Aktuell

Verbesserungen zum Winterfahrplan

Mit der Wirtschafts- und Währungsunion zwischen der Bundesrepublik und der DDR entfielen am 1. Juli auch alle Personenkontrollen im innerdeutschen Reiseverkehr. Daraufhin wurden zum 15. Juli die Fahrpläne der ehemaligen Transitzüge von Berlin (West) nach Westdeutschland geändert. Einerseits wurden die Aufenthaltszeiten auf den ehemaligen DDR-Grenzbahnhöfen Schwanheide, Marienborn, Gerstungen und Gutenfürst gekürzt (was teilweise erst durch Lokdurchläufe ermöglicht wurde), andererseits wurde die gewonnene Zeit für Verkehrshalte in größeren DDR-Städten genutzt. Die genauen Fahrpläne finden Sie in SIGNAL 5/90. Weitere Verbesserungen wird es zum Winterfahrplan Ende September geben.


IGEB

1. Aug 1990

Ab 30. September, mit Beginn des Winterfahrplanes, werden nur noch wenige Züge in den bisherigen Grenzbahnhöfen der Bundesrepublik und der DDR halten, die Mehrzahl der Züge wird einfach durchfahren. Dadurch werden sie bis zu 18 Minuten schneller. Die Aufenthalte in Hof, Probstzella, Bebra, Helmstedt und Büchen bleiben allerdings bestehen, weil ein Lokwechsel erforderlich ist und mit diesen Halten auch wichtige Umsteigebeziehungen abdedeckt werden. Völlig unverständlich ist jedoch der Halt in Ludwigsstadt.

Hierbei handelt es sich weder um eine große Stadl noch um einen Umsteigeknoten. Offenbar will die Deutsche Bundesbahn die Berlin-Züge auch weiterhin zur Bedienung des Nahverkehrs im Kreis Kronach nutzen. So halten die D-Züge, die zwischen Berlin und Probstzella nur einen einzigen Verkehrshalt haben, nämlich in Halle (Saale), im Kreis Kronach gleich dreimal, in Oberfranken insgesamt sechsmal. Das kann wohl kaum die Aufgabe dieser Züge sein, so berechtigt die Nahverkehrsanbindung dord auch sein mag.

Am Bf. Postdam Stadt, dem früheren Hauptbahnhof, haltern seit dem 15. Juli wieder D-Züge. Doch das repräsentive Empfangsgebäude steht leider nicht mehr, während das S-Bahn-Gebäude (links im Bild) gut erhalten ist. Foto: DR

Wegfallen sollen auch die Aufenthalte an der Berliner Grenze zur DDR - in Griebnitzsee, Drewitz und Staaken. Auch hier muß, wie auf allen Grenzbahnhöfen der DR, zunächst die Zugsicherungstechnik umgebaut werden, die ein Durchfahren der Züge bisher ausschließt. In Griebnitzsee ist dieses besonders aufwendig. Allerdings konnten und können die Militärzüge der Alliierten diesen Bahnhof auf einem eigenen Gleis ohne Halt durchfahren, da dieses nicht an die Sicherungstechnik des Bahnhofs angeschlossen ist.

An der ehemaligen innerberliner Grenze wird es zum Winterfahrplan keine weiteren Verbesserungen gegen, da die kurzfristig möglichen hier schon zum 15. Juli erfolgt waren: In allen ehemaligen Transitziigen können die Reisenden jetzt schon im Hauptbahnhof einsteigen bzw. bis dorthin fahren, und im bisherigen Grenzbahnhof Berlin Friedrichstraße wurden die Aufenthaltszeiten von bisher rund 20 Minuten auf den für einen Durchgangsbahnhof normale Maß von etwa 2 Minuten verkürzt.

Eine Angebotsverbesserung ist zum 30. September zwischen Berlin und Hambur geplant: Der erste InterCity im Berlin-Verkehr, der seit 1. August verkehrende IC “Max Liebermann", wird dann nicht mehr mit Triebwagen der Baureihe 601, sondern mit “normaler” IC-Garnitur fahren, gezogen von einer 132. Falls sich der Triebwagen bis dahin bewährt hat, sind noch zwei andere Fahrplantrassen nach Hamburg für den weiteren Einsatz des 601 freigehalten. Bei der Eröffnungspressefahrt jedenfalls war ein deutlicher Komfortsprung gegenüber den bisherigen Transitzügen zu spüren, der auch die Normal-Reisenden begeistern wird, zumal der Zug in äußerst attraktiver Tagesrandlage fährt, die von Berlin aus einen Tagesbesuch in Hamburg ermöglicht. Nur einen Wermutstropfen gab es auf der Rückfahrt: In zwei Wagen fiel die Klimaanlage aus - sie mußten wegen der daraufhin unerträglichen Hitze geräumt werden. Doch ein Zeichen dafür, daß der Zug ins Museum gehört, wie die IGEB schon 1985 geurteılt hatte?

Alle Änderungen zum 15. Juli und zum 30. September 1989 sind allerdings geringfügig im Vergleich zu den Planungen für den Jahresfahrplan 1991/92. Dann soll es eine vollständige Neuordnung des Fernreiseverkehrs im Berliner Raum geben: Alle Züge in Ost-West-Richtung sollen über die Stadtbahn verkehren, alle Züge in Nord-Süd-Richtung über Lichtenberg. Im Vorgriff auf diese Regelung werden die Skandinavien-Züge schon ab dem diesjährigen Winterfahrplan nicht mehr im Bf. Berlin Zoologischer Garten, sondern in Berlin-Lichtenberg abfahren. Allerdings wird dieser Bahnhof dann, wie von der IGEB gefordert, von West-Berlin aus direkt mit der S-Bahn über die Stadtbahn zu erreichen sein, womit die beiden wichtigsten Berliner Fernbahn höfe - Zoologischer Garten und Lichtenberg, nicht etwa Hauptbahnhof - endlich direkt verbunden werden.

Alles andere als eine Verbesserung ist dagegen die geplante Aufgabe des Bahnhofes Wannsee als D-Zug-Halt. Reisende aus dem Berliner Südwesten müssen dann entweder zu den Berliner Bahnhöfen Friedrichstraße bzw. Zoo oder zum Bf. Potsdam Stadt fahren. Die erste Variante bedeutet Fahrzeitverlust durch “Rückwärtsfahren”, die zweite Fahrzeitverlust durch Umsteigen und Warten. Der Verzicht auf D-Zug-Halte in Wannsee vor der für 1993 geplanten Wiederinbetriebnahme der Berliner S-Bahn bis Potsdam Stadt wird für einige Reisende zu spürbaren Verlängerungen der Gesamtreisezeit und damit zu einem Attrativitätsverlust der Eisenbahn führen.

IGEB

aus SIGNAL 6/1990 (August 1990), Seite 4-5