Planung
Wie in den Koalitionsvereinbarungen zwischen SPD und AL beschlossen, sollen entsprechend den Zielen der neuen Verkehrspolitik - Vorrang für den öffentlichen Nahverkehr, Verzicht auf die weitere Bevorzugung des Autoverkehrs - nun auch die bisherigen Pläne für zusätzliche Hauptverkehrsstraßen aufgegeben werden. Ein wichtiger Schritt hierzu ist die Änderung des Flächennutzungsplans (FNP), der die Grundzüge der städtebaulichen Entwicklung für die nächsten 10 bis 15 Jahre darstellt. Zwar enthielt der vom seinerzeitigen CDU/F.D.P.-Senat 1988 beschlossene FNP 84 bereits ein erheblich reduziertes Straßennetz. Dennoch waren zentrale Straßenverkehrsplanungen, die auch spürbar negativen Einfluß auf den öffentlichen Nahverkehr gehabt hätten, weiterhin in ihm enthalten. Am bekanntesten sind die Westtangente durch Schöneberg und den Tiergarten, die Autobahn durch Neukölln und die Bundesstraße 101 durch Steglitz.
1. Feb 1990
lm Rahmen der "frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit an der Bauleitplanung" wurden im Dezember 1989/Januar 1990 die geplanten Änderungen des FNP 84 der Öffentlichkeit vorgestellt. Demnach sollen aus dem FNP folgende Projekte gestrichen werden:
In den Mitte Januar 1990 durchgeführten Diskussionsveranstaltungen zu diesen FNP-Änderungen schlug sich der hohe Grad der Ideologisierung in der Verkehrspolitik nieder. So war z.B. die Aufgabe der Autobahnplanung in Neukölln besonders umstritten. Neben den bisher bekannten und durchaus zu beachtenden Argumenten einer hohen Belastung insbesondere der Silbersteinstraße durch den Durchgangs- und Wirtschaftsverkehr, wurde hier u.a. vom Neuköllner Baustadtrat Wolfgang Branoner (CDU) das Ziel einer Verknüpfung mit Ost-Berlin durch "Schließung" des Autobahnringes in die Diskussion eingeführt und der Autobahnbau dabei zur "Voraussetzung für den zusätzlichen Wohnungsbau" im Bereich der geplanten Autobahntrasse erklärt. Daß hierbei die negativen Folgen einer Autobahnweiterführung nach Ost-Berlin (massive Abrisse von Wohn- und Gewerbebauten, Beeinträchtigung des Treptower Parks, Verkehrskollaps in Ost-Berliner Straßennetz im Anschluß bereich, enorme Kosten) ebenso verschwiegen wurden wie die notwendigen Abrisse in West·Berlin und der städtebaulich auch ohne Autobahnbau mögliche Wohnungsbau, das alles zeigt, wie hart und unsachlich für die Autobahn gestritten wurde.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die beabsichtigte Änderung des Flächennutzungsplanes, d,h. der Verzicht auf größere Straßenneubauten, ein wichtiges Element in der ganzheitlichen Vekehrspolitik des Senats ist. Um allerdings das Ziel eines insgesamt stadtverträglichen Verkehrs zu realisieren, müssen weitere Schritte folgen. Neben dem begonnenen verstärkten Ausbau des Schnellbahnnetzes, der erfolgreichen Tarifreform und der bevorstehenden Einführung des Busnetzes '90 sind Lösungen für die Entlastung der Hauptverkehrsstraßen sowie für den Wirtschaftsverkehr dringend erforderlich. Wie sich am Beispiefl Neuköllns zeigt, ist das Fehlen eines attraktiven Transportangebotes auf der (gerade dort!) vorhandenen Schiene ein weiteres wesentliches Argument der Autobahnbefürworter. Die Erarbeitung eines für die Industrie attraktiven Güterverkehrskonzeptes für die Bahn ist deshalb gerade jetzt dringender denn je. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß der CDU/F.D.P.-Senat schon vor fast fünf Jahren bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage erklärt hatte, ein "Gesamtkonzept für den Schienenverkehr" sei in Arbeit (Tagesspiegel vom 17.8.85). Doch Ergebnisse gibt es bis heute nicht.
IGEB
aus SIGNAL 1/1990 (Februar 1990), Seite 16