Nahverkehr

Weniger Busspuren


Herwig Haase
Senator für Verkehr und Betriebe

1. Mai 1992

Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Michael Cramer (Bündnis 90/Grüne) über "Veränderungen bei Busspuren":

1. Wurden seil Amtsantritt dieses Senats (Januar 1991) Busspuren aufgehoben? (falls ja, bitte einzelne Streckenabschnitte mit Fahrtrichtung und Länge angeben)

Seit Januar 1991 wurden für folgende Bussonderfahrstreifen straßenverkehrsbehördliche Anordnungen getroffen, diese ganz oder in einem Teilbereich aufzuheben:

2. Wieviel Kilometer Busspur wurden seit Amtsantritt dieses Senats (Januar 1991) in ihrer zeitlichen Geltungsdauer eingeschränkt? (bitte einzelne Streckenabschnitte mit Fahrtrichtung und Länge angeben)

Seit Januar 1991 wurden für folgende Bussonderfahrstreifen straßenverkehrsbehördliche Anordnungen getroffen, durch die die zeitliche Geltungsdauer verändert worden ist:

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(IGEB) Verkehrssenator Haase straft nun alle seine Kritiker Lügen, die behaupten, er würde im Bereich ÖPNV nur Maßnahmen ankündigen, aber nichts umsetzen. Sehr flott hat sich die Busbeschleunigungsgruppe seines Hauses daran gemacht, die Wirksamkeit des ohnehin bescheidenen Berliner Busspurnetzes weiter zu verringern. Fast die Hälfte aller Busspuren sind bis zum Ende des Jahres 1991 von der Senatsverkehrsverwaltung inzwischen entweder ganz aufgelassen oder in der zeitlichen Geltungsdauer reduziert worden - in der Regel zugunsten von Dauerparkplätzen. Beachtlich sind die gründlichen Untersuchungen, die den Veränderungen offensichtlich vorausgingen: Wie sonst hätten die Verkehrsverwalter herausfinden können, daß der Autostau in der einen oder anderen Straße erst eine Stunde später, als bisher angenommen, beginnt. Oder anders: Die Abschleppdienste dürfen jetzt die mit Falschparkern zugestellten Busspuren erst dann abräumen, wenn der Berufsverkehr (und mit ihm der Stau) schon begonnen hat.

Zwischenzeitlich schien die konsequente Anti-Busspur-Politik von Senator Haase allerdings gefährdet, denn seine Partei, die CDU, verabredete mit dem Koalitionspartner SPD die großzügige Einführung von neuen Busspuren, und er selbst kündigte ganze Beschleunigungspakete an, wenn er dafür die Zustimmung zum Bau weiterer innerstädtischer Straßen und Tunnel erhält.

IGEB-Vorschlag für bessere Buslinienführung und bessere Haltestellenstandorte in der Umgebung des S-Bfs. Treptower Park. Damit werden die Umsteigewege zur S-Bahn und zwischen den Buslinien verkürzt und wird das Busangebot insgesamt überschaubarer, weil die in eine Richtung fahrenden Buslinien jeweils an einer gemeinsamen Haltestelle abfahren. Kartengrundlage: SenBauWohn V

Doch alle Anhänger der Anti-Busspur-Politik können beruhigt sein, denn es blieb bei Ankündigungen. Gehandelt wird weiter wie gehabt: Nach den oben aufgeführten Maßnahmen sind 1992 weitere Busspuren aufgehoben worden. Kürzlich ist in der "neuen" Potsdamer Straße (zwischen Entlastungsstraße und Potsdamer Platz) die ganztägig dringend erforderliche Busspur aufgehoben worden, und als nächstes sollen nach Verlautbarungen von Haases Staatssekretär Schmitt die bewährten Ku'damm-Busspuren in ihrer zeitlichen Geltungsdauer drastisch reduziert werden. Eigentlich sollte es ja schon 1991 dazu kommen, doch auch ohne die Zerschlagung der Ku'damm-Busspuren kann sich die Bilanz von Senator Haase für 1991 sehen lassen: 4.195 m Busspuren wurden ganz aufgehoben und 12.885 m wurden in ihrer Geltungsdauer beschränkt. Wenn Senator Haase so weiter macht, wird es ihm vielleicht sogar gelingen die betrieblichen Mehrkosten für die BVG durch Fortfall der Busspuren so hoch zu treiben, daß alle BVG-Einsparungen an anderer Stelle davon aufgefressen werden. Und nun soll noch einer behaupten, Berlins Verkehrssenator Haase würde nichts tun!

Herwig Haase
Senator für Verkehr und Betriebe

aus SIGNAL 3/1992 (Mai 1992), Seite 24-26