Planung

Kein Baustopp für den Tiergartentunnel

Das Bundesverwaltungsgericht hat den von einem Naturschutzbund (Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V.) und mehreren Nachbarn (Mietern von Wohnungen im Bereich des Bauvorhabens) gestellten Antrag abgelehnt, für den geplanten Tiergartentunnel einen Baustopp anzuordnen.


Bundesverwaltungsgericht, Pressestelle

1. Dez 1995

Das Bauvorhaben mit der offiziellen Bezeichnung "Verkehrsfiächen im Zentralen Bereich von Berlin" umfaßt u.a. Tunnelbauten für eine Fernbahntrasse, eine Bundesstraße (B 96) und eine U- Bahn (U5), die in Nord-Süd-Richtung den Berliner Tiergarten unterqueren (sog. Tiergartentunnel) und im Bereich des neuen Lehrter Bahnhofs die in West-Ost~Richtung in Hochlage verlaufenden Verkehrslinien der Stadtbahn kreuzen. Die Antragsteller haben gegen den vom Eisenbahn-Bundesamt erlassenen Planfeststellungsbeschluß bei dem insoweit in erster und letzter Instanz zuständigen Bundesverwaltungsgericht Klage erhoben und zugleich in einem Eilverfahren einen Baustopp beantragt. Sie lehnen das Vorhaben als verkehrspolitisch verfehlt und für die Umwelt schädlich ab. Wegen des mit den Tunnelbauten verbundenen Eingriffs in das Grundwasser sehen sie insbesondere den Baumbestand des Tiergartens als bedroht an. Das Bundesverwaltungsgericht hat über den Eiltrag befunden und einen Baustopp abgelehnt; zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Schon seit vielen Monaten finden bauvorbereitende Arbeiten für die Tiergartentunnel statt, so z.B. die Tiefenenttrümmerung im Bereich der Tunneltrasse, hier vor dem verhüllten Reichstag (Juni 1995). Seit Ende November kann nun auch an den Tunnelanlagen selbst gebaut werden, da das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf einen Baustopp abgelehnt hat. Foto: Thomas Billik

Die antragstellenden Nachbam könnten sich zwar gegen den durch das geplante Vorhaben hervorgerufenen Verkehrslärm gerichtlich zur Wege setzen, Etwaige Ansprüche auf verbesserten Lärmschutz könnten das Vorhaben als solches aber nicht verhindem. Denn es sei nichts dafür dargetan, daß eine Planergänzung durch Schallschutzauflagen als Abhilfe nicht ausreichen würde.

Der antragstellende Naturschutzverband könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm sei durch eine Manipulation der Behördenzuständigkeit die Möglichkeit vorenthalten worden, gegen das Vorhaben eine - in Berlin gesetzlich zugelassene - naturschutzrechtliche Verbandsklage zu erheben. Diese Verbandsklage sei nur gegen Berliner Behörden zulässig, nicht aber gegen das Eisenbahn-Bundesamt als Bundesbehörde, gegen Bundesbehörden sei Naturschutzverbänden der Klageweg nur dann eröffnet, wenn deren naturschutzrechtliches Beteiligungsrecht im Planfeststellungsverfahren mißachtet worden sei. Das werde hier nicht geltend gemacht. Die Rüge, das Eisenbahn-Bundesamt habe zu Unrecht die Zuständigkeit für den Tiergartentunnel an sich gezogen, sei unbegründet. Die Planfeststellung für den Bau der B 96 und der U-Bahn wäre zwar an sich in die Zuständigkeit Berliner Behörden gefallen. Diese Zuständigkeiten seien aber kraft Gesetzes auf das Eisenbahn-Bundesamt übergegangen, weil das Schwergewicht des Vorhabens beider Fernbahntrasse liege und im Interesse einer optimalen Planung eine einheitliche Zulassungsentscheidung geboten sei.

Beschluß vom 28. November 1995

Bundesverwaltungsgericht, Pressestelle

aus SIGNAL 8/1995 (Dezember 1995), Seite 10-11