Aktuell

Verkehrspolitische Erwartungen der IGEB an den neuen Berliner Senat

Wenn dieses SIGNAL erscheint, hat Berlin bereits ein neues Abgeordnetenhaus gewählt. Die IGEB wird dann der Partei oder den Parteien, die den neuen Senat stellen, dieses Grundsatzpapier zusenden. Die wachsenden Belastungen für die Berliner Bevölkerung durch zunehmenden Auto- und Flugverkehr erfordern u.E. ein grundsätzliches Umdenken zugunsten des Öffentlichen Verkehrs - und natürlich zugunsten von Fußgängern und Fahrradfahrern. Daß durch eine solche Verkehrspolitik sogar Kosteneinsparungen möglich sind und daß der Berliner Senat mit seiner Politik der Freien Fahrt für freie (Auto-) Bürger auch im europäischen Maßstab eine rückständige und verhängnisvolle Verkehrspolitik betreibt, das soll in diesem SIGNAL beispielhaft gezeigt werden.


IGEB

1. Feb 1989

  1. Abkehr von der Politik des “ausgewogenen Miteinanders" zwischen Motorisiertem Individualverkehr (MIV) und Öffentlichem Verkehr (ÖV) zugunsten eines eindeutigen Vorranges für den ÖV.
  2. Abkehr von der betriebswirtschlichen Betrachtungsweise des Verkehrs zugunsten einer volkswirtschaftlichen und umweltpolitischen.
  3. Abkehr von der bisherigen Flächennutzungsplanung zugunsten einer verkehrsvermeidenden und auf das Schnellbahnnetz ausgerichteten Flächenplanung.
  4. Abkehr von der Geheimnistuerei bei der Verkehrsplanung zugunsten frühzeitiger und ernsthafter Bürger- bzw. Fahrgastbeteiligung.
  5. Erhaltung und Ausbau der zentralen verkehrsgeographischen lage Berlins im Eisenbahnnetz Mitteleuropas.

zu 1.

1.1 Verzicht auf weiteren Straßen- und Autobahnbau (insbesondere Westtangente, Stadtring Süd, B 101)

1.2 Rückbau von überdimensionierten, stadt- und umweltunverträglichen Straßen (z. B. Nonnendammallee).

1.3 Reduzierun der Stellplätze insbesondere in der Innenstadt und Parkraumbewirtschaftung zugunsten der Innenstadtbewohner.

1.4 Beschleunigter Ausbau des BVG- Angebotes (insbesondere Wiederinbetriebnahme der stillgelegten S-Bahn- Strecken, Busspuren und Angebots- Verbesserungen bei S-Bahn, U-Bahn und Bus).

zu 2.

2.1 Verteuerung des Stellplatzangebotes, insbesondere in der Innenstadt.

2.2 Einführung einer preiswerten, übertragbaren Umweltkarte bei der BVG.

2,3 Ergänzung des BVG-Geschäftsberichtes um eine gemeinwirtschaftliche Jahresabschlußrechnung (wie z.B. in Bremen).

zu 3.

3.1 Stärkung der Polyzentralität und der einräumigen Nutzungsmischung.

3.2 Verdichtung im Umfeld der Bahnhöfe und Ausbau der Bahnhofsumgebungen zu Stadtteilzentren.

3.3 Reduzierung bzw. Verzicht auf den Stellplatznachweis im Nahbereich von Bahnhöfen (wie z. B. in Zürich).

zu 4.

4.1 Konzentration der Verkehrsplanung bei einer Senatsverwaltung, die zu einer umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung verpflichtet ist.

4.2 Mitsprache der Fahrgäste im Verkehrsbeirat und im BVG-Verwaltungsrat.

zu 5.

5.1 Beendigung der Bevorzugung von Flug- und Autoverkehr. Kein Luftkreuz Berlin, stattdessen Eisenbahnkreuz. Befriedigung des großen Nachholbedarfs bei der Bahn.

5.2 Einbeziehung Berlins nicht nur in den europäischen West-Ost-Verkehr, sondem auch Führung einer europäischen Nord-Süd-Achse über Berlin.

5.3 Neben der Hannover-Strecke gleichzeitig Verbesserungen auf den anderen Transitstrecken.

5.4 Verlagerung möglichst vieler Gütertransporte auf die Schiene durch Verbesserungen des Netzes, der Technik und des Fahrplan- und Tarifangebotes.

IGEB

aus SIGNAL 2/1989 (Februar 1989), Seite 2