Nahverkehr

Rechenfehler gesucht


IGEB

1. Mär 1989

Anfang Februar 1989 klagte die BVG über gesunkene Fahrgastzahlen und gesunkene Einnahmen im Jahre 1988. "BVG-Direktor Konrad Lorenzen: ‘Das ist kein Wunder - uns haben die Eis- und Schneetage gefehlt’ Da auch der Monat Januar und auch die erste Februarhälfte weder durch Smog-Alarm noch durch Eis und Schnee belastet wurden, rechnet der BVG-Direktor mit ‘spürbaren Einnahmeverlusten’." (Berliner Morgenpost vom 11.2.89)

Genau einen Monat später klang es aus dem Munde des scheidenden Verkehrssenators Edmund Wronski ganz anders. “Mehr als 46 Millionen Fahrgäste beförderte die BVG im Januar. Das sind 9,4 Prozent mehr als im Januar 1988. Damit setzte sich der starke Anstieg der Fahrgastzahlen fort. Schon im letzten Quartal 1988 zählte die BVG 8,5 Prozent mehr Benutzer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres." (Der Tagespiegel, 11.3.89) Auch die Einnahmen seien "deutlich gestiegen".

Seltsam. Warum nur war dem BVG-Direktor dieser offensichtlich seit Monaten anhaltende außergewöhnlich positive Trend im Februar noch nicht bekannt? Oder hat die BVG schnell noch einmal neu gerechnet, um Senator Wronski einen guten Abgang zu verschaffen? Denn dieser führt die neuen positiven Zahlen natürlich "auf die Einführung der neuen Fahrpreisstruktur im Mai 1988 zurück” (Berliner Morgenpost, 11.3,89). Und er vergaß dabei nicht den Seitenhieb gegen die gerade vorgelegte Koalitionsvereinbarung von SPD und AL: "Schikanemaßnahmen gegen Autofahrer waren dazu nicht nötig." Recht hat er. Denn schikaniert werden die Autofahrer heute vor allem durch immer mehr Autos. Wenn Wronski aber seine Autobahn- und Parkhauspläne hätte durchsetzen können, dann wäre der neue Trend bei der BVG sicher nur eine Eintagsfliege. Doch nun besteht ja die Chance, daß wir alle uns zusammen mit Herrn Wronski auch noch in den nächsten Jahren über steigende Fahrgastzahlen freuen können - es sei denn, die BVG rechnet ein weiteres Mal nach und stellt plötzlich doch wieder einen Abwärtstrend fest.

IGEB

aus SIGNAL 3/1989 (März 1989), Seite 8