Nahverkehr

U-Bahn nach Pankow? Ja, aber später!


IGEB

1. Mai 1992

Am 11. Februar hat der Berliner Senat beschlossen, die U2-Nord vom derzeitigen Endbahnhof Pankow (Vinetastraße) über Pankow Bahnhof bis Pankow Kirche zu verlängern. Der kritischste Punkt ist dabei die Unterfahrung der Bahnanlagen des Nordringes am S-Bahnhof Pankow. Um hier eine attraktive Umsteigemöglichkeit zu schaffen, müssen die Bahnanlagen aufwendig umgebaut werden. Dabei bietet die vorhandene Station Schönhauser Allee derzeit genau dieselben Umsteigemöglichkeiten zwischen der U2 einerseits und den S-Bahn-Linien 8, 85, 86 und 10 andererseits. Ein Umsteigebahnhof Pankow macht also erst dann Sinn, wenn die Bernauer Züge am geplanten Nordkreuz in den Nord-Süd-Tunnel oder auf die westliche Ringbahn fahren und den Bahnhof Schönhauser Allee nicht mehr beehren. Hierfür fehlen aber noch alle Voraussetzungen, insbesondere ein abgestimmtes Eisenbahnkonzept, so daß eine Realisierung in den 90er Jahren inzwischen unwahrscheinlich ist.

Mit der Verlängerung der U2-Nord von Pankow (Vinetastraße) bis Pankow Kirche will der Senat die Pankower nicht nur mit einer attraktiven Schnellbahn beglücken, sondern ihnen gleichzeitig die Straßenbahn wegnehmen, vor allem die Linie 22, am liebsten aber das ganze Pankower Tramnetz. Foto: B. Frank

Deshalb lehnt die IGEB den U-Bahn-Neubau zum jetzigen Zeitpunkt ab. Der dadurch eingesparte Betrag von mindestens 200 Mio DM kann derzeit viel nutzbringender zur Wiederinbetriebnahme von bis zu 10 S-Bahn-Kilometern oder bis zu 20 neuen Straßenbahn-Kilometern ausgegeben werden. Stattdessen will der Senat mit der U-Bahn-Verlängerung wie zu schlechten West-Berliner Zeiten die Tram stillegen, am liebsten das ganze Pankower Netz, mindestens aber die nach Rosenthal bis an das Märkische Viertel heranführende Linie 22, damit den Tram-Befürwortern für die Großsiedlung endlich der Boden entzogen wird.

Getäuscht wird die Pankower Bevölkerung auch, wenn ihr, wie in der Tagespresse vom 12.2.92 zu lesen ist, die Fertigstellung der neuen U-Bahn für 1995 angekündigt wird. Wir sind hier schließlich nicht in München. Nach den Berliner Erfahrungen ist jeder Termin vor 1997/98 unrealistisch. Diese Einschätzung wird sich spätestens dann als richtig erweisen, wenn die Pankower sich gegen den geplanten Abriß von Häusern zugunsten des U-Bahn-Baus wehren und der Senat mehrfach umplanen muß.

IGEB

aus SIGNAL 3/1992 (Mai 1992), Seite 19