Planung
Der Berliner Senat will die nicht vorhandene Eisenbahnplanung berücksichtigen.
1. Mai 1992
Das "Nadelöhr" der Autobahn am Sachsendamm soll schon seit Jahren beseitigt werden, seit fast 20 Jahren wird dort geplant und vorbereitet - aber nun sind für die Bahn keine Einzelbrücken vorgesehen, sondern es ist eine 6.000 Quadratmeter große Betonplatte geplant. Trotz der Proteste seitens des Bezirkes, der Naturschutzverbände und praktisch aller zum Thema arbeitenden Gruppen in Schöneberg verfolgt die Senatsbauverwaltung unbeirrt die Zubetonierung und Verschandelung eines Teiles von Schöneberg.
Am 17. und 18. März fand im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens beim Senator für Bau- und Wohnungswesen die gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Anhörung der Einwendungen gegen den Betondeckel am Sachsendamm statt. Schnell wurde klar, daß die harte Linie der Bauverwaltung weitergefürt werden soll. Ungerührt wurde nach wie vor behauptet, ein "Eisenbahnkonzept liegt im Grundsatz vor" - obwohl seit Wochen der Bahnplanungs-Abstimmungs-Kampf zwischen Bund und Land tobt, kein Mensch mehr durchblickt, welche der diskutierten Varianten gerade aktuell ist, und sogar noch während der Anhörung völlig neue Papiere der Reichsbahn vorgelegt wurden. Die Anzahl der Gleise; kommt ein Regionalbahnhof; was passiert dann mit dem S-Bahn-Ring - alles ungeklärte Fragen.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hatte zu Beginn des Auslegungszeitraumes nach Meinung der meisten Anwesenden nicht vorgelegen, was als Verfahrensfehler auch bemängelt wurde. Dessen ungeachtet waren die Vertreter der Senatsbauverwaltung der Ansicht, den gesetzlichen Bestimmungen Genüge getan zu haben, denn die entsprechenden Unterlagen wollen sie "demnächst" zusammenfassen und vorlegen ...
Bei dem jetzigen Verfahren wird nur eine "Variante" geprüft, das heißt, es gibt nur diese Lösung, Vergleichsmöglichkeiten sind nicht vorhanden. Zwar wird behauptet, andere Varianten seien schon in dem 1990 abgebrochenen Verfahren geprüft und für nicht gut befunden worden. Aber: die Ergebnisse sind nicht mit ausgelegt worden und damit nicht nachvollziehbar.
Außerdem haben sich inzwischen durch den Mauerfall verschiedene Bedingungen für die Planung am Sachsendamm grundlegend verändert (Fernbahn, neuer Bahnhof, mehr Autos). Das aber schert die hohen Planer nicht; ohne irgendeinen Beweis vorzulegen behaupten sie: "Das damalige Auswahlverfahren hat auch heute noch Bestand, weil sich der geänderte Nutzungsanspruch der Bahn auf alle Varianten gleichbleibend auswirkt." Damals war die Mauer noch zu, und von Regional- oder Intercityzügen sprach noch kein Mensch in dieser Stadt.
Rechtlich immer noch nicht geklärt ist im übrigen die Frage, ob überhaupt Prüfungsergebnisse aus einem Planungsfeststellungsverfahren, das ohne Beschluß abgebrochen (nicht unterbrochen!) wurde, in dieses Verfahren ohne weitere Auslegung und Prüfung einfließen können.
(Schöneberger Stichel, April 1992)
aus SIGNAL 3/1992 (Mai 1992), Seite 17