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Fahrgastverband erstattet Strafanzeige gegen BVG

Das Fahrplanjahr 1991/92 wird in die Geschichte der BVG eingehen. Beinahe monatlich wurden zahlreiche Fahrpläne, vor allem im Busverkehr, geändert. Dies allein ist ärgerlich genug. Doch noch gravierender ist, daß die Fahrgäste nur unzureichend oder gar nicht über die Fahrplanänderungen informiert wurden. Nachdem die BVG ihre fahrgastverachtende Praxis trotz vielfacher Proteste ihrer Kunden ungerührt fortsetzte, nahm die IGEB den Verkauf des Kursbuches vom Juni 1991 zum Anlaß, der Öffentlichkeit durch eine Strafanzeige das ganze Ausmaß des Skandales vor Augen zu führen.


IGEB

1. Mai 1992

Mit ihrer unzureichenden Information über die Fahrplanänderungen hat die BVG wiederholt gegen das Personenbeförderungsgesetz verstoßen. Dieses Gesetz schreibt in § 40 vor, daß "Fahrpläne und Fahrplanänderungen ... ortsüblich bekanntzumachen" sind. "Ferner sind die gültigen Fahrpläne in den zum Aufenthalt der Fahrgäste bestimmten Räumen anzubringen. An den Haltestellen sind mindestens die Abfahrtszeiten anzuzeigen." Der Begriff "Ferner" zeigt, daß es nicht, wie die BVG behauptet, ausreicht, den gültigen Fahrplan auszuhängen. Deshalb erwartet die IGEB von der Senatsverkehrsverwaltung als der zuständigen Aufsichtsbehörde, daß sie diese Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz endlich unterbindet.

Als das erste gemeinsame Kursbuch für die Region Berin im Frühsommer 1991 erschien, war es seinen Verkaufspreis von DM 7,- noch wert. Doch damals verschenkte Verkehrssenator Herwig Haase vor dem Rathaus Schöneberg viele Exemplare an die Bevölkerung, um sein Image ein klein wenig aufzubessern. Heute, da das Kursbuch durch Fahrplanänderungen zu 95% überholt ist, muß man noch immer DM 7,- zahlen. Weil die BVG den Verkauf des wertlosen Buches fortsetzt und der für die Aufsicht zuständige Verkehrssenator nichts tut, hat die IGEB nun Strafanzeige wegen Betrugsverdacht erstattet. Foto: G. Radke

Während es sich bei diesen Verstößen der BVG jedoch "nur" um Ordnungswidrigkeiten handelt, ist der fortgesetzte Verkauf des fast vollständig überholten Kursbuches vom Juni 1991 nach Auffassung der IGEB Betrug und damit eine Straftat. Deshalb hat die IGEB am 25. März bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin "Strafanzeige wegen des Verdachts des Betrugs gegen Hans-Bernhard Ludwig" erstattet. Die Begründung: Herr Ludwig "ist als kaufmännischer Geschäftsleiter der BVG verantwortlich für den Verkauf des 'Kursbuches 91/92' der BVG. Dieses Kursbuch erschien am 2.6.91 mit den zu diesem Zeitpunkt gültigen Fahrplanangaben. Im Laufe der Zeit änderte sich ein Teil der Fahrpläne; seit 1.3.1992 sind vom Gesamtumfang des Kursbuches lediglich noch 5 U-Bahn-Linien, 6 S-Bahn-Linien, 8 Regional-Bahnlinien und etwa 18 Nachtbusfahrpläne in Kraft. Das entspricht etwa einem Umfang von 5% des Gesamtfahrplans. Obwohl der Beschuldigte dies wußte, stoppte er den Verkauf des völlig unbrauchbaren Kursbuches nicht. Er ließ die Mitarbeiter der BVG und die Kunden im unklaren darüber, daß der Inhalt des Fahrplanbuches im wesentlichen falsch ist. Der Verkauf des Buches (Verkaufspreis 7 DM) dauert an (Beweis: Quittung über ein Kursbuch, gekauft am 25.3.92 am U-Bhf. Turmstraße). Dem Kunden ist ein Schaden entstanden, da er das Kursbuch nicht benutzen kann."

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin der IGEB mitgeteilt, daß sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Alle Fahrgäste, die sich dem Schritt der IGEB anschließen wollen, weil auch sie durch den Verkauf eines überholten Kursbuches getäuscht wurden, können bei der IGEB-Fahrgastabteilune, Straße der Pariser Kommune 12, O - 1017 Berlin, ein Merkblatt mit rechtlichen Hinweisen anfordern.

IGEB

aus SIGNAL 3/1992 (Mai 1992), Seite 4