Da hing wohl ein kleiner Zettel im Schaukasten“, sagt Dusty Rutenberg. Andere Bahnkunden seien über die provisorische Brücke auf den Bahnsteig geeilt, um dann festzustellen, dass die Züge nicht fahren.
Die schlechte Information kritisierten auch Bahnkunden, die sich an den Berliner Fahrgastverband IGEB gewandt haben. Der Verband konzentriert sich auf fahrgastrelevante Themen mit Berliner Bezug und nimmt für das Wohl der Fahrgäste Einfluss auf die Verkehrspolitik und auf die Verkehrsunternehmen, Infrastrukturbetreiber und andere diesbezügliche Institutionen.
„Ein Bernauer hat vorgeschlagen, die S-Bahn sollen während der Bauzeit alle zehn statt alle 20 Minuten fahren. Doch das geht leider nicht, weil dafür ein Gleis fehlt“, erläutert der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes, Jens Wieseke. Eine weitere Forderung des Kunden jedoch sollte seiner Meinung nach sofort umgesetzt werden. „Er hat angeregt, die S-Bahn solle mit Vollzügen, also mit acht anstatt sechs Wagen zu fahren. Das ist auch etwas, was einfach und schnell umgesetzt werden könnte, um die Situation zu entlasten“, findet der Vertreter des Fahrgastverbandes.
Dass die vorgegebene Bauzeit um zwei Wochen nach hinten verschoben wurde, sei nichts Ungewöhnliches bei der Deutschen Bahn. „Das ist leider eine gute schlechte Tradition der Bahn.“
Auch die Situation für Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen, für die die Behelfsbrücke ein unüberwindbares Hindernis darstellt, sei nicht hinnehmbar. „Die Bahn hat solche Kundengruppen einfach viel zu wenig im Auge“, bedauert Wieseke.
Von der oft mangelnden Absprache mit
anderen Verkehrsbetrieben während Baumaßnahmen
sind die Bernauer auch im
kommenden Jahr betroffen. „Um Ostern herum
wird zum einen der Ostring zwischen
Schönhauser Allee und Treptower Park gebaut
und gleichzeitig die U 2 zwischen Pankow
und Senefelder Platz.“ Auch da werde
es zu chaotischen Situationen kommen, prophezeit
Wieseke.
MOZ vom 9. November 2011
Britta Gallerein
Märkische Oderzeitung
aus SIGNAL 5-06/2011 (Dezember 2011), Seite 35