Nahverkehr

Der Metroliner - ein Bus für die Zukunft?


IGEB

1. Feb 1990

Der seit einiger Zeit bei der BVG eingesetzte Metroliner von Neoplan ist fast vollständig aus Faserverbundstoffen hergestellt und soll somit durch sein niedriges Fahrzeuggewicht Energiekosten einsparen. Genau diese Bauweise ist es aber, die den Bus nach Ablauf der Nutzungszeit von 20 Jahren zu einem riesigen Haufen Sondermüll macht, da Verbundstoffe nicht recyclingfähig sind. Unterm Strich ist dies eine erhebliche Rohstoffverschwendung, die auf Kosten kommender Generationen geht. Auf den Betreiber kommen ungeahnte Entsorgungskosten zu, die den Preisvorteil zunichte machen.

Außerdem liegt der vermeintlichen Energieeinsparung eine Milchmädchenrechnung zugrunde. Bei vergleichbarer Bestuhlung bietet der Metroliner 28 Sitz- und 25 realistische Stehplätze, also insgesamt 53 Plätze, wohingegen ein Standardeindeckbus 37 Sitz- und 33 realistische Stehplätze, also insgesamt 70 Plätze aufweist. Außerdem ist der Metroliner niedriger gebaut, was sich u.a. durch eine Stehhöhe von nur 1,90 m im Heck bemerkbar macht. Würde der Metroliner mit der gleichen Kapazität und dem gleichen Innenkomfort wie herkömmliche Busse gebaut, so wäre aufgrund des dann höheren Gewichts anstelle der jetzt vorgesehenen einfachen Hinterachsbereifung eine Doppelbereifung erforderlich. Dies hätte aber einen erheblichen Kraftstoffmehrverbrauchim Vergleich mit dem jetzigen Metroliner zur Folge. Berücksichtigt man dies und die hohen Entsorgungskosten, dann kann das Ziel der Kosteneinsparung gegenüber herkömmlichen Bussen nicht mehr erreicht werden.

Immer häufiger und lauter ertönt in West-Berlin der Ruf nach der Straßenbahn. Erste Voraussetzungen wurden mit der Anmietung westdeutscher Busse geschaffen... Gesehen am U-Bf. Rudow. Foto: M. Horth

Weiterhin weist der Bus noch einige für den Stadtverkehr nachteilige Merkmale auf: Durch die abgeschrägte Vordertür steht dort nur die Breite eines Türflügels zur Verfügung. Durch die schräge Frontscheibe ist die Zielanzeige extrem schlecht zu lesen. Im dichten Stadtverkehr mit den sich zufällig ergebenden Sicht-Anschlüssen ist die Sicht durch eine Heckscheibe unerläßlich.

Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß mit dem Metroliner ein Schummelpaket zusammengeschnürt wurde - auf Kosten der Verkehrsbetriebe, der Fahrgäste und der Umwelt. Für den Einsatz in Berlin ist dieses Fahrzeug daher nicht geeignet, schon ar nicht auf den zum 1. Oktober geplanten stark frequentierten Schnellbuslinien.

IGEB

aus SIGNAL 1/1990 (Februar 1990), Seite 12