Fernverkehr

Gut Ding will Weile haben


Reimer Stührmann, Sender Freies Berlin

1. Feb 1989

"Gut Ding will Weile haben". Allemal im deutsch-deutschen Umgang miteinander. Was bereits Mitte der siebziger Jahre im Gespräch war, nun soll es Wahrheit werden. Bonn erwartet grünes Licht für eine Schnellbahntrasse nach Berlin. Mit einiger Sicherheit, so der Staatssekretär im innerdeutschen Ministerium, Hennig, wird es in der ersten Hälfte des neuen Jahres zu einer Vereinbarung über den Bau dieser neuen Trasse zwischen Berlin und Hannover kommen. Das wird nicht nur die Reisezeit verkürzen, sondern auch mehr Komfort bringen. Beides ist auch dringend nötig. Wenngleich zugegeben werden muß, daß einiges schon verbessert wurde in den letzten Jahren. Aber es ist noch immer keine Ausnahme, in verdreckten Waggons reisen zu müssen, die zudem auch noch erbärmlich stinken. Von europäischem Standard ist man im Berlin-Bahnverkehr noch weit entfernt. So ist die Ankündigung ein Silberstreif am Horizont.

Zu lange war die Eisenbahn das Stiefkind im Transitverkehr. Die Folge: Die Zahlen im Straßen- und Luftverkehr stiegen, die auf der Schiene stagnierten. Das haben nicht nur Umweltschützer mit Besorgnis verfolgen müssen. Und es wird sicherlich kein kurzer Eingewöhnungsprozeß für die Berliner, wieder auf die Bahn umzusteigen, wenn sie denn in all ihrer Pracht einmal fertig sein wird. Und es wäre zu wünschen, daß diese Pracht sich auch auf die anderen Eisenbahnverbindungen von und nach Berlin ausdehnen würde. Aber, siehe oben: Gut Ding will Weile haben. (SFB—Frühkommentar am 27. Dezember 1988)

Reimer Stührmann, Sender Freies Berlin

aus SIGNAL 2/1989 (Februar 1989), Seite 11