Brandenburg
Planung der neuen Tramschleife am Bahnhof
17. Aug 2011
Bereits in Signal 3/2010 und 2/2011 stellten wir die Probleme zum Cottbuser Bahnhof und dessen Umfeld vor und bezogen dazu Stellung. Was hat sich seitdem bei der Deutschen Bahn geändert? Wir sprechen jetzt miteinander! Am 1. und 26. Juli fanden erste Gespräche mit u.E. kompetenten Vertretern der DB statt. Die Übernahme unserer Standpunkte durch die DB wurde dabei nicht erreicht, aber das war auch nicht zu erwarten, doch wir bleiben am Ball.
Unsere Hauptforderung – Freigabe des ungenutzten Raumes unter der Bahnhofsbrücke für Tram-Gleise – wurde durch die DB nicht akzeptiert mit der Begründung, dass der Raum für zweite Gleise nach Görlitz und Forst frei gehalten werden muss – obwohl der aktuelle Bundesverkehrswegeplan eine solche Erweiterung nicht vorsieht. Und ob in den Folgeplan die genannten Erweiterungen übernommen werden, steht in den Sternen.
Weil der geplante Einbau von Aufzügen zu den Bahnsteigen wahrscheinlich verbunden ist mit einer 20-prozentigen Verringerung der bisherigen Zugangskapazität zum Bahnsteig 2/3, halten wir den Bau eines zweiten Zugangs zu den Bahnsteigen für notwendig – auch als Ersatz für den bisherigen Spreewaldbahntunnel, der wegen Baufälligkeit geschlossen werden soll.
In Signal 3/2010 schlugen wir vor, diesen Zugang in der Nähe der Bahnhofsbrücke zu errichten, weil von hier aus ein kürzerer Zugang zum ÖPNV gewährleistet und die Cottbuser Innenstadt fußläufig besser erreichbar wäre. Leider mussten wir uns von diesem Vorschlag trennen, denn die für die Züge erforderlichen Durchrutschstrecken hätten so nicht eingehalten werden können. Man hätte eigentlich erwartet, dass dies ein Gegenargument der DB gewesen wäre. Dem ist aber nicht so. Die DB äußerte sich zu unserem Vorschlag gar nicht. Erst von dritter Seite mussten wir dieses Argument entgegen nehmen und wir konnten ihm leider inhaltlich nichts entgegensetzen.
Auch zur Komprimierung des Bahnhofs äußerten wir uns im Heft 3/2010. Über die damaligen Vorstellungen hinausgehend schlagen wir vor, das mittlere der fünf Gleise zwischen den derzeitigen Bahnsteigen 1 und 2 aufzugeben und den frei werdenden Raum als Bahnsteig zu nutzen. Nach Informationen der DB könnte der so entstehende Bahnsteig 5,70 m breit werden. Er wäre damit nur 90 cm schmaler als der Bahnsteig zwischen den derzeitigen Gleisen 2/3. Bei Ausnutzung aller Freiheitsgrade ist ein solcher Bahnsteig – auch mit einem Aufzug – denkbar. Durch Verlängerung des südlichsten Kopfgleises des nördlichen Gleiskörpers bis zum ehemaligen Gleis 7 entstünde das neunte Durchgangsgleis (gegenwärtiger Stand). Als Kopfgleis in Richtung Osten könnte bei Bedarf ein vorhandenes Kopfgleis der Mittelinsel genutzt werden.
Bei Realisierung der vorstehenden Ideen wäre aus DB-Sicht eine Verlängerung des bestehenden Bahnhofstunnels nicht erforderlich, denn der Personenbahnhof würde in nördlicher Richtung mit dem jetzigen Mittelbahnsteig enden.
Bei einer derartigen Komprimierung des Personenbahnhofs würden zusätzliche Gleise für den Güterverkehr (auf dem nördlichen Teil des Bahnhofs) frei werden, dessen herausragende Bedeutung (bis 1990) in Folge der Ölpreissteigerung sowie der europäischen Öffnung in Richtung Osten sich mittelfristig wieder einstellen wird. Dies bestätigte ein Gespräch mit Vertretern des Cottbuser Bahnhofsmanagements.
Es ist zu vermuten, dass die Komprimierung des Bahnhofs, die ja mit einer nicht unerheblichen Verringerung der zu bewirtschaftenden Bahnhofsfläche verbunden ist, auch zu Kostensenkungen im Bereich der Wartung des Bahnhofs führen würde. Vor allem aber würde sie zu einer Erhöhung der Fahrgastzahlen führen, sowohl bei der DB als auch beim ÖPNV. Doch wie reagierte die DB auf unseren Vorschlag?
„Unabhängig hiervon werden für die entfallenden Gleise der Umspanngruppe Ersatzgleise erforderlich. Die notwendigen Nutzlängen sind im Bahnhof Cottbus nicht mehr umsetzbar. Eine technische Umsetzung ist nur durch einen Umbau des gesamten Bahnhofes mit Überplanung der Mittelinsel technisch machbar. Die Erfordernisse sind sowohl wirtschaftlich als auch betrieblich nicht gegeben“, schrieb uns die DB am 9. Mai 2011. Vielleicht sollte sie diese Begründung angesichts der genannten Vorteile nochmals überdenken.
Nachdem die Stadtverwaltung bis Mitte April 2011 die Meinung vertrat, dass die schon im Stadtverordneten-Beschluss vom Juni 2009 festgeschriebene Tram-Bahnhofsschleife nur schwerlich realisierbar wäre, weil mit höheren Tram-Fahrzeiten zu rechnen wäre, veröffentlichte die Lausitzer Rundschau für uns völlig überraschend am 14. Mai 2011 einen konkreten Plan der Stadtverwaltung für eine solche Streckenführung. Wir meinen: Nicht schlecht, aber leider nur die zweitbeste Variante, denn die Lösung ist mit folgenden Kompromissen erkauft:
Nach unseren Schätzungen verbleibt bei einer Erweiterung um ein DB-Gleis ein Freiraum von ca. 15 m. Dies sollte für einen doppelgleisigen Bahnkörper für die Tram und einen Fuß- Rad-Weg eigentlich ausreichen – auch wenn man die DB-Sicherheitsabstände einbezieht.
Die Stadtverwaltung Cottbus scheint die DB-Verweigerung leider kommentarlos zu akzeptieren, was uns völlig unverständlich ist. Schließlich ist die DB ein Staatsunternehmen und sie baut am Cottbuser Bahnhof ausschließlich mit Mitteln des Staates. Die Möglichkeit der Einflussnahme seitens der Stadtpolitik sollte also realistisch sein.
ProTramCottbus
aus SIGNAL 3/2011 (August 2011), Seite 16-17