Nahverkehr

Busnetz 90 Die Neueste Fassung

Ende Januar stellte die BVG den Bezirksämtern das überarbeitete Buslinienkonzept vor. Über diese neueste Fassung des Busnetzes 90, das zum 1. Oktober realisiert werden soll, wollen wir Sie in dieser und der nächsten Ausgabe des SIGNAL informieren. Wir beginnen mit dem geplanten Busliniennetz für die Südbezirke


IGEB

1. Mär 1990

Das erste BVG-Konzept zum neuen Busnetz wurde im letzten Jahr im Verkehrsausschuß des Abgeordnetenhauses und in den Bezirksämtern vorgestellt und erörtert. Danach gab es eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen; so hat allein die IGEB für über 50 Stellen im Netz Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Zahlreiche dieser IGEB-Vorschläge (in den Südbezirken z.B. Verlängerung der Schnellbuslinie X4 zum Bf. Zoo, verbesserte Anbindung des Breitenbachplatzes, Verlängerung der Buslinie 81 zur Johannisthaler Chaussee, bessere Anbindung des Klinikums Steglitz etc.) sind nun in das Netz eingearbeitet worden. Außerdem erfolgte eine Korrektur des Betriebskonzeptes für viele “Stadtbuslinien” entsprechend der verkehrspolitischen Zielsetzung des neuen Senats, tagsüber in der Regel einen 10-Minuten-Takt anzubieten. Die sieben Schnellbuslinien und die 66 Stadtbuslinen sollen an Wochentagen tagsüber und sonnabends während der Geschäftszeiten mindestens im 10-Minuten-Takt verkehren. Zusätzlich sind 15 Ergänzungslinien für Bereiche mit geringer Nachfrage bzw. nur für spezielle Fahrtzwecke (Berufs- oder Ausflugsverkehr) vorgesehen, für die dieser Takt nicht gilt. Es sind dies die Buslinien 7, 26, 27, 36, 37, 39, 51, 57, 58, 66, 67, 68, 69, 82 und 84.

Am S-Bahnhof Papestraße. Ab 1. Oktober wird hier kein Bus 65 mehr halten, denn die Ringbahnersatzlinie wird unverständlicherweise schon einige Jahre vor Wiederinbetriebnahme der S-Bahn aufgegeben. Foto: M.Horth

Zu bestimmten Zeiten sind für einige Linien oder Linienabschnilte besondere Bedienungsformen vorgesehen, z.B. eine “Haustürbedienung” mit Berlin-Taxen. Die Untersuchungen dazu (z.B. für das “LIFT-Gebiet” in Lichtenrade und für Heiligensee) sind jedoch noch nicht abgeschlossen.

Änderungen gegenüber dem ersten Konzept wurden außerdem vorgenommen, um die nach dem 9. November eröffneten Grenzübergänge besser an das BVG-Netz anzuschließen. Die derzeit acht grenzüberschreitenden Buslinien werden beibehallen und sollen - je nach Entwicklung der politischen Verhältnisse - “bedarfsgerecht” angepaßt werden. Noch nicht enthalten sind einige eventuell schon ab April verkehrende Buslinien zwischen Ost- und West-Berlin.

Die IGEB möchte an dieser Stelle nochmals betonen, daß das nun konzipierte Busliniennetz gegenüber dem bisher befahrenen eine deutliche Verbesserung darstellt und in seinen Grundstrukturen durchaus geeignet ist, als Baustein eines attraktiveren Nahverkehrs neue Fahrgäste für die BVG zu gewinnen. Dennoch gibt es aus Sicht der IGEB auch weiterhin Bedarf für eine Reihe von Verbesserungen und Ergänzungen, was im folgenden an einigen wenigen Beispielen deutlich gemacht werden soll:

Bus 48

Auch im überarbeiteteten Busliniennetz hält die BVG an der unveränderten Linie 48 fest, die weiterhin über 10 km parallel zur Wannseebahn (S1) und ohne Verknüpfungspunkt zu dieser zwischen Zehlendorf und Tiergarten verkehren soll. Der IGEB-Vorschlag, den 48er-Südast z.B. mit der Linie 25 zum Grazer Platz zu verknüpfen und den Nordast durch eine Verlängerung der Linie 32 bis nach Tiergarten zu bedienen, um dadurch zusätzliche neue Direktverbindungen zu schaffen, fand keine Berücksichtigung. Der BVG wird es nicht schwerfallen, auch weiterhin für die Buslinie 48 eine hohe Fahrgastzahl zu errechnen, da z.B. die Zehlendorfer Buslinie 18 von Steglitz aus auch weiterhin nur mit dem verspätungsanfälligen 48er erreichbar ist, weil eine Anbindung des 18ers an die S-Bahn im Ortskern von Zehlendorf unterbleibt.

