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Nord-Süd-S-Bahn Fortsetzung der Tragödie


IGEB

1. Aug 1991

Zumutungen ohne Ende: Seit 2. April 1991 ist der Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn zwischen Friedrichstraße und Gesundbrunnen gesperrt. Zu diesem Anlaß hatte die BVG eine Sonderinformation für die Fahrgäste herausgegeben. Die in dem Heft abgedruckten geänderten Fahrpläne waren jedoch falsch, weil sie weder den vormittäglichen Pendelverkehr auf der Wannseebahn nach den abendlichen Schienenersatzverkehr (SEV) zwischen S-Bf. Friedrichstraße und S-Bf. Anhalter Bahnhof berücksichtigten. Foto: BVG
S-Bf. Nordbahnhof, Zugang von der Gartenstraße. Fahrgäste, die nichts von der Tunnelsperrung wußten, standen hier ab 2. April vor verschlossenen Toren, ohne ausreichend informiert zu werden. Lediglich hinter dem Gitter an der seitlichen Wand hängt ein kleiner Zettel mit wenigen Informationen. Foto: M. Heller
Noch schlechter erging es den Fahrgästen am S-Bf. Unter den Linden. Als diese Touristen-Station ohne Vorankündigung von Ende April bis Ende Mai außerplanmäßig geschlossen war, gab es am gesperrten Eingang überhaupt keine Information. Foto: B. Strowitzki
Ab etwa 22 Uhr enden die S-Bahn-Züge in Anhalter Bahnhof. Wer zum S-Bf. Friedrichstraße will, muß den SEV zum U-Bf. Kochstraße nutzen und von dort mit der U6 weiterfahren. Doch glauben Sie nur nicht, daß am Anhalter Bahnhof die Haltestelle, an der die Busse des SEV abfahren, gekennzeichnet wäre. Foto: M. Heller

Die Sanierung des Nord-Süd-Tunnels der S-Bahn sorgt weiterhin für negative Schlagzeilen. Während sich die Fahrgäste, bestärkt durch entsprechende Presseberichte, auf die Eröffnung des sanierten Abschnittes Gesundbrunnen - Friedrichstraße ab 5. August eintellten kam am 2. August plötzlich die Information, daß nicht nur auf die Teilstreckeneröffnung verzichtet wird, sondern der S-Bahn-Verkehr im Tunnel für längere Zeit vollständig eingestellt wird, und zwar vom 18. August 1991 bis zum März 1992. Mit dieser viel zu spät verbreiteten Meldung haben Reichsbahn und BVG der langen Kette an Zumutungen ein weiteres Glied angefügt. Wohl noch nie war bei einem Berliner Bahnprojekt der Schienenersatzverkehr so schlecht und die Fahrgastinformation so dürftig, wie bei der Sanierung des Nord-Süd-Tunnels der S-Bahn.

Diese Einschätzung wird auch dadurch nicht verändert, daß die BVG sich bemüht hat, in ihrer jüngsten Pressemitteilung ausführlich darzulegen, warum der Schienenersatzverkehr so schlecht ist, und daß die DR sich bemüht hat, die Verzögenıng bei den Bauarbeiten ausführlich zu begründen. Es bleibt die Tatsache, daß beim Berliner S-Bahn-Bau, gleichgültig, ob die Senatsbauverwaltung, die BVG oder die DR verantwortlich sind, stets Verzögerungen und Verteuerungen auftreten. Daß auch die abendlichen Unterbrechungen auf der Stadtbahn zwischen Lehrter Stadtbahnhof und Zoologischer Garten bis Mitte August - und damit zwei Wochen langer als geplant - dauern, konnte da schon gar nicht mehr überraschen. Termineinhaltung ist im Berliner Bahnbau offensichtlich zum Fremdwort geworden, eine vorbildliche Hauptstadt!

IGEB

aus SIGNAL 6/1991 (August 1991), Seite 5