Aktuell

Berlin-Verkehr: Eisenbahn wird attraktiver


IGEB

1. Mär 1990

Anfang Februar wurde in Münster auf einer Fahrplankonferenz von Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn der innerdeutsche Verkehr zum Jahresfahrplan 1990/91 vereinbart. Herausragendstes Ergebnis ist die Einführung eines grenzüberschreitenden Intercity-Zugpaares Frankfurt/Main - Leipzig. Aber auch fünf InterRegio-Zugpaare wurden geplant, davon drei nach Berlin, zwei mehr als ursprürıglich vereinbart. Damit kommen erstmals “DB-Qualitätszüge” an die Spree! Im Vorfeld der Fahrplankonferenz hatte die IGEB ihre Vorschläge in Gesprächen bei den zuständigen Stellen der DR am 18. Januar und der DB am 29. Januar eingebracht. Ein Teil davon ist berücksichtigt worden, weitere sollen zum Jahresfahrplan 1991/92 verwirklicht werden.

Bei einer Betrachtung des Eisenbahnreiseverkehrs zwischen Berlin (West) und dem Bundesgebiet ist seıt der Grenzöffnung am 24.12.1989 zu beachten, daß jetzt auch DDR-Züge für den Berlin-Verkehr benutzt werden können, da die Ein- und Ausreise über verschiedene Grerızübergänge nun gestattet ist. Damit gibt es im Berlin-Verkehr ein erheblich größeres Zugangebot als bisher, das durch zusätzliche Züge in den Großraum Berlin noch besser wurde und weiter verbessert werden wird.

Auf der Strecke nach Hamburg gibt es ab dem Fahrplanwechsel bei den Transitzügen ein wenig kürzere Fahrzeiten. Der zwischenzeitlich eingerichtete Wechselverkehrs-Zug nach Berlin- Lichtenberg, der auch in Nauen und Potsdam hält, bleibt bestehen. Neu eingerichtet wird im kommenden Fahrplan ein Zug Hamburg - Dresden über Nauen - Potsdam, nutzbar als zusätzliches Angebot auch für den Berlin-Verkehr. Der Anfang März angekündigte IC-Verkehr mit zwei DB-Triebwagenzügen VT 601 nach Hamburg ist allerdings nach IGEB-Informationen möglicherweise wieder ein nicht einzuhaltendes Versprechen, wie schon einmal vor Jahren (damals allerdings in Richtung Hannover). Die im Zusammenhang mit den VT 601-Plänen genannte Fahrplanlage am Tagesrand, die Tagesbesuche mit der Bahn ermöglichen würde, wird von der IGEB natürlich unterstützt, da sie einer langjährigen Forderung, z.B. im Konzept “Berlin im Takt", entspricht. Jedoch sollte mit modernerem Wagenmaterial gefahren werden.

Durch drei InterRegio-Zugpaare, davon eines irı neuer Fahrplanlage, und die Einführung eines Zwei-Stunden-Rhythmus' wird die Hannover-Strecke wesentlich attraktiver als bisher. Hinzu kommen Fahrzeitverkürzungen von teilweise über zwanzig Minuten. Entlastung für die beiden letzten ab Hannover nach Berlin (West) fahrenden Tageszüge könnte ein nach Berlin verlängerter Zug Köln - Magdeburg bringen. Die von der IGEB empfohlene Verlängerung Koblenz - Berlin-Schöneweide soll im Fahrplan 1991/92 verwirklicht werden. Der kürzlich eingeführte Autoreisezug Berlin-Wannsee - Braunschweig und zurück wird arı ausgewählten Tagen im Winter wieder eingesetzt. Durch die Trennung des zu langen Zuglaufs D 246/247 Köln - Berlin - Leningrad soll - wie in SIGNAL 10/89 bereits erläutert - die Einhaltung des Fahrplans von Berlin Richtung Westen gesíchert werden.

Die IGEB-Forderung nach einem direkten Transitzug Berlin - Kassel über den zum Fahrplanwechsel neu zu eröffnenden Grenzübergang Eichenberg/Arenshausen wurde von den Bahnen aufgegriffen und soll im kommenden Jahr verwirklicht werden.

Bei den Übergängen Gerstungen/Bebra, Probstzella/Ludwigsstadt und Hof/Gutenfürst gibt es leider außer einigen Fahrzeitkürzungen keine wesentlichen Neuerungen. Ein bereits Anfang des Jahres eıngerichteter Nachtzug Berlin-Sehöneweide - Frankfurt/Main u.z. fährt in zeitlich paralleler Lage zum Transitzug, trägt also nur zur Entlastung bei, ohne ein neues Angebot zu bilden. Ein anderer Nachtzug Berlin-Lichtenberg - München u.z. fährt irı zeitlich völlig unattraktiver Lage und wird deshalb leider nicht zur Entlastung des oft vollen Nacht-Transitzugs beitragen können. Auch die schon oft kritsierte, nicht bedarfsgerechte Fahrplan lage des D 307 Berlin - Nürnberg (Abfahrt am späten Vormittag statt zur Mittagszeit) wurde immer noch nicht korrigiert. Der Autoreisezug Berlin - Villach/Innsbruck fährt im kommenden Fahrplanjahr leider nicht - wie von der IGEB vorgeschlagen - auch im Winter, sondern nur im Sommer. Die Österreichísche Bundesbahn (ÖBB) hat die Streichung dieses Zuges irı ihrem Bereich angedroht, falls die Auslastung in diesem Jahr nicht höher wird. Tip für die Bahn: Einen Zug ins Wintersportgebiet sollte man im Winter statt im Sommer fahren lassen.

Längst überfällig ist die seit langem geforderte Einführung einer Versorgung (Speisewagen, Servicewagen, Bıstro, Kiosk) in DDR-Zügen. Zum Fahrplanwechsel wird nun endlich damit begonnen. Auch die Ausweitung des Angebots an Schlaf- und Liegewagen in diesen Zügen wird von der IGEB begrüßt.

Insgesamt bietet der neue Jahresfahrplan 1990/91 zahlreiche Verbesserungen für den Berliner Fernverkehr - nicht zuletzt durch die Mitwirkung der IGEB an der Angebotsgestaltung. Das Angebot wird durch die politischen Ereignisse, kürzere Fahrzeiten, mehr Züge und höheren Komfort langsam besser. Festzustellen bleibt jedoch auch, daß das Stiefkind des Berlin-Verkehrs weiterhin die Relationen nach Süden sind. Hier sind künftig seitens der Bahnverwaltungen mehr Anstrengungen zu einem qualitativ besseren Angebot notwendig.

IGEB

aus SIGNAL 2/1990 (März 1990), Seite 8-9