Bus 65

An anderer Stelle ist man in puncto Schnellbahn-Parallelverkehr nicht so großzügig: Die Buslinie 65 soll zwei bzw. vier Jahre vor Wiederinbetriebnahme der Ringbahn nur noch zwischen Tempelhof und Neukölln auf ihrer bisherigen Wegführung verkehren und mit Ausnahme der nicht einmal durchgängigen Schnellbusverbindung im Bereich des Nordringes eingestellt werden. Dadurch entsteht die Situation, daß insbesondere im Bereich des Südrings ein bestehender S-Bahn-Vorlaufbetrieb, der an anderen Stellen in Form von besonderen Schnellbuslinien extra eingerichtet wird, lange vor der Wiederinbetriebnahme der S-Bahn eingestellt wird. Bisher mit der Buslinie 65 direkt angebotene Verbindungen sollen zwischenzeitlich nur durch zweimaliges Umsteigen ereichbar sein (zwei von vielen Beispielen: vom Bundesplatz zum Heidelberger Platz zukünftig nur mit U9, U7 und U2 oder vom Innsbrucker Platz zum noch stilliegenden S-Bf. Hohenzollerndamm zukünftig mit U4, U7 und Buslinie 50.)

Bus 60

Nähern wir uns der City: Die für die Buslinie 60 geplante Wegführung über Uhlandstraße - Lietzenburger Straße - Joachimstaler Straße bedeutet gegenüber der heutigen Wegführung eine gravierende Verschlechterung. Die Buslinie 60 stellt mit ihrer jetzigen Wegführung über Uhlandstraße - Kantstraße - Joachimstaler Straße eine unverzichtbare Nord-Süd-Verbindung in der City dar. Die deutliche Erhöhung der Fahrgastzahlen seit Einführung des 10-Minuten-Taktes stellt dies unter Beweis. Völlig unverständlich ist daher, daß nicht nur der Bereich rund um die wegfallende Haltestelle Uhland-/Kantstraße (nahe Savignyplatz) seine Anbindung nach Süden verliert, sondern die wichtigste Zustiegshaltestelle Kurfürstendamm Ecke Uhlandstr. wegfallen soll. Die Bedeutung der dafür zukünftig von der Buslinie 60 bedienten, im Einzugsbereich der U9 liegenden Haltestelle Lietzenburger Ecke Joachimstaler Straße ist dagegen erheblich geringer.

Dem Betrachter drängt sich hier der Verdacht auf, daß die neue Wegführung der Buslinie 60 nicht aus den Bedürnissen der Fahrgäste resultiert, sondern vielmehr aus den Problemen der Befahrbarkeit der Uhlandstraße für den ÖPNV. Tatsächlich ist auf dem Abschnitt zwischen Lietzenburger und Kantstraße praktisch ganztägig ein Stau - vorrangig durch in zweiter Spur haltende Lieferfahrzeuge. Anstatt nun vor dem Autoverkehr zu kapitulieren, müssen entsprechend der Verkehrspolitischen Zielsetzung des Senats, dem ÖPNV Vorrang einzuräumen, Maßnahmen ergriffen werden, die das Befahren der Uhlandstraße rnit Bussen wieder ermöglichen. Dies könnte z.B. dadurch erfolgen, daß die Dauerparkplätze am Fahrbahnrand aufgelassen werden und stattdessen diese Spur als reine Be- und Entladespur ausgewiesen und entsprechend überwacht wird. Zeitweilig bzw. abschnittsweise (vor den Kreuzungen) sollte diese Spur dann als Busspur genutzt werden.

Diese und weitere Nachbesserungen können natürlich nur diskutiert werden, wenn die Planung bekannt ist. Bisher hat es die BVG leider versäumt, das neue Konzept einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Mit der Veröffentlichung im SIGNAL möchten wir auch Sie als Fahrgast anregen, zu dem neuen Busliniennetz Stellung zu nehmen und ihre Verbesserungsvorschläge an uns zu senden. Wir werden Ihre Anregungen an die BVG weiterleiten und sie in unseren weiteren Stellungnahmen zum BVG-Busliniennetz berücksichtigen.

IGEB

aus SIGNAL 2/1990 (März 1990), Seite 11-14