Fernverkehr

Schienenverkehrs-Wochen - Durchbruch beim Honecker-Besuch 1987


Berliner Schienenverkehrs-Verband

1. Jan 1989

Eine Bewertung des derzeitigen Berlin-Verkehrs, die Ziele der Bundesregierung für die Zukunft und eine Stellungnahme zum Empfehlungskatalog der IGEB, das waren die drei Themen, die Herr Wolfgang Hahn, Koordinator für den Berlin- und DDR-Verkehr beim Bundesminister für Verkehr, in seinem Vortrag am 30. September ausführlich behandelte.

Zur Situation heute: Herr Hahn bedauerte, daß der Bus im Berlin-Verehr einen höheren Anteil hat, als die Bahn. Kriterien wie Umweltfreundlichkeit reichten für die Akzeptanz der Bahn eben nicht aus, wenn es an Attraktivität mangele. Zugegebener Maßen erreiche die Bahn im Berlin-Verkehr nicht das Niveau des sonstigen DB-Verkehrs, schon nicht das des IC. Deshalb habe sich die Bundesregierung für eine durchgeifende Verbesserung engagiert. Diese soll mit der Neubaustrecke nach Hannover erreicht werden, auf der auch Neuverkehr für die Bahn durch Umsteiger vom Auto erwartet werde. Immerhin sei diese Schnellbahnverbindung nach Berlin vom Bundestag einstimmig beschlossen worden. Der Durchbruch für die Realisierung sei jedoch beim Besuch Erich Honeckers in Bonn im September 1987 erreicht worden. Bei Sondierungsgesprächen im Frühjahr 1988 habe die DDR dann ihre Präferenz für die Nordtrasse (über Stendal statt Magdeburg bekanntgegeben. Da die Neubaustrecke durch die DDR für beide Seiten Neuland sei, könne sie aber nicht vor Mitte der 90er Jahre fertig werden.

Ziel der Bundesregierung sei nach Fertigstellung der Neubaustrecke ein ICE- Verkehr um Stundentakt mit 200 km/h Reisegeschwindigkeit, so daß Berlin von Hannover aus in zwei Stunden erreichbar werde. Die Magdeburger Trasse solle aber erhalten bleiben, u.a. für Güterverkehr. Neben der Neubaustrecke, die für Bonn Priorität habe, sollen mittel- bis langfristig auch die anderen Strecken nach Berlin ausgebaut werden. Einen "Korridorverkehr" nach Berlin werde es also nicht geben, aber auch keine zweite Neubaustrecke. Schon 1991 solle als Vorstufe zum ICE-Verkehr ein InterRegio Köln/ Berlin (Linie 17) verkehren. Dabei werde geprüft, ob im Berlin-Verkehr ausnahmsweise jeder lR·Zug einen Gepäckwagen erhält. Ab Mitte der 90er Jahre sollten dann alle Strecken nach Berlin den IR-Standard erreicht haben, während die Hannover-Strecke darüber liege. Das Tagesangebot solle aus drei bis vier Zugpaaren über Büchen, acht über Helmstedt und je einem über Ludwigstadt und Hof bestehen. Nachts solle je ein Zugpaar über Helmstedt (Berlin/Köln), über Bebra (Berlin/Karlsruhe) und über Ludwigstadt (Berlin/München) verkehren.

Zum Empfehlungskatalog der IGEB (s. SIGNAL 7/88 äußerte Herr Hahn u.a., daß die Themen Reisegepäckversicherung bei Benutzung des Speisewagens, Zugbegleiter und Verkürzung der Grenzaufenthalte gegenüber der Reichsbahn angesprochen werden sollten. Die Anregungen für Messesonderzüge nach Berlin und für Namen bei den Berlin-Zügen wolle man prüfen. Zum Thema "Rollende Landstraße" nach Berlin hätten DB und DR bereits einen Prüfauftrag. Wegen des unpaarigen Verkehrs sei die Realisierung aber sehr schwierig.

ln der an den Vortrag anschließenden Diskussion erwiderte Herr Hahn auf die Fordenmg, die Neubaustrecke über Wolfsburg zu führen, Niedersachsen habe sich für Braunschweig und gegen Wolfsburg entschieden. Danach richte man sich in Bonn. Zur Forderung, die ICE-Züge in Spandau halten zu lassen, äußerte er, Bonner Ziel sei eine Minimierung der Halte, deshalb werde man eventuell auf Spandau verzichten, denn es gehe um jede Minute.

Übrigens: Herr Hahn war, ebenso wie Herr Garre, mit dem Zug angereist. Dies soll hier erwähnt werden, da es leider keine Selbstverständlichkeit ist, auch nicht für Eisenbahn-Planer in Bonn und Frankfurt.

Berliner Schienenverkehrs-Verband

aus SIGNAL 1/1989 (Januar 1989), Seite 17