Fernverkehr
1. Mär 1992
Seit Monaten wird die Bahnplanung für Berlin durch den Streit um Achsenkreuz- und Ringmodell gelähmt (siehe u.a. nächste Seite ). Dadurch hatte die Öffentlichkeit das wichtige Projekt "ICE '93" bis vor kurzem völlig aus den Augen verloren. Hinter dem Schlagwort ICE '93 verbergen sich Maßnahmen an vorhandenen Strecken, die es ermöglichen, den ICE ab 1993 von Hannover bzw. Göttingen kommend bis Berlin fahren zu lassen. Dann brauchen Bahnreisende z.B. für die Strecke Frankfurt/Main - Berlin weniger als fünf Stunden.
Für die Anwohner der Strecke einschließlich der Berliner Stadtbahn bedeutet ICE '93 u.a, daß mit der Elektrifizierung die Abgasbelastung der Dieselloks entfällt und die Lärmbelastung deutlich reduziert wird. Doch kaum haben die Arbeiten begonnen, ist der Zeitplan auch schon gefährdet. Denn die Berliner Senatsbauverwaltung, die für die Arbeiten auf dem westlichen Abschnitt der Stadtbahn zuständig ist, "vergaß" Bezirk und Anwohner zu informieren. Als nun im Februar zur Sanierung von drei der Bahnbrücken in der kleinen Rönnestraße eine Baustellenzufahrt für Lkw's eingerichtet werden sollte, hagelte es Proteste der Anwohner und der Bezirkspolitiker, und es folgte eine Klage. Dadurch hat man jetzt schon mehrere Wochen Zeit verloren.
Hätte die Bauverwaltung über Ausmaß, Befristung und Ziel der Arbeiten frühzeitig informiert, hätten sicher die meisten Anwohner die vorübergehende Belastung hingenommen. Allerdings muß man gleichermaßen die Anwohner kritisieren, die bei solch kurzzeitigen Arbeiten, von deren Ergebnissen sie sogar profitieren, derartig gravierende Verzögerungen herbeiführen. Vergleichbare Probleme gab und gibt es bekanntlich bei der S-Bahn-Erneuerung, wo schon wiederholt tagsüber (mit Pendelverkehr) statt in der nächtlichen Betriebspause gebaut werden mußte.
IGEB
aus SIGNAL 2/1992 (März 1992), Seite 7