Nahverkehr
1. Mär 1992
Ab Juni sollen auf der Stadtbahn, ausgelöst durch die Bauarbeiten für das Projekt "ICE '93", auch im S-Bahn-Verkehr erhebliche Einschränkungen vorgenommen werden. Daß sich Beeinträchtigungen des S-Bahn-Betriebes nicht ganz vermeiden lassen, war abzusehen. Aber unzumutbar für die Fahrgäste sind Überlegungen bei der Reichsbahn, den S-Bahn-Verkehr monatelang auf einen Pendelverkehr mit mehrmaligem Umsteigen zu reduzieren. Denn dank der ständig nur verschleppenden Verkehrspolitik in Berlin ist die Stadtbahn zweieinhalb Jahre nach der Maueröffnung immer noch die einzige leistungsfähige Ost-West-Verbindung. Die häufige Überfüllung der Züge ist bereits jetzt eine Zumutung für die Fahrgäste, denen ständig ein attraktiver Öffentlicher Nahverkehr versprochen wird. Erfreulich ist deshalb, daß die BVG zu den entschiedenen Kritikern eines ganztägigen Pendelns gehört. Sollten dennoch auf dem westlichen Abschnitt der Stadtbahn im Sommer nur noch Pendelzüge im 10- oder gar 20-Minuten-Abstand fahren, dann dürfte die Überfüllung der Züge und Bahnsteige lebensgefährliche Ausmaße annehmen - es sei denn, ein großer Teil der Fahrgäste verzichtet auf seine Mobilität oder steigt aufs Auto um. Weil aber genau das vermieden werden muß, darf das S-Bahn-Angebot auf der Stadtbahn nicht reduziert werden - mindestens solange nicht, bis Nord- und Südring wieder in Betrieb genommen und die Lücken der U-Bahn-Linien 1 und 2 geschlossen worden sind. Allenfalls spätabends und frühmorgens wären Einschränkungen noch akzeptabel. Vorstellbar wäre ein Pendelverkehr etwa ab 23 und vor 5 Uhr, allerdings nur, wenn die Fahrgastinformation zu den Pendelverkehren endlich besser wird. Dazu gehört, daß auf allen Bahnhöfen, auf denen die Fahrgäste die Züge wechseln müssen, Fahrgastbetreuer eingesetzt werden.
IGEB
aus SIGNAL 2/1992 (März 1992), Seite 15